In Deutschland leben heute Menschen mit unterschiedlicher Herkunft, kulturellen Prägungen und Traditionen zusammen. Die Deutsche UNESCO-Kommission und die Bertelsmann Stiftung haben an zwölf ausgewählten Fallbeispielen die Rolle der Künste für das Zusammenleben in Vielfalt untersucht. Anhand der Beispiele wird deutlich, welches Potential in der künstlerischen Auseinandersetzung für eine Einwanderungsgesellschaft liegt. Sie zeigen, dass Bund, Länder und Kommunen über zahlreiche Handlungsmöglichkeiten und Ansatzpunkte verfügen, um durch gezielte Kulturpolitik das Zusammenleben in Vielfalt zu fördern.
Die Studie "Kunst in der Einwanderungsgesellschaft“ ist Teil der Aktivitäten des diesjährigen Reinhard Mohn Preises "Vielfalt leben – Gesellschaft gestalten“ der Bertelsmann Stiftung. Anlass für die Veröffentlichung ist der "UNESCO-Welttag der kulturellen Vielfalt für Dialog und Entwicklung“, der in der kommenden Woche am 21. Mai stattfindet. Die Autorinnen, Burcu Dogramaci und Barbara Haack, zeigen kulturelle Vielfalt ist eine Bereicherung: Deutschland ist geprägt von vielfältigen Einflüssen, die im Laufe der Geschichte in unser Land gekommen sind.
Die Studie belegt, dass daraus sich zahlreiche inhaltliche Chancen für den Kulturbetrieb ergeben. Es kommt darauf an, die politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, die mit Migration, Integration und Vielfalt verbunden sind, im Repertoire abzubilden. "Mehr Mut zu Vielfalt lohnt sich: für die Kultureinrichtungen, für das Publikum und vor allem für die Gesellschaft“, sagt Kai Unzicker, Experte für gesellschaftlichen Zusammenhalt der Bertelsmann Stiftung, im Blick auf die Erfahrungen aus den Fallstudien.
Kultureinrichtungen brauchen langfristige Förderung
Damit Kultureinrichtungen sich auf die Bedingungen einer Einwanderungsgesellschaft einlassen können, bedarf es passender Strukturen und Rahmenbedingungen. "Die Studie macht deutlich, wie wichtig solide Strukturen und eine systematische Förderung vielfältiger Projekte, Akteure und Möglichkeiten kultureller Teilhabe sind“, betont Christine M. Merkel, Leiterin des Fachbereichs Kultur der Deutschen UNESCO-Kommission. Kultur-Einrichtungen brauchen langfristig Förderung und Planungssicherheit. Dann ist es möglich, andere Repertoires zu spielen und Ensembles vielfältiger zu besetzen. Denn: "Es geht nicht nur um Kunst für Migranten, sondern auch um Kunst von und mit Migranten“, führt Merkel weiter aus.
Schlussfolgerungen
Die Studie zeigt: Es gibt viele gute Beispiele der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Einwanderungsgesellschaft in Deutschland. Die untersuchten Beispiele können Vorbilder für neue Projekte sein, indem sie Hinweise geben, unter welchen Bedingungen Projekte wirksam werden. Die zentralen Empfehlungen der Studie lauten:
- Erstens, es lohnt sich, das vorhandene interkulturelle Angebot der öffentlich geförderten Kunst- und Kultureinrichtungen weiter auszubauen und erfolgreiche Angebote zu verstetigen.
- Zweitens gilt es, Ressourcen zur Förderung künstlerischer Kompetenz und Selbstorganisation bereitzustellen, um die Zugangshürden für Künstler mit Migrationshintergrund abzubauen.
- Drittens, langfristig angelegte Förderstrukturen sind die Basis für die Umsetzung innovativer Projekten.
Über den Reinhard Mohn Preis
Der Reinhard Mohn Preis erinnert an den Gründer der Bertelsmann Stiftung, Reinhard Mohn († Oktober 2009). Der Preis zeichnet international renommierte Persönlichkeiten aus, die sich um wegweisende Lösungen zu gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen verdient gemacht haben. Die Preisvergabe basiert auf einer weltweiten Recherche nach innovativen Konzepten und exemplarischen Lösungsansätzen für Herausforderungen, die für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands von entscheidender Bedeutung sind. In diesem Jahr heißt das Thema "Vielfalt leben – Gesellschaft gestalten“ und der mit 200.000 Euro dotierte Preis geht an den ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck. Mit der Preisvergabe würdigt die Bertelsmann Stiftung Gauck als Brückenbauer in einer kulturell vielfältigen Gesellschaft. Gauck wird die Auszeichnung am 7. Juni 2018 im Rahmen eines Festaktes im Theater Gütersloh entgegennehmen.