Am Wochenende (26./27. Februar) ist in Deutschland eine neue Bewegung für das Singen in Chören entstanden. Auf getrennten Sängertagen haben sich der Deutsche Sängerbund (DSB) am Samstag in Frankfurt und der Deutsche Allgemeine Sängerbund (DAS) am Sonntag in Hannover jeweils in einstimmig gefassten Beschlüssen dafür
entschieden, gemeinsam unter dem neuen Namen "Deutscher Chorverband" zu arbeiten. Unter dem Dach des DCV wird die "Deutsche Chorjugend" als eigenständige Organisation der über 120.000 Aktiven, Alter bis zu 27 Jahren, wirken.

In den rund 26.000 Chören des neuen Verbandes singen insgesamt rund 750.000 Kinder und Jugendliche, Männer und Frauen aktiv mit. Insgesamt zählen die 36 zumeist regional ausgerichteten Einzelverbände im neuen DCV mehr als 1,8 Millionen Mitglieder. Damit tritt der DCV auch die Nachfolge des bisherigen DSB als weltweit stärkster Laienchorverband an. Die konstituierende Verbandsversammlung ist für den 7. Mai in Magdeburg einberufen worden.

"Immer weniger Deutsche sind noch in der Lage zu singen. Familien, Kindergärten und erst recht die Schulen blenden Singen und aktives Musizieren zunehmend aus ihrem Alltag aus. In dieser Zeit macht es umso mehr Sinn, Ideologien zu überwinden und alle Kräfte zu bündeln, damit Singen im einstigen Land der Lieder wieder überall so selbstverständlich wird, wie es in unseren Chören immer war: Über viele Jahre hat bei uns die Zahl junger Sängerinnen und Sänger zugenommen", sagte DSB-Präsident Dr. Heinz Eyrich in Frankfurt. Auf die historische Dimension des Zusammenschlusses wies in Hannover DAS-Präsident Wolfgang Schröfel hin: "Durch den jetzt beschlossenen Zusammenschluss der beiden größten Verbände zum ’Deutschen Chorverband’ entsteht eine Interessenvertretung singender Menschen, die der Bedeutung der Chormusik in der Gesellschaft noch mehr Gewicht verleihen soll. Für die Chorszene Deutschlands wird diese Entwicklung zukunftsweisend sein", sagte er.

Der DAS führt seine Wurzeln zurück auf frühe Arbeiterchöre um 1832. Er wurde offiziell gegründet 1908, damals als "Deutscher Arbeiter-Sängerbund". 1933 verboten und enteignet, gründete er sich 1947 neu als der "Deutsche Allgemeine Sängerbund".

Ein Jahr später, 1948, konstituierte sich in Westdeutschland auch der DSB neu. Er war zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus bürgerlich-revolutionären Strömungen ebenso wie aus der Liederkranz-Bewegung entstanden. Aber erst am 21. November 1862 war es möglich, aus bereits existierenden regionalen Sängerbünden in Coburg den Deutschen Sängerbund zu begründen. Nach wechselvoller Geschichte war der DSB schließlich im NS-Reich "gleichgeschaltet" und im zweiten Weltkrieg liquidiert worden.

An Stelle bürgerlich-nationaler oder sozialistischer Orientierung bekennt sich der neue Deutsche Chorverband heute zu überparteilicher Arbeit und zu einer weltoffenen Politik in nationalen, europäischen und weltweiten Organisationen.