Am Montag, dem 24. Mai 2004 lud Bundespräsident Johannes Rau die von ihm berufene Arbeitsgruppe "Bündnis für Theater" zu einer Bilanz der gemeinsamen Arbeit ein. Folgende Punkte betonte der Bundespräsident in der Diskussion:

"1. Die Ausgaben für Kultur sind in Deutschland sogenannte freiwillige Ausgaben. Bei knappen öffentlichen Mitteln stehen sie zurück hinter den sogenannten Pflichtaufgaben. Das kann nicht richtig sein.

Darum bin ich dafür, Kultur als Pflichtaufgabe auf allen staat­lichen Ebenen zu verankern. Erst dann ist die Kultur gleichberechtigt, wenn es um die Verteilung öffentlicher Mittel geht. Mir geht es aber nicht nur um Geld. Die Verankerung von Kultur als Pflichtaufgabe ist auch ein Signal an die Gesellschaft. Kultur ist keine Aufgabe unter "ferner liefen". Kunst und Kultur zu fördern muss zu den Kernaufgaben aller staatlichen Ebenen gehören. Das ermutigt auch privates Engagement.

Die Diskussion in der Enquete-Kommission zeigt mir, dass diese Idee breite Unterstützung findet. Ich möchte Sie ermuntern, sich in diese Diskussion kräftig einzumischen.

2. Seit einiger Zeit wird wieder viel über den Abbau von Subventionen gesprochen. Manche Subventionen in Bund und Ländern sind tatsächlich gekürzt oder gestrichen worden. Das ist meist in Ordnung und oft sogar gut. Die Debatte über Subventionen führt gelegentlich aber auch auf Holzwege. Wenn behauptet wird, es handle sich um Subventionen, wenn Bund, Länder und Gemeinden Geld für Theater, Oper, Museen und andere kulturelle Einrichtungen ausgeben, dann ist das Unsinn. Die öffentlichen Mittel für Kultur dienen nicht einer kleinen Gruppe sondern unserem ganzen Land. Subventionen orientieren sich an Einzelinteressen, Kultur dient dem Gemeinwohl.

3. Bund und Länder beraten gegenwärtig darüber, die politischen Aufgaben und Verantwortlichkeiten deutlicher den unterschiedlichen Ebenen zuzuordnen. Das ist richtig. Das Ordnung machen sollte aber nicht zum Selbstzweck werden. Nach meiner Erfahrung hat sich zum Beispiel die gemeinsame Finanzierung von Bund und Ländern in der Kulturpolitik recht gut bewährt. Wer im Kulturbereich Aufgaben und Ausgaben von Bund und Ländern strikt trennen will, der muss die Frage beantworten, was es für viele kulturelle Einrichtungen gerade in den finanziell weniger leistungsfähigen Ländern bedeutete, wenn sich der Bund aus der Finanzierung zurückzöge.

4. Auch für die Arbeit in Kultureinrichtungen gelten viele gesetzliche und andere Regelungen. Sie reichen vom Urheberrecht über das Arbeits- und Tarifrecht bis hin zum Steuerrecht. Bei allen Regelungen, die wirklich nötig sind, sollte darauf geachtet werden, dass künst­lerische Kreativität und kulturelle Vielfalt möglichst gut gefördert und nicht behindert werden. Kultur braucht Freiräume wie die Luft zum Atmen. Ich setze auf die Bereitschaft aller, die am Theater arbeiten, den besonderen Bedingungen der Theaterarbeit noch stärker Rechnung zu tragen. Damit stärken Sie Theater, Oper und Tanz in Deutschland."