„Mit umfassenden Reformen haben wir in Rheinland-Pfalz auf absehbare Zeit die Zukunft unserer Landesorchester gesichert.“ Dieses Fazit der von ihm vor drei Jahren angestoßenen Orchesterstrukturreform zog Professor Dr. E. Jürgen Zöllner, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur, heute bei einer Pressekonferenz in Mainz.

„Unser Ziel war es, die Qualität der Orchester zu erhalten, ihre Finanzierbarkeit längerfristig sicherzustellen und die Zahl der Auftritte konstant hoch zu halten. All dies haben wir erreicht“, sagte Zöllner. Dabei dürfe das Land für sich in Anspruch nehmen, in vielen Teilbereichen bundesweit eine Vorreiterrolle übernommen zu haben.

Ausgangspunkt der Reform des Orchesterwesens in Rheinland-Pfalz seien Maßnahmen zur Konsolidierung des Landeshaushalts gewesen, die der Ministerrat im November 2002 beschlossen hatte. Auf dieser Grundlage habe er im Juni 2003 die Notwendigkeit einer Einsparung von 1,9 Millionen Euro ab dem Jahr 2006 bei der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit Sitz in Ludwigshafen und dem Staatsorchester Rheinische Philharmonie in Koblenz formuliert, sagte Zöllner. Diese Einsparungen machten rund 2 Prozent der Kulturausgaben in Höhe von 94,46 Millionen Euro (ohne Kirchen) in diesem Jahr aus.

„Das Einsparziel im Landeshaushalt haben wir in vollem Umfang erreicht. Zusätzlich haben wir dem Staatstheater bei einem unveränderten Zuschuss von Stadt und Land in Höhe von jeweils rund 10,5 Millionen Euro pro Jahr durch die Einbeziehung seines Orchesters in die Strukturreform 891.000 Euro eingespart – Geld, das das Staatstheater an anderer Stelle verwenden kann“, resümierte Zöllner. Dieser Betrag von 891.000 Euro setze sich im Wesentlichen aus Einsparungen beim Personal und der Reduzierung des Aushilfeetats des Mainzer Orchesters zusammen.

Er habe nie einen Zweifel daran gelassen, dass die erfolgreiche Umsetzung einer solchen fiskalischen Vorgabe nur mit Hilfe von Personalmaßnahmen erreichbar sein würde. Seinen ursprünglich favorisierten Weg der Fusion der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und des Philharmonischen Orchesters des Staatstheaters in Mainz habe er dann im Oktober 2003 nach intensiven und konstruktiven Gesprächen mit allen Beteiligten aufgegeben. „Ich habe dies getan, weil ich von Anfang an klargemacht habe, dass ich ergebnisoffene Gespräche führe und nur im breiten Konsens und nicht gegen den Willen der Betroffenen entscheiden werde“, sagte Zöllner dazu heute bei der Pressekonferenz.

Übereinkunft über die Grundzüge der Orchesterstrukturreform im Januar 2004

Von zentraler Bedeutung für die Realisierung der Orchesterstrukturreform sei die „Übereinkunft über die Grundzüge der Orchesterstrukturreform“ vom 19. Januar 2004, in der die Beteiligten - Vertreter der Orchester beziehungsweise des Betriebsrates, Tarifvertragsparteien sowie das Kulturministerium- die Eckpunkte für die Orchesterstrukturreform festgelegt hätten. Gegenstand der „Übereinkunft“ seien unter anderem

- der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen,
- die Festlegung eines festen Budgets für Musikerinnen und Musiker in den einzelnen Orchestern,
- die Beibehaltung der gegenwärtigen Vergütungseingruppierung der Orchester,
- die Erhöhung der Zahl der Teilzeitstellen und
- die Möglichkeit der Inneren Kooperation.

Für die drei betroffenen Orchester sei ein Personalkostenbudget ab dem Jahr 2006 festgelegt worden: für die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz in Höhe von 5,38 Millionen Euro, für das Staatsorchester Rheinische Philharmonie und das Philharmonische Orchester der Staatstheater GmbH in Mainz jeweils in Höhe von 3,45 Millionen Euro. Zugleich sei vereinbart worden, die Planstellenzahl im Haushaltsplan ab dem Jahr 2006 mit 66 Stellen in Mainz, 66 Stellen in Koblenz und 80 Stellen in Ludwigshafen auszuweisen.

„Erfreulicherweise zeigt sich nun, dass mit dem festgelegten Budget mehr als die vereinbarte Mindestplanstellenzahl für Musikerinnen und Musiker bei Beibehaltung der Vergütungseingruppierung finanziert werden kann“, erläuterte Zöllner. Bei der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz seien gegenwärtig 83,5 Vollzeitstellen besetzt (vor der Reform 89), beim Staatsorchester Rheinische Philharmonie Koblenz 67 (vorher: 76) und beim Philharmonischen Staatsorchester Mainz 68,5 (vorher: 78).

Betriebsbedingte Kündigungen vermieden

Zöllner wies darauf hin, dass der personelle Abbau ohne betriebsbedingte Kündigungen sozialverträglich vorgenommen worden sei. Das Land habe, wie angekündigt, aktive Hilfe bei einem möglichen Berufswechsel oder Vertragsänderungen geleistet. Hierzu zählten Lehrtätigkeit an allgemein bildenden Schulen, Lehrtätigkeit an Hochschulen, Teilzeitbeschäftigung, Altersteilzeit oder eine Vorruhestandsregelung. Von diesen Angeboten hätten bei den drei Orchestern insgesamt 30 Musikerinnen und Musiker Gebrauch gemacht – 10 von der Staatsphilharmonie, 9 vom Staatsorchester Rheinische Philharmonie und 11 vom Philharmonischen Staatsorchester Mainz.

Vertraglich fixiert worden sei die „Übereinkunft“ mit dem Abschluss eines Haustarifvertrags für die Orchester in Ludwigshafen, Mainz und Koblenz durch die Deutsche Orchestervereinigung e.V. und den Deutschen Bühnenverein – Bundesverband deutscher Theater im August des vergangenen Jahres.

Einer der Kernpunkte dieses Haustarifvertrags – und damit der Orchesterstrukturreform insgesamt - sei die so genannte Innere Kooperation zwischen den drei Staatsorchestern in Rheinland-Pfalz. „Wir haben mit der Festschreibung dieser Form der Zusammenarbeit eine Pilotfunktion übernommen. Die Kooperation von Orchestern ist heute vielfach Gegenstand der Verhandlungen der Tarifpartner und wird sicherlich in nächster Zeit in anderen Ländern übernommen“, sagte Zöllner.

Innere Kooperation ermöglicht Zusammenarbeit der drei Orchester

Die Innere Kooperation solle sicherstellen, dass Orchesterbesetzungen für Proben und Aufführungen der beteiligten Klangkörper, die über die tatsächlich verfügbaren Besetzungen eines Orchesters hinaus gehen, durch Inanspruchnahme von personellen Ressourcen im künstlerischen Bereich der anderen Orchester ermöglicht werden. Damit könne der Personalbedarf für längerfristig geplante Aufführungsprojekte sowie bei Dienstverhinderungen oder Vakanzen gewährleistet werden.

In den Verträgen der Intendanten und der Generalmusikdirektoren der drei Staatsorchester seien entsprechende Verpflichtungen zu Inneren Kooperation aufgenommen worden. In gemeinsamer Abstimmung und in entsprechender Zusammenarbeit auf Gegenseitigkeit erfolge die mittel- und langfristige Planung und Realisierung von Projekten, die den zusätzlichen Einsatz von Musikerinnen und Musiker der jeweils anderen Orchester erforderlich machten.

Eine wesentliche Voraussetzung zum Gelingen der Inneren Kooperation sei die Schaffung der Position eines Koordinators gemäß einer für alle drei Orchester geltenden „Geschäftsordnung für die Innere Kooperation“ vom 20. Dezember 2005. Er koordiniere die Zusammenarbeit der drei Orchester untereinander.

Trotz der bereits bestehenden festen Planungen der Spielzeit 2005/06 sei die Innere Kooperation in vielen Fällen möglich und für unvorhersehbare Einsätze nötig geworden, zum Beispiel bei krankheitsbedingten Ausfällen. Für die Spielzeit 2007/2008 werde die Innere Kooperation weiter intensiviert, kündigte Zöllner an.

„Bis zum Ende der laufenden Spielzeit wurden nahezu 450 Kooperationsdienste geleistet, die ansonsten aus dem Aushilfeetat hätten finanziert werden müssen. Damit haben wir die Durchführung größerer Projekte ermöglicht“, bilanzierte der Minister. Durch die Innere Kooperation werde die Auslastung der Musikerinnen und Musiker optimiert.

Land ist seit Jahresbeginn Träger des Orchesters in Mainz

Um die Orchesterstrukturreform in der geplanten Form umsetzen zu können, sei das Orchester aus der Staatstheater Mainz GmbH herausgelöst und bei Fortsetzung der bisherigen Aufgabenstellung zum 01. Januar 2006 in die Trägerschaft des Landes überführt worden.

Durch die Verpflichtung von Generalmusikdirektorin Catherine Rückwardt als Intendantin des Philharmonische Staatsorchesters Mainz habe ohne zusätzliche Personalstelle eine optimale Leitungsstruktur geschaffen werden können, sagte der Minister.

Mit der Stadt Koblenz sei eine Verlängerung und Aktualisierung des bestehenden Theatervertrages über die Bespielung des Stadttheaters Koblenz durch das Staatsorchester Rheinische Philharmonie erreicht worden.

Stiftungen für die Orchester

Höchst erfreut ist Zöllner über die Gründung von Stiftungen für die drei Orchester. „Diese Stiftungen haben vom Land, wie von uns versprochen, die durch Personalreduzierung bis 2005 eingesparten Summen als Stiftungskapital erhalten“, sagte Zöllner. Die Stiftung der Freunde und Förderer der Staatsphilharmonie habe 159.273,61 Euro, die Stiftung Rheinische Philharmonie 149.015 Euro erhalten. Als Zuweisung für die Stiftung zu Gunsten des Philharmonischen Staatsorchesters Mainz sei der Betrag von 172.295,24 Euro reserviert worden.

Von diesen Stiftungen erhofft sich Zöllner langfristige Hilfestellungen für die Orchester, so wie dies ja seinerzeit auch in dem erfreulichen bürgerschaftlichen Engagement spürbar geworden sei. „Ich wünsche mir, dass das große Interesse, das die Bürgerinnen und Bürger seinerzeit gezeigt haben, sich nun auch in Form von Spenden oder Sponsoring niederschlägt. Die Stiftungen, für die wir als Land mit ordentlichen Beträgen den Grundstock gelegt haben, machen einen solchen Einsatz möglich“, sagte der Minister.

Positives Fazit

Insgesamt zog er ein positives Fazit der von ihm initiierten Reform: „Wir haben vor einem schwierigen finanziellen Hintergrund frühzeitig die Weichen für die Beibehaltung eines hohen künstlerischen Niveaus gestellt. Auch die Kritikerinnen und Kritiker sollten konzedieren, dass wir mit unserer Orchesterstrukturreform, die wir im Dialog mit den Beteiligten umgesetzt haben, einen anderen Weg als viele andere Länder beschritten haben, wo teilweise drastische Einschnitte ohne Vorankündigung und ohne Mitwirkungsmöglichkeiten erfolgen“, bilanzierte Zöllner.

Mit der Orchesterstrukturreform erweitere dagegen das Land die Handlungsmöglichkeiten seiner Orchester. „Ich habe den Eindruck, dass die Orchester von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machen“, sagte der Minister. Wünschenswert sei, dass sich dies auch in einer Steigerung der Einnahmen niederschlagen werde. „Daran jedenfalls müssen die Orchester ein eigenes Interesse haben“, so Zöllner.

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