Der Titel Opernhaus des Jahres geht in diesem Jahr an die Oper Stuttgart. Das ergab die Umfrage der Zeitschrift «Opernwelt» unter 50 unabhängigen Musikkritikern in Europa und den USA. Gewürdigt wird ein Haus, das unter der Leitung von Intendant Jossi Wieler und seinem Team seit 2011 immer wieder durch Raritäten, Uraufführungen, exzellente Repertoirepflege und hohe Ensemblekultur Aufsehen erregt. Damit kann die Oper Stuttgart bereits zum sechsten Mal den Spitzenplatz in punkto Gesamtleistung verbuchen.
Auch die Bühnen- und Kostümbildnerin des Jahres wurde u. a. für eine Stuttgarter
Arbeit gewählt: Die Neuproduktion von Vincenzo Bellinis Belcanto-Oper «I puritani» verdankt ihre Intensität maßgeblich der geschichtssatt collagierten Raum- und Kostümgestaltung von Anna Viebrock. Prämiert wurde zudem Viebrocks Ausstattung für Gioachino Rossinis «Il viaggio a Reims» an der Oper Zürich.
Sänger des Jahres ist Christian Gerhaher. Der Bariton erhält den Titel für sein zwischen Todesernst und Groteske ausgespanntes Wozzeck-Porträt in Alban Bergs gleichnamigem Musiktheater an der Oper Zürich.
Als Nachwuchskünstler des Jahres wurde Elsa Dreisig gewählt: Die franko-dänische Sopranistin machte u. a. bei den Wettbewerben Neue Stimmen und Operalia sowie in diversen Rollen an der Berliner Staatsoper auf sich aufmerksam.
In der Kategorie Regisseur des Jahres entfielen die meisten Voten auf Barrie Kosky. Der Intendant der Komischen Oper Berlin wurde vor allem für seine dämonisch-klare Lesart von Giuseppe Verdis «Macbeth» an der Oper Zürich gewählt. Ein Erfolg, der wesentlich mit dem in Extreme führenden Dirigat von Teodor Currentzis zu tun hatte: Der aus Griechenland stammende Musikchef der Oper im russischen Perm ist Dirigent des Jahres.
Zum Orchester des Jahres wurde zum dritten Mal in Folge das Bayerische Staatsorchester gewählt, dessen Ausnahmerang sich nicht zuletzt in zahlreichen Voten für seinen Chefdirigenten Kirill Petrenko spiegelt.
Chor des Jahres ist der Chor der Nationale Opera Amsterdam unter der Leitung
von Ching-Lien Wu.
Zur Aufführung des Jahres kürten die Kritiker Karlheinz Stockhausens «Donnerstag aus
‹Licht›» am Theater Basel. Titus Engel (Musikalische Leitung) und Lydia Steier (Inszenierung) verknüpfen in der ersten Neuproduktion seit drei Jahrzehnten den spirituellen Ideenkosmos des Werks mit Motiven aus Nachkriegsgeschichte und Lebenswelt des Komponisten.
Die Uraufführung des Jahres komponierte der Österreicher Georg Friedrich Haas:
«Koma», ein Auftragswerk der SWR-Festspiele in Schwetzingen und des Staatstheaters Darmstadt, ist ein zwischen Leben und Tod, Licht und Dunkel oszillierendes Musiktheater. Es überzeugte nicht zuletzt mit der existenziell-sinnlichen Dringlichkeit einer Musik, die auf mikrotonalen Strukturen beruht.
Der Titel Wiederentdeckung des Jahres geht an Ermanno Wolf-Ferraris «Der Schmuck
der Madonna» am Theater Freiburg. Fabrice Bollon (am Pult) und Kirsten Harms (Regie) nahmen die Eklektik und Melomanie des 1911 in Berlin uraufgeführten Stücks hintergründig ernst.
Als Ärgernis des Jahres firmieren diesmal Chaos, Missmanagement und explodierende Kosten auf diversen Theaterbaustellen, u. a. in Berlin und Köln. Die Entwicklung der drei teuersten Problemfälle dokumentiert die «Opernwelt» in einer «Chronique scandaleuse»: Staatsoper Berlin, Oper Köln, Elbphilharmonie Hamburg.
Das Buch des Jahres verfasste Ulrich Drüner mit seiner Studie «Richard Wagner – Inszenierung eines Lebens» (Blessing Verlag).
CD des Jahres ist die unter Antonio Pappano mit Anja Harteros, Jonas Kaufmann und der Accademia Nazionale di Santa Cecilia entstandene Neuaufnahme von Verdis «Aida» (Warner).