Anlässlich der Eröffnung der Elbphilharmonie meldet sich der Präsident des Landesmusikrats Rheinland-Pfalz, Peter Stieber, zu Wort. In einer Stellungnahme spricht er sich für den Bau eines neuen Konzerthauses in Rheinland-Pfalz aus. Hier das Dokument im Wortlaut:
"Die Hamburger Elbphilharmonie wird mit fast siebenjähriger Verspätung und einer Verzehnfachung der Kosten (von ursprünglich kalkulierten 77 Millionen Euro auf 789 Millionen) im Januar 2017 mit Glanz und Gloria, sprich mit einer Armada von Weltstars, eröffnet. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten, organisatorische Inkompetenz und Schlamperei haben diesem Bauwerk zu einer traurigen Berühmtheit verholfen. Und dennoch: die Elbphilharmonie mit ihrer kühnen Architektur an markanter Stelle ist heute schon zum neuen Wahrzeichen Hamburgs avanciert. Sie wird zukünftig pro Jahr von einer halben Million Menschen besucht und ein erheblicher Wirtschaftsfaktor für die Stadt werden. Da der Mensch schnell vergisst, wird in wenigen Jahren kaum noch jemand über die exorbitanten Kosten sprechen, sondern alle Welt wird Hamburg bewundern ob dieses herrlichen Musentempels. Neuschwanstein, Herrenchiemsee und andere deutsche Kulturdenkmäler sind anschauliche historische Beispiele. – Was will ich mit diesem Beispiel sagen? Nicht, dass erst der Skandal einem Kulturneubau zu höherem Ansehen verhilft, sondern dass neue Konzertsäle seit einigen Jahren in Deutschland ganz offensichtlich dem Bedürfnis und Wunsch eines großen Teils der Bevölkerung entsprechen.
Nur so sind die Erfolgsgeschichten der Kölner Philharmonie, des Konzerthauses Dortmund, der Philharmonie Essen, des Festspielhauses Baden-Baden, der Philharmonie Luxemburg, der Konzerthalle Bamberg und einiger anderer in den letzten rund 20 Jahren eröffneter Konzertbauten zu erklären. Wo übrigens in der Regel der kalkulierte Kostenplan eingehalten wurde. Überall in den genannten Städten haben die Konzerthäuser nicht nur das Kulturleben befruchtet, haben den Tourismus befördert und sind über die sogenannte Umwegrentabilität für den Handel, die Hotels und Gastronomie sowie für die Stadtkämmerer zu einem Wirtschaftsfaktor geworden. Seit Jahren fährt man nicht nur wegen des BVB nach Dortmund, sondern auch wegen des hochinteressanten Programms im Konzerthaus. Das Münchner Ifo Institut hat in einer Studie belegt, dass öffentliche Ausgaben für die Kultur einen positiven Effekt auf den Wohlstand der jeweiligen Stadt oder Region haben. So lässt sich erklären, dass weitere Konzertbauten in Deutschland in Planung sind oder kurz vor der Eröffnung stehen. In Bochum wird in diesem Jahr ein neuer Konzertsaal eingeweiht, in Dresden hat man gerade Richtfest gefeiert, in Nürnberg läuft die Planung auf Hochtouren und in München hat der bayerische Ministerpräsident die Suche nach einem geeigneten Standort für den neuen Konzertsaal zur Chefsache gemacht und inzwischen entschieden.
Mehrzweckhallen, Stadthallen, Kongresshallen sind keine Konzertsäle, sondern Provisorien, aus der Not oder aus kultureller Kurzsichtigkeit für den Konzertbetrieb passend gemacht.
Und in Rheinland-Pfalz? Kongresshallen, Stadthallen oder historische Hallen, wie in Landau oder Kaiserslautern, die mehr oder weniger für den Konzertbetrieb, insbesondere für Orchesterkonzerte geeignet sind.
Im ganzen Land kein großer Konzertsaal, der als solcher konzipiert wurde und damit den akustischen Anforderungen heutiger Zeit entsprechen würde. In Mainz wird die Rheingoldhalle den modernen Kongressanforderungen angepasst; für den Konzertbetrieb eher eine Notlösung. Und der stillgelegte Konzertsaal im historischen Eltzer Hof wird voraussichtlich in Luxuswohnungen umgewandelt.
Im Land und in der Landeshauptstadt gibt es viele Argumente, vor allem Kostenargumente gegen einen Konzertsaalneubau. Trotzdem: was Nürnberg, Bochum oder Bamberg können, sollte in Mainz auch möglich sein.
Mit einer Philharmonie am Rhein würde endlich ein kultureller Leuchtturm entstehen, der längst überfällig ist.“
Mehr zum Thema erfahren Sie im Fokus Konzerthäuser in Deutschland, den das MIZ anlässlich der Eröffnung der Elbphilharmonie in seinem Informationsangebot veröffentlicht hat.