"Die Anzeigen gegen illegale Musikanbieter in so genannten ’Tauschbörsen’ haben erkennbar abschreckende Wirkung." Mit diesen Worten zieht Gerd Gebhardt, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände, eine positive Zwischenbilanz des Vorgehens gegen illegale Musikanbieter in so genannten ’Tauschbörsen’. "Die Zahl der Nutzer und der getauschten Musikdateien hat spürbar abgenommen, vor allem bei Kazaa. Wir haben in den letzten Wochen deshalb weitere 100 Anzeigen gegen illegale Musikanbieter in mehreren ’Tauschbörsen’ gestellt."
Ende März hat die Deutsche Landesgruppe der IFPI über die ersten 68 Klagen gegen illegale Musikanbieter in ’Tauschbörsen’ informiert. Die Hamburger Rechtsanwaltskanzlei Rasch stellte diese Anzeigen im Auftrag der Rechteinhaber und führt die zivilrechtlichen Verfahren. Da bisher alle Rechtsverletzer zu einem Vergleich bereit waren, konnten kostenträchtige zivilrechtliche Gerichtsverfahren vermieden werden.
Nach Preisgabe der Identität der Rechtsverletzer durch die Internetprovider an die federführende Staatsanwaltschaft sind die Verfahren inzwischen bei den regional zuständigen Staatsanwaltschaften anhängig. Bisher wurden zwei Urteile und ein Strafbefehl verhängt sowie 16 zivilrechtliche Vergleiche geschlossen. Die Rechtsverletzer zahlten bisher zwischen 2.000 und 10.000 Euro Schadensersatz, abhängig von der Zahl der illegalen Angebote, den konkreten Tatumständen und der individuellen Situation der Rechtsverletzer. "Wir bedrohen keine Existenzen, aber es soll schon unangenehm sein, für illegale Musikangebote verantwortlich zu sein", erklärt Gerd Gebhardt.
Bisher wurden u.a. folgende Personen ermittelt:
- Ein 23-jähriger Auszubildender aus Cottbus hatte 6.000 Titel illegal angeboten. Er zahlte 8.000 Euro Schadensersatz und wurde außerdem zur Zahlung einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt.
- Ein 57-jähriger Lehrer aus dem Raum Stuttgart zahlte 10.000 Euro Schadensersatz für knapp 2.000 illegale Angebote. Das Strafverfahren läuft noch.
- Eine 16-jährige Schülerin aus Heidelberg hatte knapp 500 Musiktitel illegal angeboten. Sie zahlte 2.000 Euro Schadensersatz.
- Ein Schreiner bei Münster hatte 1.200 Musiktitel illegal angeboten. Ihm wurde die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 1.000 Euro an eine karitative Organisation auferlegt. Außerdem leistete er 7.500 Euro Schadensersatz.
- Ein 21-Jähriger Student aus dem Raum Stuttgart zahlte für das Angebot von 575 Musikdateien 4.000 Euro Schadensersatz. Das Strafverfahren läuft noch.
- Ein 24-jähriger Informatikstudent aus dem Raum Nürnberg hatte ein P2P-Netzwerk über seinen Internetrechner aufgebaut, über das unter anderem WinMX-Nutzer mehrere Tausend Musikdateien herunterladen konnten. Er ist nach Verurteilung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen vorbestraft und leistete 8.000 Euro Schadensersatz.
Die Verfolgung von Piraterieangeboten in Deutschland ist übrigens nicht, wie gelegentlich fälschlicherweise spekuliert, auf Kazaa-Teilnehmer beschränkt: Auch Anbieter bei eMule, eDonkey, Bittorrent, Bearshare, WinMX und anderen ’Tauschbörsen’ müssen damit rechnen, identifiziert und angezeigt zu werden. Ein erstes Verfahren gegen einen Teilnehmer bei WinMX ist bereits mit einer Zahlung von 8.000 Euro Schadensersatz abgeschlossen.
Seit heute wird nach dem deutschen Vorbild auch in Frankreich, Großbritannien und Österreich mit Rechtsverfahren gegen illegale Musikanbieter vorgegangen. Dies ist ein Beleg für den Erfolg des Vorgehens, das bisher in den USA, Deutschland, Dänemark und Italien gewählt wurde. Gleichzeitig wächst in allen Ländern der legale Musikmarkt im Internet. Alleine in Deutschland wurden im August mehr als eine Million Musiktitel aus legalen Quellen heruntergeladen - Tendenz stark steigend.
"Wer Musik aus dem Internet beziehen will, dem stehen heute allein in Deutschland rund eine Million Titel auf mehr als 20 Portalen zur Auswahl. Der legale Musikmarkt im Internet wächst rapide", erklärt Gerd Gebhardt. "Die Investitionen der Musikwirtschaft in neue Märkte im Internet und Mobilbereich tragen erste Früchte."