Das Beethovenfest Bonn 2005, das vom 8. September bis zum 2. Oktober in Bonn und der umgebenden Region unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler stattfindet, räumt neben dem Werk Beethovens und seiner Zeitgenossen auch der neuen Musik einen hohen Stellenwert ein. In diesem Jahr erklingen acht Uraufführungen, davon sind sechs Auftragswerke des Beethovenfestes Bonn. Die Aufträge wurden gemäß dem diesjährigen Thema „Liberté“ an französische Komponisten erteilt.

In der Langen Streichquartettnacht am 24. September in den Räumlichkeiten des Bonner Kunstmuseums werden die fünf Streichquartette von Christophe Bertrand, Joël-François Durand, Thierry Escaich, Philippe Fénelon und Alexandros Markeas uraufgeführt. Die Uraufführungen erklingen parallel in verschiedenen Räumen, jedes Werk, das sich mit dem Spätwerk Beethovens auseinandersetzt, erklingt dreimal hintereinander – der Zuhörer hat also die Wahl, entweder alle fünf Uraufführungen zu erleben oder aber ein Werk mehrmals zu hören. Weiterhin erklingen Werke von Beethoven und französischen Komponisten aus dem 19. bis 21. Jahrhundert, darunter Klassiker des Repertoires wie die Streichquartette von Ravel, Fauré und Debussy. Einen Überblick über französische Kompositionsströmungen im 20. Jahrhundert geben Streichquartette der Groupe des Six ebenso wie Schlüsselwerke der Moderne, so z.B. Strawinskys „Drei Stücke für Streichquartett“ und das Stück „Ainsi la nuit“ des diesjährigen Ernst von Siemens-Musikpreisträgers Henri Dutilleux.
Die Uraufführungen thematisieren die Reflektion heutiger Komponisten mit dem Werk Beethovens und mit der Situation des Komponierens in der Gesellschaft zu seiner Zeit und heute. So nimmt Thierry Escaich in seinem Werk „Après l’Aurore“ Bezug auf Beethovens Waldsteinsonate und Philippe Fenelon stellt seinem Streichquartett No. 5 das Beethoven-Zitat „Muß es sein?“ aus op. 135 voran. Die Uraufführungen bilden somit ein kleines Spektrum kreativer Beethoven-Rezeption im beginnenden 21. Jahrhundert. Ausführende in der Langen Quartettnacht sind die Ensembles Mandelring Quartett, Quatuor Danel, Quatuor Debussy, Quatuor Diotima, Quatuor Manfred.

Eine weiteres Auftragswerk des Beethovenfest Bonn führt am 15. September im Beethoven-Haus das Quatuor Ysaye auf: Régis Campos Streichquartett. Von Régis Campos ist die „Nonsens Opera“ bekannt, die heutige Schwierigkeiten einer sinnvollen Verständigung darstellt. Das Streichquartett „Les Heures maléfiques“ („Die unheilvollen Stunden“) soll im übertragenen, poetischen Sinn die Vielfältigkeit der Zeiten widerspiegeln, die Tempi wirken wie Verzerrungen, haben Zeitraffer und -dehnungen oder Leerläufe, daher die Bezeichnung „unheilvoll“, die jedoch ironisch verstanden werden soll.

Beim bereits zum fünften Mal statt findenden Orchestercampus führen die über 80 jungen Musiker des Orchesters der Musikakademie Krakau am 14. September in der Beethovenhalle Agata Zubels 2. Symphonie für 77 Ausführende erstmals auf. Die Symphonie ist ein Auftragswerk der Deutschen Welle, die den Orchstercampus zusammen mit dem Beethovenfest Bonn initiiert hat. Die 1978 geborene Polin Agata Zubel ab, ist ausgebildete Sängerin, daher greift sie in ihren Werken gerne auf das Element der Stimme zurück, experimentiert mit Vokaltechniken und Ausdrucksmöglichkeiten. Auch das Schlagzeug hat einen hohen Stellenwert in Zubels Kompositionen, sie nutzt dessen breite Farbpaletten und vielfältigen klanglichen Möglichkeiten.
Auch in der Reihe BONN CHANCE! EXPERIMENTELLES MUSIKTHEATER gibt es am 28. September 2005 in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland eine Uraufführung: Jan Müller-Wielands DIE IRRE (ODER NÄCHTLICHER FISCHFANG) liegt ein Musiktheater in einem Akt der Librettistin Micaela von Marcard zugrunde. In 38 kurzen Szenen erforscht von Marcard die Ursachen der Entstehung von Gewalt, Müller-Wieland wendet in seiner Musik Möglichkeiten der Aussparung sowie der Ver- und Befremdung an und behandelt das Thema Gewalt nahezu kabarettistisch. Das Motto des Stückes entstammt Schuberts Winterreise: „Lass’ irre Hunde heulen vor ihres Herren Haus.", Anlehnungen an Schubert finden sich in Müller-Wielands Relation der Zeitmaße. Regie führt der international renommierte Film- und Theaterregisseur Werner Schroeter. Es spielt die musikFabrik NRW unter der Leitung des Ersten Kapellmeisters von THEATER BONN Wolfgang Lischke. Gefördert wird das experimentelle Musiktheater, ein Auftragswerk von Theater Bonn und Beethovenfest Bonn, in Kooperation mit der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, vom Fonds Neues Musiktheater des KULTURsekretariats NRW (Wuppertal), der Ernst von Siemens Musikstiftung und vom Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes NRW.