Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, fordert eine grundlegende medienpolitische Debatte. Der Bund und die Länder bringen im Rahmen ihrer jeweiligen Regelungskompetenzen zur Zeit wichtige medienpolitische Gesetze auf den Weg. Die Länder wollen am 22. Juni den 9. Rundfunkänderungsstaatsvertrag beschließen und das Bundeskabinett hat gerade eine Reform des Telemediengesetz verabschiedet. Beide Gesetzesvorhaben zielen darauf ab, angesichts der Konvergenz von Medien und Telekommunikation einen neuen Regelungsrahmen zu schaffen.

Von der kulturpolitischen Debatte weitgehend unbemerkt wurden mit dem Verkauf der Bundesliga-Liveübertragungsrechte an einen Kabelnetzbetreiben die Weichen für einen tiefgreifenden Wandel in den Medien gestellt. Es wurde die bislang respektierte Grenze zwischen Inhaltsanbieter, also Rundfunkanstalten, und technischer Weiterleitung, also Kabelnetzbetreiber, überschritten. Dieser Schritt ist ordnungs- und kulturpolitisch ähnlich bedeutsam wie die Zulassung des kommerziellen Rundfunks und die Einführung des dualen Rundfunksystems in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Der Deutsche Kulturrat hält es für dringend erforderlich, dass über diese medienpolitische Entwicklung, die bislang vornehmlich in medienpolitischen Kreisen und kaum öffentlich debattiert wurde, eine breite kulturpolitische Diskussion beginnt.

Der Deutsche Kulturrat befürchtet, dass die kulturelle Vielfalt in Deutschland Schaden nimmt, wenn die spezifischen Leistungen des Rundfunkprogramms für große und kleine Zielgruppen in den Hintergrund treten und es weit überwiegend nur noch darauf ankommt, massenattraktive Inhalte anzubieten, um die ökonomische Auslastung der Netze sicherzustellen. Diese Befürchtung gilt selbst dann, wenn man dem betreffenden Unternehmen und anderen Akteuren für die Zukunft keine Absicht einer missbräuchlichen Nutzung ihrer Markt- und Meinungsmacht unterstellt.

Kabelnetzbetreiber sind an keinen Rundfunkauftrag gebunden und müssen daher keine inhaltlichen Mindeststandards erfüllen. Der Deutsche Kulturrat befürchtet, dass die Programmentscheidungen von Kabelnetzbetreibern vor allem anhand ökonomischer Kriterien getroffen werden. Der Deutsche Kulturrat fordert daher die Politik, d.h. speziell die Ministerpräsidenten auf, sich stärker des Themas Medienentwicklung im privatwirtschaftlichen Bereich anzunehmen und konkrete Konzepte für die Sicherstellung der Pluralität und der kulturellen Vielfalt im Rundfunk der Zukunft zu entwickeln. Ebenso sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestags gefordert, innerhalb ihres medienpolitischen Zuständigkeitsbereichs zu prüfen, ob die genannte Entwicklung, dass ein Unternehmen, das bislang Verbreiter der Netzinfrastruktur war, zum Inhaltslieferanten wird, in ihren potentiell vielfaltsbedrohenden Aspekten genügend beachtet wurde. In diesem Zusammenhang fordert auch der Deutsche Kulturrat die Prüfung sowohl der medien-, der telekommunikations- als auch der kartellrechtlichen Vorschriften.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Medienmacht ist Meinungsmacht. Es ist daher dringend erforderlich, dass die Veränderungen im Medienbereich stärker als bisher debattiert werden. Längst geht es nicht mehr um einen Qualitätsvergleich zwischen öffentlich-rechtlichem und privat-kommerziellem Fernsehen, sondern um die Frage, wie die Medienmärkte der Zukunft aussehen. Kulturelle Vielfalt gerade auch in den elektronischen Medien ist ein hohes Gut und dieses hohe Gut ist gefährdet. Die kulturelle Vielfalt zu sichern, ist angesichts der technischen aber auch der ökonomischen Entwicklung eine wesentliche Herausforderung der Zukunft.“

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