Martina ist seit fast sieben Jahren Mitglied einer Theatergruppe im Theaterpädagogischen Zentrum in Lingen. Sie ist 18 Jahre alt und macht gerade eine Ausbildung zur Optikerin. Als sie für eine erkrankte Kollegin im Verkauf aushelfen muss, ist sie erst erschrocken: „Das habe ich doch noch nie gemacht!“. Aber ihre Chefin ist schon nach dem ersten Tag begeistert. Martina erklärt ihren Erfolg: „Ich improvisiere – das habe ich ja im Theater gelernt“.

So wie Martina verbringen viele Jugendliche ihre Freizeit in kulturpädagogischen Einrichtungen wie Jugendkunst- und Musikschulen, Theater- und Tanzwerkstätten, Literaturbüros oder Medienzentren. Dass junge Menschen in dieser Zeit viel lernen – auch jenseits der eigentlichen „Fachdisziplin“ - steht für alle Beteiligten außer Frage. Jede Tanz-, Theater- oder Zirkusproduktion erfordert jede Menge Kompetenzen: Disziplin und Kreativität, Teamgeist und Selbstbewusstsein, Durchhaltevermögen und Flexibilität, Organisationstalent und Improvisationsfähigkeit, um nur einige zu nennen.

„Schlüsselkompetenzen sichtbar machen“ war erklärtes Ziel eines dreijährigen Modellprojekts der Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung (BKJ). Entwickelt wurde der Kompetenznachweis Kultur, ein Bildungspass in Form eines Portfolios. Er dokumentiert schwarz auf weiß, was Jugendliche neben dem künstlerischen Handwerkszeug gelernt haben. Es gehört zum Konzept, dass Jugendliche aktiv an ihrem Kompetenznachweis Kultur mitarbeiten, auf diese Weise für ihre eigenen Stärken sensibilisiert werden und Wertschätzung für ihr persönliches Engagement jenseits von Schule und Zeugnissen erfahren.

Im Rahmen der Fachtagung „Lernen sichtbar machen“ am 4. und 5. März 2004 in Hannover wurde das eigens für das Feld der kulturellen Kinder- und Jugendbildung entwickelte Kompetenzmessverfahren vorgestellt, mit dem der Erwerb von Schlüsselkompetenzen dokumentiert wird.
Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur (u. a. Prof. Dr. John Erpenbeck, QUEM; Dominique S. Rychen/DeSeCo/OECD; Dr. Werner Lindner/FH Jena; Prof. Dr. Max Fuchs/BKJ und Karl Spelberg/ Zentralverband des Deutschen Handwerks) unterzogen den Kompetenznachweis Kultur einer kritischen Analyse und stellten Bezüge zur nationalen und internationalen Diskussion um die Anerkennung nicht-formeller Bildung her. In Berichten aus der praktischen Anwendung in verschiedenen Einrichtungen (u. a. TPZ Lingen, Kreismusikschule Göttingen) wurden Grenzen und Chancen des Kompetenznachweis Kultur deutlich.

ReferentInnen und BesucherInnen der Tagung waren sich am Ende der zwei Tage einig: Der Kompetenznachweis Kultur ist eine Anerkennung für die außerschulisch Erworbenen Kompetenzen Jugendlicher. Es ist viel mehr als eine Teilnahmebescheinigung, persönlicher als ein Zeugnis und durch die aktive Mitarbeit der Jugendlichen und die notwendige Qualifizierung der Fachkräfte, die den Kompetenznachweis vergeben, hat dieser Bildungspass eine Qualität und Aussagekraft, die beispielhaft ist.

Nähere Informationen:
BKJ
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Tel.: 02191/794390 od. -394
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