Die Bundesvereinigung Deutscher Orchesterverbände e.V. (BDO) führte als Dachorganisation der instrumentalen Laienmusik am 30./31. Oktober 2003 in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin eine Forumsveranstaltung durch, die die Chancen und Perspektiven künftiger Allianzen zwischen allgemeinbildenden Schulen und Musikvereinen vor dem Hintergrund schulischer Ganztagsangebote praxisorientiert darstellen und bewerten sollte.

„Wenn im Rahmen von Kooperationsprojekten die Interessen der Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt stehen, sind die Projekte zum Gelingen verurteilt.“ Mit diesem Zitat brachten die beiden Referenten Volker Gerland und Rolf Kessler gleich zwei Erfahrungen aus der Praxis zum Ausdruck: Zum einen sind die bisherigen Ergebnisse, die von außerschulischen Einrichtungen wie Musikvereinen im Rahmen von Kooperationen mit schulischen Trägern unter den richtigen Voraussetzungen erzielt werden konnten, für beide Seiten größtenteils positiv zu bewerten. Zum anderen kommt ein einfacher und, wie sich im Verlaufe des Forums immer wieder zeigte, wirkungsvoller Grundsatz für die erfolgreiche Umsetzung von Kooperationsmodellen zum Ausdruck. Nach diesem Grundsatz müssen die musikalischen Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt stehen und Ausgangspunkt für alle konzeptionellen und organisatorischen Überlegungen sein. Weitere positive Effekte, wie beispielsweise die Nachwuchssicherung für Musikvereine oder die Schaffung eines attraktiven Musikangebots an einer allgemeinbildenden Schule, ergeben sich daraus ganz automatisch.

Zusammenfassend können nach der Durchführung des Forums folgende Feststellungen getroffen werden:

§ Die Türen für Kooperationen zwischen Schulen und Musikvereinen sind so offen wie nie zuvor. „Die Situation für eine Kooperation außerschulischer Musikfachkräfte mit allgemeinbildenden Schulen ist heute so günstig wie nie zuvor.“ Mit diesem Satz eröffnete Wolfgang Schmidt-Köngernheim, Koordinator der vom Landesmusikrat Rheinland-Pfalz herausgegebenen Broschüre „Musik in der Ganztagsschule“, seinen Eröffnungsvortrag zur Forumsveranstaltung. Im weiteren Verlauf des Forums wurde diese These von unterschiedlichen Seite bestätigt und untermauert. Frau Heidi Schumacher, Mitglied im Kulturausschuss der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, verwies in diesem Zusammenhang auf den Tatbestand, dass „die Sicherung der Zukunft der musikalischen Bildung alleine durch ein entschlossenes Zusammenwirken aller beteiligten Verantwortlichen erfolgen kann, und zwar dadurch, dass Musikpädagogen in den allgemeinbildenden Schulen und in den Musikvereinen sich zu einem gemeinsamen Handeln verstehen, in dessen Mittelpunkt dieselbe Zielgruppe steht: die Kinder und Jugendlichen als die Zukunft unserer Gesellschaft.“ Motivierend für die allgemeinbildenden Schulen ist dabei aus der Sicht von Walter Pfohl, Ministerialrat im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, dass sich durch die Zusammenarbeit mit Musikvereinen eine „Verbindung nach außen“ ergeben kann, ohne die eine Schule ein „in sich geschlossenes System“ darstellen würde.

§ Die wesentlichen rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen sind und werden von Bundesland zu Bundesland sehr verschieden sein. Verstärkte zukünftige Kooperationsaktivitäten sind vor dem Hintergrund der Schaffung schulischer Ganztagsangebote zu betrachten. Aus diesem Grund wird eine der zentralen Fragen sein, wie sich die rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Entwicklung des zukünftigen Ganztagschulbereichs in den einzelnen Länder darstellen werden. Sowohl Heidi Schumacher, als auch Walter Pfohl machten in diesem Zusammenhang deutlich, dass es schwierig ist zu skizzieren, wie sich der Bedarf an schulischen Ganztagsangeboten in Deutschland entwickeln wird. Es ist aber schon heute absehbar, dass sich das Verständnis über die Art und Weise von Ganztagsangeboten, und damit auch über die staatliche Unterstützung von Kooperationen zwischen Schulen und Musikvereinen, von Bundesland zu Bundesland unterscheiden wird.

§ Die notwendigen Voraussetzungen sind prinzipiell für jeden Musikverein und jede allgemeinbildende Schule vorhanden. Durch verschiedene Redebeiträge von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die aus dem gesamten Bundesgebiet nach Berlin gereist waren, wurde deutlich, dass die derzeitigen staatlichen Fördermöglichkeiten von Kooperationen sich im Ländervergleich stark unterscheiden. Vor diesem Hintergrund stellten die Referenten Lothar Bargiel (Baden-Württemberg), Rainer Hirsch (Bayern) und Bernd Schuhmacher (Hessen und Rheinland-Pfalz), die als „Praktiker“ ihre eigenen Erfahrungen bei der Umsetzung von Kooperationen in ihren Forumsvorträgen skizzierten, dar, wie auch ohne jegliche oder lediglich minimale finanzielle Unterstützung Allianzen für die Musik erfolgreich und nachhaltig verwirklicht werden können. Notwendige Voraussetzungen sind dabei weniger finanzielle Fördermöglichkeiten als Ideenreichtum, eine umfassende Kommunikation zwischen den Institutionen, ein den Partnern entgegengebrachtes großes Vertrauen sowie eine hohe Ausdauer und Kontinuität.

§ Die erkannten Chancen und Perspektiven müssen ausführlich und praxisorientiert dargestellt und verdeutlicht werden. Am Ende der Forumsveranstaltung herrschte unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Einigkeit: Kooperationen mit allgemeinbildenden Schulen stellen eine große Chance für die Zukunftsgestaltung der Musikvereine dar. Vor diesem Hintergrund ist entscheidend, dass den handelnden Personen in den Vereinen und den Schulen Hilfestellungen gegeben werden, die den Einstieg in eine erfolgreiche und nachhaltige Kooperation erleichtern. In diesem Sinne wird die Bundesvereinigung Deutscher Orchesterverbände e.V. in Zusammenarbeit mit ihren Mitgliedsverbänden in den kommenden Monaten gelungene Beispiele aus der Praxis in verschiedenen Zeitschriften und Verbandsorganen näher vorstellen. Darüber hinaus sollen praktische Erfahrungen für eine systematische Herangehensweise sowie Informationen über häufig auftretende Problemfelder ausführlich dargestellt werden.

Das Forum wurde gefördert aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch die KulturStiftung der Länder und stand konzeptionell in Verbindung mit dem Kongress „Musik in der Ganztagsschule“, den der Deutsche Musikrat in Zusammenarbeit mit dem Verband deutscher Schulmusiker (vds) vom 20. bis 22. Mai 2004 in Königstein veranstalten wird. Anfang des kommenden Jahres werden die Ergebnisse des Forums in einer schriftlichen Dokumentation vorliegen. Diese Dokumentation kann über die Geschäftsstelle der Bundesvereinigung Deutscher Orchesterverbände e.V. (Rudolf-Maschke-Platz 6, 78647 Trossingen, Tel. 07425 – 8312, Fax 07425 – 21519, Email bdo.ev@t-online.de) bestellt werden.

Erik Hörenberg ist Geschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Orchesterverbände e.V.

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