Am 22.04.2020 beriet – erstmalig in der Geschichte der UNESCO – ein virtuelles Ministerforum über die Herausforderungen von Covid-19 für den Kultursektor. 130 Ministerinnen und Minister der UNESCO-Mitgliedstaaten identifizierten gemeinsam politische Initiativen und finanzielle Hilfsmaßnahmen. Für Deutschland nahm die Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, Michelle Müntefering, teil.
Künstlerinnen, Künstler und kreative Fachkräfte gehören zu den am härtesten Betroffenen der Krise. Die schwerwiegenden Auswirkungen auf Tourismus und Kulturtourismus drohen, ganze Regionen und Länder zu destabilisieren und zerstören die wirtschaftlichen Grundlagen vieler Kreativer. Viele Länder haben daher Notfinanzierungspakete geschnürt, um die Lebensgrundlagen von Künstlerinnen, Kunsthandwerkern und Kreativen zu sichern.
Die Kulturministerinnen und -minister betonten die wichtige Rolle von Kunst und Kultur zur Stärkung der Resilienz von Gesellschaften, gerade auch angesichts der Pandemie. Sie lobten daher die vielen Kreativen, die ihre Werke online zugänglich machen. Die massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens beeinträchtigen aber dennoch den Zugang zu Kultur erheblich. Ungleicher Zugang zu Technologien und Internet verstärkt vielerorts zusätzlich die Ungleichheiten bei der Teilhabe an Kultur und die Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen.
Insbesondere die Empfehlung der UNESCO zu sozialen und wirtschaftlichen Rechten und zum Status von Künstlerinnen und Künstlern (1980) sowie die Zielsetzungen der UNESCO-Konvention über den Schutz und die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (2005), auch im digitalen Umfeld, sind vor diesem Hintergrund aktuell, wie viele Ministerinnen und Minister betonten.
In ihrem Statement hob Staatsministerin Müntefering die Bedeutung multilateraler Zusammenarbeit für den Erhalt des Gutes Kultur hervor: "Besonders jetzt ist es wichtig, dass wir uns gemeinsam für einen starken Kultur- und Kreativsektor einsetzen und diesen schützen. Denn: die Freiheit kultureller Ausdrucksweisen, freier Zugang zu Kultur und kreative Ideen sind das Fundament einer demokratischen Gesellschaft und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Wie sehr uns der Austausch mittels Kunst und Kultur fehlen würde, merken wir gerade jetzt. Deshalb braucht es gezielte Hilfsmaßnahmen im eigenen Land, um Kultur- und Kreativschaffende, aber auch die Kultureinrichtungen zu unterstützen. Zugleich dürfen wir dabei den grenzüberschreitenden Kulturaustausch und die internationale Kooperation nicht außer Acht lassen. Die UNESCO ist ein zentrales multilaterales Forum, um hierfür gemeinsame Initiativen zu entwickeln und zu koordinieren.“
Prof. Dr. Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission, betont: "Kultur ist von zentraler Bedeutung für den Zusammenhalt, die Widerstandskraft und die nachhaltige Entwicklung einer Gesellschaft. Zugleich wird aber auch die Verletzbarkeit des Kultursektors schmerzhaft deutlich. Die UNESCO hat in den vergangenen Wochen eindrücklich bewiesen, dass sie ein einzigartiges Forum für globalen Austausch und Zusammenarbeit ist: Das erste virtuelle Kulturministerforum in der Geschichte der Institution brachte über 130 Ministerinnen und Vizeminister aus allen Weltregionen zusammen, die Herausforderungen und Hilfestellungen für den Kultursektor in der Covid-19-Krise austauschten. Auch die globale Bewegung ‚ResiliArt‘ für und mit Kulturschaffenden und Künstlerinnen und Künstlern findet weltweit große Resonanz.“
Hintergrund
Nahezu alle Länder weltweit sind von der Covid-19-Pandemie betroffen. Die von vielen Ländern zur Eindämmung der Pandemie ergriffenen massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens erschweren den Zugang zu Kultur teils erheblich. Die Maßnahmen zeigen bereits erhebliche wirtschaftliche und soziale Auswirkungen auf die Kultur- und Kreativwirtschaft.
Der Kulturtourismus ist aktuell vollständig zum Erliegen gekommen. 80% der Mitgliedstaaten haben ihre UNESCO-Welterbestätten ganz oder teilweise geschlossen. In 128 Ländern sind sämtliche Kultureinrichtungen nicht zugänglich. Festivals weltweit sind bis auf Weiteres abgesagt. Ausbleibender Tourismus verschärft den Stillstand des kulturellen Lebens und der kulturellen Produktion zusätzlich.
In vielen Teilen der Welt verschärft der ungleiche Zugang zu Technologien und Internet die bestehenden Ungleichheiten bei der Teilhabe an Kultur und die Dynamik der Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsgruppen, insbesondere auch von Frauen und Mädchen.
Als Reaktion auf Covid-19 ruft die UNESCO seit Mitte April mit der Initiative ResiliArt Kulturschaffende, Künstlerinnen, Künstler und Kreative dazu auf, sich gemeinsam für eine vielfältige Kultur- und Medienlandschaft und eine nachhaltige soziale und wirtschaftliche Absicherung des Kultursektors einzusetzen.
Am 20.05.2020 veranstaltet die Deutsche UNESCO-Kommission anlässlich des Welttags der kulturellen Vielfalt für Dialog und Entwicklung (21. Mai) die virtuelle Diskussionsrunde "ResiliArt: Kunst und Kultur in Zeiten der Covid-19-Pandemie“. Mitglieder der Bundesweiten Koalition Kulturelle Vielfalt diskutieren gemeinsam mit Gesprächspartnerinnen und -partnern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft die durch Covid-19 entstandenen Herausforderungen für den Kultursektor sowie weltweit entwickelte Lösungsansätze für die nationale Kulturpolitik und die internationale Kulturkooperation.
Weitere Informationen