Als „enttäuschend und ernüchternd“ hat die Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände e.V. (BDMV) die Antworten der Parteien auf ihre Fragen zur Bundestagswahl bezeichnet. Verbandspräsident Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister a.D.: „Zu den wesentlichen Punkten der Entbürokratisierung und der steuerlichen Entlastung haben die Parteien nur sehr vage geantwortet.“

Die Bundesvereinigung hatte im Jahr 2004 in ihren „Stuttgarter Thesen“ ein umfassendes Positionspapier für die Besserstellung Ehrenamtlicher vorgestellt. Die wesentlichen Vorschläge aus diesem Papier hat der Verband nun zur Begutachtung an die bisher im Bundestag vertretenen Parteien geschickt.

„Die wichtigsten Punkte sind für uns nach wie vor eine Verschlankung des Zuwendungsrechts, erleichterte Voraussetzungen zur Erlangung der Gemeinnützigkeit für kleine Vereine, die steuerliche Absetzbarkeit von Mitgliedsbeiträgen an gemeinnützige Vereine, eine Erhöhung der Übungsleiterpauschale, Vereinfachungen im Vereinssteuerrecht und bei Haftungsvorschriften für ehrenamtliche Vereinsfunktionäre sowie Weichenstellungen zu Gunsten der Breitenkultur bei der Kulturförderung des Bundes,“ so Bötsch weiter.

„Es ist erfreulich, dass alle bisher im Bundestag vertretenen Fraktionen auf unsere Fragen geantwortet haben,“ meint der Generalsekretär des Verbandes, Stefan Liebing. Aber es sei unbefriedigend, wenn die Parteien allgemein die Bedeutung der Kultur betonten, konkrete Zusagen selbst bei Vorhaben mit geringen finanziellen Auswirkungen aber scheuten. Nach Auffassung Liebings müsse der Verband, der 1,3 Millionen ehrenamtliche Musiker in 18.000 Orchestern bundesweit vertritt, seine Interessen jetzt noch deutlicher artikulieren und das politische Gewicht seiner Mitglieder einbringen.

Zu einer Verschlankung des Zuwendungsrechts bekennt sich nach Angaben des Verbandes nur die CDU/CSU, allerdings lediglich in Form des Abbaus von bürokratischen Hemmnissen. Eine Umstellung von der Fehlbetragsförderung hin zu einer einfacheren Festbetragsförderung lehnt die CDU/CSU ebenso ab wie SPD und Grüne. Nur die FDP zeigt sich hier offen.

Nach Vereinsgröße gestaffelte Anforderungen an Formalia und Transparenz im Vereins- und Gemeinnützigkeitsrecht, wie von der BDMV gefordert, werden von SPD und Grünen abgelehnt. Die Grünen wollen keine neuen, wiederum neue Bürokratie verursachende, Ausnahmen schaffen, und für die SPD ergibt sich keinerlei Handlungsbedarf, denn es sei für kleinere Vereine bereits jetzt einfacher, die Gemeinnützigkeit zu erlangen. Die CDU/CSU-Fraktion anerkennt die Notwendigkeit, in diesem Punkt Erleichterungen vorzunehmen.

Seitens der CDU/CSU besteht auch Gesprächsbereitschaft hinsichtlich einer teilweisen Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen an gemeinnützige Vereine, zumindest was die Teile der Mitgliedsbeiträge angeht, die nicht mit einer geldwerten Gegenleistung durch den Verein verbunden sind. Die Grünen sehen hingegen einen Schwerpunkt staatlicher Förderung bei der Erfüllung der förderungswürdigen Zwecke. Die SPD sieht keinen Handlungsbedarf, denn die Steuerbegünstigung von Mitgliedsbeiträgen für die Förderung kultureller Betätigung, die in erster Linie der Freizeitgestaltung diene, sei nach SPD-Auffassung nicht vorgesehen.

Eine Erhöhung der Übungsleiterpauschale lehnen CDU/CSU, SPD und Grüne ebenso ab wie die Umwandlung der Freigrenze für gemeinnützige Vereine zur Befreiung von der Körperschaftssteuer in einen Freibetrag. Die CDU/CSU-Fraktion begründet dies mit der schwierigen Haushaltslage und dem Grundsatz „Vereinfachung vor Entlastung“, dem mit der Einführung des Steuermodells der Fraktion Rechnung getragen werden müsse. BDMV-Generalsekretär Liebing zeigt sich in diesen Punkten insbesondere über die CDU/CSU-Fraktion verwundert:
„In früheren Gesprächen war die Fraktion wesentlich offener und hatte in der Vergangenheit sogar entsprechende Forderungen im Parlament gestellt.“ Für SPD und Grüne besteht kein Handlungsbedarf. Die FDP zeigt sich im Grundsatz gesprächsbereit, ohne auf die Forderungen der Bundesvereinigung konkret einzugehen.

Die Forderungen der Bundesvereinigung nach Abbau von Haftungsregeln für kleine Vereine sowie einer Reduzierung der Haftungsrisiken für Vereinsvorsitzende, die zur Abfederung dieser Risiken mittlerweile häufig eigens dafür geschaffene Haftpflichtversicherungen in Anspruch nehmen, finden ein geteiltes Echo: CDU/CSU und Grüne stehen dem offen gegenüber. Für die FDP ist eine Differenzierung der Haftungsregeln nach Vereinsgröße sinnvoll, insbesondere betreffend die Veranlassung von zweckwidriger Spendenverwendung. SPD und Grüne wollen an der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung festhalten, sehen bei deren Bezahlung jedoch die Vereine und nicht ihre Verantwortungsträger in der Pflicht.

Befragt nach einer höheren finanziellen Förderung für die Dachverbände von Laienorganisationen aus Mitteln des Bundes, verweist die SPD auf die Antwort der Bundesregierung zur „Großen Anfrage zur Situation der Breitenkultur“ sowie auf die bestehenden Fördermaßnahmen für die Spitzenverbände wie „Deutscher Musikrat“ und „Deutscher Kulturrat“. Nach Auffassung von BDMV-Präsident Dr. Bötsch „kommen die Mittel für diese beiden Organisationen unseren Mitgliedern aber nicht in ausreichendem Maße zu Gute.“

Für die CDU/CSU könne Kulturförderung nicht nur Spitzenförderung bedeuten, es sei auch eine breit angelegte Förderung der Breitenkultur notwendig. Allerdings sieht die Union in diesem Punkt hauptsächlichen Handlungsbedarf bei der auch von der BDMV angemahnten Verbesserung der Rahmenbedingungen.
Die Grünen möchten an Höhe und Struktur der gegenwärtigen Kulturförderung des Bundes festhalten, jedoch verbunden mit einer stärkeren Prüfung auf „Sinngehalt und Zielerfüllungsgrad“.

Der Verband findet es schade, dass die ehrenamtliche Arbeit für Musik und Kultur einen recht geringen Stellenwert bei den Parteien hat. Man müsse zwar einsehen, dass man angesichts der Haushaltslage und im Vorfeld dringend notwendiger Reformen keine Sonderrolle einnehmen könne. Aber, dass „die Welt der Bundeskulturförderung in Ordnung ist, wie es insbesondere die Regierung uns erklären will, stimmt einfach nicht,“ so Bötsch weiter.

Für BDMV-Generalsekretär Stefan Liebing sieht die weitere Vorgehensweise wie folgt aus: „Nach der Wahl werden wir mit allen im Bundestag vertretenen Parteien, insbesondere aber mit der dann gewählten Regierung, intensive Gespräche zu unseren Anliegen führen. Wir sind für die Gesprächsangebote dankbar, aber wir werden auch konkrete Zusagen einfordern – im Interesse von mehr als 1,3 Millionen ehrenamtlich Engagierten.“

Der Fragenkatalog der BDMV sowie die Antworten der Fraktionen können im Internet abgerufen werden unter www.bdmv-online.de, Download unter der Rubrik: „Politik“.

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