Berlin ist weltweit bekannt für sein pulsierendes Nachtleben, das jedes Jahr Millionen Tourist:innen und zehntausende hochqualifizierte Talente anzieht und damit einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellt. Die sogenannte “Nachtökonomie” hat aber eine soziale und gesamtgesellschaftliche Funktion. Sie geht weit über die rein wirtschaftlichen Transaktionen hinaus und ist ein identitätsstiftender Ort für Begegnung, Erlebnis und Austausch unter Berliner:innen und ihren Gästen.
 
Wie in Berlin das Nachtleben gemanagt und gefördert wird, dient als Vorbild für andere große Metropolen. Doch trotz dieser internationalen Anerkennung fehlte bisher eine kohärente und gesamtstädtische Strategie, das Nachtleben nachhaltig zu fördern und zu entwickeln. Im Auftrag der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe hat die Clubcommission Berlin e.V. in Partnerschaft mit der international tätigen Beratungsagentur VibeLab eine "Nighttime Strategy" erarbeitet, in der zehn Zielsetzungen und 30 Handlungsempfehlungen aufgeführt werden. Die Strategie wurde auf Basis von Interviews mit verschiedenen Interessengruppen wie beispielsweise den Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Notdienst e.V., DEHOGA, Industrie- und Handelskammer, Musicboard, oder visitberlin entwickelt und soll zu einer besseren Nutzung der ökonomischen, sozialen und kulturellen Potenziale der Nachtstunden führen und die Zusammenarbeit aller Akteur:innen im Nachtleben fördern.
 
Bei einer Pressekonferenz im renommierten “Club der Visionäre” stellte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey am Freitagabend gemeinsam mit den Projektbeteiligten Details der Strategie vor. Nachdem Lutz Leichsenring, Mitgründer von VibeLab und ehemaliger Sprecher der Clubcommission, die Veranstaltung eröffnete und den Hintergrund des Projekts erläuterte, betonte Senatorin Franziska Giffey die Bedeutung der Nachtökonomie für Berlin und damit die besondere Relevanz des Projekts für die stetige Weiterentwicklung der Berliner Nachtkultur.

Senatorin für Wirtschaft Energie und Betriebe, Franziska Giffey: „Die Welt kennt unsere Berliner Clubs. Berlin ist die Stadt der Freiheit und unsere Clubs sind als Freiräume ein Teil des Berliner Lebensgefühls. Sie machen die Kultur Berlins vielfältiger und sind zugleich Wirtschaftsfaktor und von großer Bedeutung für den Tourismus. Viele Gäste aus der ganzen Welt kommen gerade wegen Berlins lebendigem Nachtleben zu uns – das ist gut für die Hotels, die Gastronomie und unsere Stadt insgesamt. Dass sich diese Stadtrendite auf rund 1,5 Milliarden Euro jährlich beläuft, hat bereits 2018 eine Standortstudie gezeigt, die von der Senatswirtschaftsverwaltung finanziert wurde. Unsere Clubs sind auch im Werben um Investitionen und Talente ein absoluter Anziehungspunkt und Alleinstellungsmerkmal. Im globalen Wettbewerb ist das ein Vorteil, denn viele, gerade junge Arbeitskräfte werden durch die Club- und Kulturszene angezogen. Wir wollen, dass sich die Clubs in unserer Stadt gut entwickeln können. Dafür bietet uns die Gesamtstrategie zur Nachtökonomie eine gute Grundlage, indem sie erstmals alle Akteurinnen und Akteure – von BVG, IHK und DEHOGA bis Spätis, Musicboard und Berliner Clubarbeitenden Gewerkschaft – einbezieht. Mit ganzheitlichem Blick werden wichtige Erkenntnisse und Empfehlungen zur Verbesserung der Situation zusammengebracht, wie der Aufbau eines ständigen „Forums Nachtökonomie“ oder Verbesserungen beim Schallschutz für Anwohnerinnen und Anwohner."
 
Anschließend stellte Steffen Damm, Kultur- und Medienwissenschaftler und Co-Autor der Studie, die Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen vor. Der Aufbau eines ständigen, unabhängigen “Experten-/Beratergremiums Forum Nachtökonomie" soll dafür sorgen, dass die vielfältigen Zielsetzungen koordiniert umgesetzt werden. Weitere Handlungsempfehlungen aus der Studie beschreiben, wie die Berliner Nachtökonomie zukunftstauglich entwickelt werden soll, indem die Sicherheits-, Gesundheits- und Mobilitäts-Infrastruktur optimiert wird. Hierzu empfehlen die Macher der Studie eine Stelle “Liaison Nachtleben” bei den Berliner Verkehrsbetrieben einzurichten und durch eine Datenerhebung mehr über das Verhalten und Sicherheitsempfinden der Verkehrsteilnehmenden zur Nachtzeit zu erfahren. Zudem wurde eine öffentlich-private Partnerschaft bei der Erschließung und Kuration von Räumen für Um- und Neunutzung von Immobilien und Freiflächen benannt. Außerdem wurde empfohlen, kleine, private Spielstätten zu fördern, um gegen Kommerzialisierung zu wirken, sowie den Schallschutz von Anwohner:innen und Veranstaltungsorten auszubauen, um Konflikte zu vermeiden. Die Nachtökonomie soll noch widerstandsfähiger und sichererer gestaltet werden, um entsprechend wettbewerbsfähig zu bleiben und Berlins Image als lebendige Metropole weiter zu stärken.
 
Für die Clubcommission ist die Entwicklung einer solchen Strategie ein großer Schritt. Marcel Weber, 1. Vorsitzender des Vereins: "Wir können durch die Nutzung von Synergien und umfassende Planung wieder Resilienz aufbauen, um den Herausforderungen der Branche nachhaltig begegnen zu können."

Weitere Informationen und die Handlungsempfehlungen finden Sie im Executive Summary, welches Sie unten zum Download finden.

Katja Lucker, Initiative Musik, Ex-Musicboard Berlin Geschäftsführerin: „Bei zunehmender Verödung von Innenstädten mit viel Leerstand sehe ich eine Menge Potenzial für neue Räume, aber auch Angebote, die die Lebensqualität erhöhen. Für diese Transformation brauchen wir einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz.“

Emiko Gejic, 2. Vorsitzende Clubcommission Berlin e.V.: „Es bleibt eine Herausforderung, Verdrängung entgegenzuwirken und gleichzeitig Diversität zu fördern. Mit einer bewusst integrativen Strategie, können wir sicherstellen, dass die einzigartige Vielfalt der Berliner Clubkultur erhalten bleibt und wachsen kann.”

Download Executive Summary