Durch einen Verzicht auf einen Teil ihrer Vergütung wollen Berliner Orchester den Erhalt der von der Auflösung bedrohten Berliner Symphoniker ermöglichen. Dies gaben am heutigen Vormittag auf einer Pressekonferenz in Berlin die Vertreter der Orchester sowie der Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung, Gerald Mertens, bekannt.
Vor einigen Wochen hat ein Sondierungsgespräch zwischen den Senatsverwaltungen für Inneres und für Kultur, des Deutschen Bühnenvereins und der Deutschen Orchestervereinigung ergeben, dass der TV für den Öffentlichen Dienst des Landes Berlin vom 1. Juli 2003 auf die künstlerisch Beschäftigten der Opernhäuser und des Konzerthauses nicht anwendbar erscheint, so dass es beim Status quo bleibt.
Das Berliner Sinfonieorchester, das Orchester der Deutschen Oper, das Orchester der Komischen Oper und die Staatskapelle Berlin schlagen in dieser Situation gemeinsam mit der DOV vor, nach einer - wie für den Öffentlichen Dienst Berlins vereinbarten - 2,4%igen Anhebung ebenfalls auf bis zu 12 % ihrer Vergütung zu verzichten, um
1.) mit dem Verzicht zur weiteren Existenzsicherung der Berliner Symphoniker und damit eines besonderen und besonders wichtigen Teiles der Berliner Kulturlandschaft beizutragen,
2.) das kulturelle Angebot Berlins ohne zusätzliche Schließtage der Häuser zu erhalten und
3.) gleichzeitig die gewünschte Gleichbehandlung mit den übrigen Beschäftigten an den vier Häusern herzustellen.
Der finanzielle Umfang dieses Verzichtes beträgt nach einem Überschlag auf der Basis der statistischen Personalkostenprognose der DOV ca. 3,1 Millionen Euro.
Mit ihrem Vorschlag ermöglichen die Berliner Musiker den Mitgliedern des Abgeordnetenhauses, die einstimmige Willensbekundung ihres Kulturausschusses zum Erhalt der Berliner Symphoniker auch parlamentarisch umzusetzen.
Rolle und Situation der Berliner Symphoniker in der Berliner Kulturlandschaft
Im Beschluss vom 25. November 1993 verlangte das Berliner Abgeordnetenhaus vom Senat, "die Berliner Symphoniker dauerhaft zu sichern". In der Sitzung am 28. August 2003 bekundeten alle Fraktionen des Kulturausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses einstimmig den Willen zum Erhalt der Berliner Symphoniker. Dennoch sehen die Pläne des Senats vor, dem Orchester die kompletten Zuwendungen zu streichen, was dessen Aus bedeutet.
Hauptleidtragender der Orchesterauflösung wären insbesondere Kinder im Schul- und Vorschulalter, für die in der Hauptstadt allein die Berliner Symphoniker musikpädagogische Programme anbieten. Mit dieser wesentlichen Basisarbeit schaffen sie die Grundlage, auf der nicht nur sie selbst, sondern auch die übrigen Berliner Orchester ihre Education-Projekte mit älteren Kindern und Jugendlichen durchführen können. Die durch die Berliner Symphoniker geleistete musikalische Früherziehung - in ihrer elementaren gesellschaftlichen Relevanz durch verschiedene Studien (PISA, Bertelsmann-Stiftung, Bastian) belegt - ist nicht nur ein Gewinn für das künftige Konzertpublikum aller Berliner Orchester, sondern auch für eine soziale Gesellschaft.
In über 100 Veranstaltungen jährlich fördern die Symphoniker wie kein anderes Berliner Orchester aktiv das Interesse und Verständnis von Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen für Musik. Sie gehen in Schulen, stellen ihre Instrumente vor, bieten mit Workshops einen Musikunterricht, der in dieser Art weder von den Schulen noch von den anderen Orchestern geleistet werden kann. Oftmals sind sie mit ihrer Arbeit die stützende Säule für die letzte musikalische Grundversorgung innerhalb eines Schulalltags, in dem die Musik - wenn überhaupt - nur noch minimal unterrichtet wird. Diese kontinuierliche Basisarbeit, die bereits in den Kindergärten beginnt und bis zur Zusammenarbeit mit Laienchören und den beiden Hochschulen sowie zu Konzerten für Arbeitslose reicht, wurde ausdrücklich auch in dem Offenen Brief der Berliner Orchester gewürdigt.
Dort heißt es:
"Sicher bemühen wir uns in allen Berliner Orchestern mehr als je zuvor auch um besondere Programme für Kinder und Jugendliche, versuchen mit neuen Ideen, neue junge Hörer für die Musik zu begeistern. Die dafür notwendige intensive kontinuierliche Basisarbeit in Schulen und Kindergärten, die besonderen Veranstaltungen und Workshops für Kinder und Familien, die Zusammenarbeit mit den Laienchören der Stadt und den beiden Hochschulen und - neuerdings - die Konzerte für Arbeitslose würden unsere Möglichkeiten neben den jeweils spezifischen Aufgaben unserer Häuser weit überfordern."
V.i.S.d.P.
Gerald Mertens
Geschäftsführer der DOV
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