In Kooperation zwischen Klassik Stiftung Weimar und Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar hat sich das Liszt-Haus in der Marienstraße in ein Liszt-Museum verwandelt. Die Stiftung ist weiterhin Besitzer und Betreiber des Museums. Zusätzlich zu den historischen Räumen im ersten Obergeschoss stellt sie nun die Räume des Erdgeschosses für eine Dauerausstellung zu Verfügung. Die Hochschule für Musik entwickelte das inhaltliche Konzept für die Ausstellung und trug die Kosten für die Realisierung. Die Bauhaus-Universität übernahm die Planung und Leitung des Umbaus und der Ausstellungsgestaltung.

So wird die historische Wohnung Liszts im Obergeschoss ab dem 16. Juli 2006 im Erdgeschoss durch ein zeitgemäßes, ansprechendes Informationsangebot ergänzt, das den Besuchern ein ebenso umfassendes wie lebendiges Bild des Musikers vermittelt. Ausgangspunkt des Ausstellungskonzepts ist dabei die außergewöhnliche Vielseitigkeit Liszts. Es existiert kaum ein Betätigungsfeld im Bereich der Musik, in dem Liszt nicht aktiv und erfolgreich war, sei es als Komponist, als Pianist, als Dirigent, als Pädagoge oder als Organisator. Damit war er nicht nur eine zentrale Musikerpersönlichkeit des 19. Jahrhunderts, sondern beeinflusste nachfolgende Generationen bis heute.

Als durchgängiges graphisches Element zieht sich Liszts Bagatelle ohne Tonart (Bagatelle sans tonalité) in der Computer-Notenschrift MIDI durch die gesamte Ausstellung. Das kurze, auf den ersten Blick unscheinbare Klavierstück aus dem Jahr 1885, dessen Original sich im Weimarer Goethe- und Schiller-Archiv befindet, kann als Symbol für das Zukunftsweisende des Musikers Liszts begriffen werden, denn Kompositionen, die bewusst auf jegliche Tonartenvorzeichen verzichten, kamen musikgeschichtlich erst um die Jahrhundertwende auf.

Erster Raum: Liszt als Weltbürger
Der erste Raum gibt zunächst einen Überblick zur bewegten Biographie des Weltbürgers Liszt. Auf einer überdimensionalen Europakarte lassen sich seine wichtigsten Lebensstationen sowie die intensive Reisetätigkeit und die europaweiten Kontakte Liszts nachvollziehen. Eingebettet in die Landkarte sind Abgüsse seiner Lebend- und Totenmaske, deren Originale zum Bestand des Goethe-Nationalmuseums gehören. An der gegenüberliegenden Wand findet sich eine Darstellung der wichtigsten Ereignisse aus Politik, Gesellschaft, Technik und Kunst, die in die Lebenszeit Liszts fallen und ihn teilweise stark prägten. So nahm er etwa mit regem Interesse an den Entwicklungen in der Literatur und den bildenden Künsten teil und war ein genauer Beobachter der politischen Umbrüche seiner Zeit.

Zweiter Raum: Der junge Liszt
Im zweiten Raum werden drei Wirkungsbereiche Liszts vorgestellt, die sein Leben vor allem in jüngeren Jahren prägten. An einer Wand entdeckt man den Dirigenten Liszt, dessen innovativer Dirigierstil nicht immer auf Wohlwollen stieß, wie es die Karikaturen und die Berichte von Zeitgenossen belegen. Eine weitere Wand ist dem organisierenden Liszt gewidmet, der sich nicht nur um die Wiederbelebung der Weimarer Kunst Gedanken machte, sondern der auch neue Konzertformen wie die Veranstaltung von Festwochen erprobte und sich aktiv an der Gründung des Allgemeinen Deutschen Musikvereins als einem Forum für zeitgenössische Musik beteiligte. An der dritten Wand lassen sich zahlreiche Dokumente zu dem Betätigungsfeld finden, das wohl die meisten mit dem Künstler verbinden: Liszt als gefeierter Klaviervirtuose. Eine Video-Projektion in der Raummitte veranschaulicht die spieltechnischen Finessen der Liszt-Werke, und Ausschnitte aus Spielfilmen zeigen, wie sehr der ungeheure Starkult um Liszt selbst Regisseure des 20. Jahrhunderts fasziniert hat. An der Fensterseite stehen – fast wie ein Publikum im Raum – mehrere originale Porträtbüsten Liszts, die den Musiker in verschiedenen Phasen seines Lebens darstellen.

Dritter Raum: Liszts späte Jahre
Die zwei Tätigkeitsfelder, die insbesondere Liszts späte Jahre in Weimar prägten, werden im letzten Raum des Rundgangs thematisiert. Im heutigen Liszt-Museum, der ehemaligen Hofgärtnerei, scharte er nicht nur Schüler aus aller Welt um sich und unterrichtete sie gemeinsam in der Art eines heutigen „Meisterkurses“, auch dem Komponieren galt nun erneut seine besondere Aufmerksamkeit. Das umfangreiche und vielseitige kompositorische Œuvre Liszts ist einerseits in seiner Gesamtheit auf einer Wand visuell und akustisch erfahrbar und wird andererseits an den drei anderen Wänden anhand einzelner spezifischer Aspekte verdeutlicht. Das Reisekruzifix Liszts, das von der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar für die Ausstellung zur Verfügung gestellt wurde, steht für die Religiosität in seinem kompositorischen Schaffen. Hörstationen mit Werken späterer Komponisten, die Bezug auf Liszt nehmen, sowie Liszt-Interpretationen verschiedener Pianisten der letzten 100 Jahre verdeutlichen Liszts Fortwirken bis in die Gegenwart.

Grenzüberschreitende Klanginstallation
Eine Besonderheit der Ausstellung ist, dass sie neben einer wissenschaftlichen auch eine künstlerische Annäherung an das Phänomen Liszt enthält. Die Klanginstallation im Eckraum des Erdgeschosses wurde eigens für das Liszt-Museum konzipiert und vom Studio für elektroakustische Musik (SeaM) an der Hochschule für Musik Franz Liszt realisiert. Eine vierzehn Meter lange Klaviersaite durchspannt das Gebäude vom Keller bis zum Dach und erzeugt Klänge, die in der Installation verarbeitet werden. Dabei entsteht ein dreidimensionaler Klangraum, der in Verbindung mit einer computergesteuerten Videoprojektion zu erleben ist. Eine Lichtfaser, die parallel zur Klaviersaite verläuft, leuchtet durch die Fenster nach draußen, die Saite selbst wird durch die Temperatur auf dem Dach in ihrem Schwingungsverhalten beeinflusst. Der vertikale Durchstoß durch das Gebäude und die angedeutete Verlängerung in den Himmel symbolisieren Liszts Tendenz zur Grenzüberschreitung.

Gestaltungskonzept und seine Umsetzung
Die Bauhaus-Universität steht für die ihr innewohnenden Kompetenzen im Bereich der Architektur und Ausstellungsgestaltung. Dazu gehörten die vollständige Planungsleistung und die Realisierung der Baumaßnahmen für die erforderliche Nutzungsänderung des Einzeldenkmales der ehemaligen Hofgärtnerei von einer Wohnung zu Museumsräumen. Eine besondere bauliche Herausforderung stellte die Umsetzung der medialen Intervention durch das historische Gebäude dar. Das entwickelte inhaltliche Konzept für eine Dauerausstellung zu Franz Liszt bedurfte der Materialisierung, somit eine prädestinierte Aufgabenstellung für die jungen Studenten der Fakultät Gestaltung. Eine vielfältige und bunte Inszenierung des Werkes und der Person Liszts waren das Ergebnis des Projektes „Piu Colore per Favore“ im Studiengang Produktdesign. Das kreative Potenzial der jungen Designer in den Bereichen der Grafik, der Typographie der Inszenierung und des Interfaces beflügelte die Phase der Realisierung. Die besondere Leistung bestand in der Abbildung der wissenschaftlichen Position zum Phänomen Liszt.