Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, ist sehr besorgt über das gestern vom Wissenschaftlichen Beirat des Bundesministeriums der Finanzen vorgelegte Gutachten zum Gemeinnützigkeitsrecht. In ihrem Gutachten „Die abgabenrechtliche Privilegierung gemeinnütziger Zwecke auf dem Prüfstand“ machen die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats weitreichende Vorschläge zur Einschränkung der Gemeinnützigkeit, auch im Kulturbereich.

Nach den Vorstellungen des Wissenschaftlichen Beirats sollten die steuerbegünstigten Zwecke u.a. auf folgende Bereiche reduziert werden:

·die Wissenschaft,
·die Pflege des kulturellen Erbe unter der Voraussetzung, dass die Kosten durch eigene Einnahmen wie Eintrittsgelder nicht nachhaltig gedeckt werden können,
·die Mildtätigkeit in einem eng verstandenen Sinne
·die Förderung von Bildung und Erziehung, soweit sie den Staat von Aufgaben entlastet, die er sonst selbst wahrnehmen müsste.

Diese Engführung der steuerbegünstigten Zwecke bedeutet einen Generalangriff auf die gemeinnützigen Organisationen. Eines fällt auf, der Wissenschaftliche Beirat ist in einem Punkt höchst eigennützig eingestellt, wenn es darum geht, dass die Wissenschaftsförderung auch künftig ausnahmslos steuerlich privilegiert werden soll. Im Kulturbereich wird jedoch von einem seit Jahrzehnten überholten engen Kulturbegriff ausgegangen. Warum soll die Pflege des kulturellen Erbes wertvoller sein als die Förderung der Darstellenden Kunst, der Literatur, der zeitgenössischen Bildenden Kunst, der Musik, der Bibliotheken, der Museen, der Theater oder der Künstler?

Als konkrete Maßnahmen schlägt der Wissenschaftliche Beirat u.a. vor:

·Trennung des Status der gemeinnützigen Organisation von der steuerlichen Privilegierung,
·Abschaffung der Steuerbegünstigung für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe und Zweckbetriebe,
·Abschaffung der Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen,
·Eingrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Spenden,
·Abschaffung der so genannten Übungsleiterpauschale,
·Eingrenzung der Möglichkeiten des Kultursponsorings.

Im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung vom November 2005 steht: „Ohne ein starkes ehrenamtliches Engagement der Bürgerinnen und Bürger für unser Zusammenleben kann unsere Gesellschaft nicht existieren. Deshalb werden wir weitere Maßnahmen zur Unterstützung der aktiven Bürgergesellschaft ergreifen, indem wir etwa das ehrenamtliche Engagement fördern. … Der Staat sollte das bürgerschaftliche Engagement durch die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen, die Beachtung der Auswirkungen auf bürgerschaftliches Engagement bei jeder Gesetzgebung und eine gezielte Weiterentwicklung der Anerkennungskultur fördern. Dazu gehört eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts genauso wie die Entbürokratisierung und Gewährung von Freiräumen für Kreativität und Innovation in anderen Rechtskreisen. Mit der Weiterentwicklung des Stiftungsrechts und Steuerrechts sollten Anreize geschaffen werden, sich durch Stiftungen an der Förderung des Gemeinwohls zu beteiligen.“

Diese Ziele stehen in einem krassen Gegensatz zum Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums. Wird im Koalitionsvertrag noch von einer Verbesserung der Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement gesprochen, geht der Wissenschaftliche Beirat von Einschränkungen für gemeinnützige Organisationen und damit einer Verschlechterung der Rahmenbedingungen aus.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministerium ist ein Frontalangriff auf den gemeinnützigen Sektor. Die Bundesregierung wird sich entscheiden müssen, ob sie ihre Zusagen aus dem Koalitionsvertrag einhalten oder den Vorschlägen des Wissenschaftlichen Beirats folgen will. Dass nach den Vorschlägen des Wissenschaftlichen Beirates in der Zukunft im Kulturbereich nur noch die Pflege des kulturellen Erbes als gemeinnützig anerkannt werden soll, dass die steuerliche Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen von Kulturfördervereinen gänzlich gestrichen werden soll und dass dann auch noch die steuerlichen Möglichkeiten beim Kultursponsorings eingeschränkt werden sollen, sind ein Schreckenszenario. Wer wie die Bundesregierung mehr bürgerschaftliches Engagement für Kunst und Kultur fordert, darf den kulturfeindlichen Vorschlägen des Wissenschaftlichen Beirates des Bundesfinanzministeriums nicht folgen.“

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