Aufgrund der Veranstaltungsverbote und Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts sowie der zunehmenden Vorsicht der Bevölkerung fallen derzeit immer mehr Konzerte, Konferenzen, Festivals und andere Veranstaltungen aus. Die aktuellen Entwicklungen haben erhebliche negative Konsequenzen für die gesamte Musikwirtschaft – zunächst für Musiker*innen, Veranstalter*innen und Spielstätten, aber nicht weniger auch für ihre weiteren Partner*innen und Beteiligte, wie Musikverlage, Labels, Vertriebe und andere Dienstleister*innen. Der Verband unabhängiger Musikunternehmer*innen e.V. (VUT) fordert daher ein Auffangprogramm für die gesamte Musikwirtschaft. 

VUT-Geschäftsführer Jörg Heidemann: "Auch unabhängige selbstvermarktende Künstler*innen und kleine und mittlere Unternehmen sind von den akuten finanziellen Verlusten sowie den weiteren mittel- und langfristigen Folgen betroffen. In dieser kleinteilig organisierten Branche können die entstandenen Ausfälle für Musikunternehmer*innen existenzgefährdend sein. Gerade sie sind es, die mit geringen Mitteln teilweise alles auf eine Karte setzen und nicht auf hohe Rücklagen zurückgreifen können. Die jetzt entstehenden finanziellen Ausfälle werden darüber hinaus zu fehlenden Investitionsmöglichkeiten in zukünftige Projekte führen und somit langfristig negative Folgen haben. Wir müssen daran arbeiten, dass die notwendigen gesundheitspolitischen Maßnahmen kleine Musikunternehmer*innen nicht übermäßig belasten und so auf lange Sicht zum Fallstrick für die kulturelle Vielfalt in Deutschland werden."

Die Absage von zum Teil jahrelang geplanten Veranstaltungen und Tourneen betrifft die gesamte musikwirtschaftliche Wertschöpfungskette und alle Gewerke: Von ausbleibenden Gagen für Künstler*innen und ihr Live-Team (Booker*innen, Tourmanager*innen, Techniker*innen) und fehlenden Einnahmen aus Tonträger- und Merchandise-Verkäufen bei Künstler*innen, Labels und Vertrieben über fehlende GEMA-/GVL-Einnahmen für Künstler*innen und Musikverlage bis hin zu nicht bezifferbaren negativen Auswirkungen für die Karrieren durch fehlenden Sichtbarkeit. VUT-Vorstandsmitglied Frank Spilker, dessen Band "Die Sterne" momentan ebenso mit Konzertabsagen zu kämpfen hat: "Eine Tour ist die Hauptertragsquelle, weil die Einnahmen aus dem Streaming für kleine Bands nicht reichen, um die Produktionskosten zu decken. Auch bei größeren Acts wird die Produktion noch durch die Toureinnahmen querfinanziert. Entsprechend geht man nicht mit Null Euro auf Tour, sondern mit einem Berg Schulden im Rücken und der Ausfall einer ganzen Tour kann entsprechend dramatisch sein."

Um die Musikwirtschaft zu unterstützen fordert der VUT einen Dreiklang aus möglichst unbürokratischen und schnellwirkenden Maßnahmen:

Einen Hilfsfonds in Höhe von 3,9 Milliarden Euro für alle Gewerke der Musikwirtschaft: Laut einer 2015 durchgeführten Studie des Bundeswirtschaftsministeriums* übertrifft die Musikwirtschaft mit insgesamt 127.000 Selbständigen und Arbeitnehmer*innen die Erwerbstätigenzahlen jeder anderen Medienbranche. Die Bruttowertschöpfung lag dabei mit rund 3,9 Milliarden Euro sogar über der von Filmwirtschaft, Radioveranstaltern, Buch- oder Zeitschriftenverlagen. Innerhalb der sieben Teilbranchen der Musikwirtschaft wiederum haben die Musikveranstaltungen (27%) und Musikaufnahmen (22%) die höchste Bruttowertschöpfung, gefolgt von den Bereichen Musikinstrumente (19%), Kreative (15%), Musikunterricht (10%), Musikverlage (5%) und Verwertungsgesellschaften (2%). Eine Härtefallregelung für kleine Unternehmer*innen und Selbständige: Im VUT sind rund 1.200 Musikunternehmer*innen zusammengeschlossen, viele davon sind Einzelunternehmer*innen und kleine Unternehmen. Diese arbeiten meist mit einer Mischkalkulation, Gewinne werden oft sofort in neue Projekte investiert, erfolgreiche Künstler*innen oder Projekte finanzieren Newcomer. Ausfälle über Wochen oder Monate sind für diese Akteure existenzbedrohend. Um Insolvenzen zu verhindern, muss es für solche Notfälle einen unkomplizierten Auffangplan (z.B. Überbrückungskredite mit geringen Zinsen) geben. Der VUT bittet darüber hinaus die Verwertungsgesellschaften GEMA und GVL, ihre Jahresverteilungen vorzuziehen und ihren Mitgliedern und Berechtigten als Soforthilfe eine Vorauszahlung in Höhe der letztjährigen Abrechnungen auszuzahlen.

Zusätzliche Anregungen:

  • Der VUT fordert  Landesregierungen auf, klare und eindeutige Verhältnisse zu schaffen und die Verantwortung über Absagen nicht den Veranstaltenden zu überlassen. Wenn die Spielstätten und Festivals auf eigene Faust absagen, sind sie in der Haftung und müssen ggf. Gagen erstatten trotz Ausfall.
  • Banken sollten kleinen und mittleren Unternehmen der Musikwirtschaft eine unkomplizierte Kreditvergabe mit geringen Zinsen ermöglichen.
  • Konsument*innen sollten – wenn es für sie tragbar ist – ihre gekauften Tickets nicht zurückgeben und die Kosten zurückfordern, um Spielstätten, Veranstalter*innen und Künstler*innen nicht zusätzlich finanziell zu belasten.

Weiterführende Informationen:

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