Im Rahmen eines Festakts zum 125-jährigen Bestehen des Vereins Beethoven-Haus wird am Montag, 24. Februar, die neue Sonderausstellung im Geburtshaus Beethovens eröffnet. Die Ausstellung "Bewegte und bewegende Geschichte. 125 Jahre Beethoven-Haus Bonn" schlägt einen Bogen von der Gründungszeit über die jüngste Vergangenheit bis zu den aktuellen Aktivitäten des Beethoven-Hauses im 21. Jahrhundert. Zahlreiche Zeitdokumente, die nur selten öffentlich zu sehen sind, vermitteln einen Eindruck von der bewegten Geschichte der Kultureinrichtung. Bis zum 17. August können Besucher die Ausstellung besuchen.

Konzipiert wurde die Ausstellung von Michael Ladenburger, Leiter des Beethoven-Hauses und Kustos der Sammlung, und Nicole Kämpken, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums. "Die Ausstellung zeichnet eindrucksvoll nach, wie sich das Beethoven-Haus über fünf Generationen zum international führenden Beethoven-Zentrum entwickelt hat", so Malte Boecker, Direktor des Beethoven-Hauses. "Wir stehen in einer großen Tradition, und wir stehen in der Verantwortung, Beethovens Leben, Werk und Wirken auch zukünftig lebendig zu halten."

Schon sehr bald nach seiner Gründung am 24. Februar 1889 durch zwölf angesehene Bonner Bürger – man wollte damit das Geburtshaus Beethovens vor dem drohenden Abriss bewahren – zählte der junge Verein bereits zahlreiche neue Mitglieder, und es gelang ihm, einen der exponiertesten Vertreter des deutschen Musiklebens der Zeit, den Geiger Joseph Joachim, als äußerst aktiven Ehrenpräsidenten zu gewinnen. Prominente wie Reichskanzler Fürst Bismarck, Johannes Brahms und Giuseppe Verdi wurden zu Ehrenmitgliedern ernannt. Die Dankschreiben von Brahms und Verdi sind in der Ausstellung ebenso zu sehen wie ein enthusiastischer Bericht des Korrespondenten der New York Daily Tribune.

Magnetische Sammlung

Der Verein hatte bereits im zweiten Jahr seines Bestehens in Bonn ein erstes Kammermusikfest ("a unique affair") und eine einzigartige Beethoven-Ausstellung organisiert. Viele der damaligen Leihgaben aus Privatbesitz fanden im Laufe der vergangenen 124 Jahre ihren endgültigen Platz in der Sammlung des Beethoven-Hauses. So konnten vielfach Reproduktionen durch Originale ersetzt werden. Diesen "Magnetismus" der Sammlung und seine Folgeerscheinungen zeigt die Ausstellung an ausgewählten hochkarätigen Exponaten, wie zum Beispiel Beethovens Handschrift der "Prometheus-Variationen" op. 35, 1890 noch als Leihgabe des Leipziger Originalverlegers der Komposition Breitkopf und Härtel in der Ausstellung, das lebensnahe Kreideportrait Beethovens von August von Kloeber, das 1890 nur als Heliogravüre gezeigt werden konnte oder einige Briefe (an die Sängerin Anna Milder-Hauptmann, die Bonner Jugendfreundin Eleonore von Breuning, seinen Schüler und späteren Londoner Mittelsmann Ferdinand Ries oder seinen Kopisten Ferdinand Wolanek), die einen guten Eindruck von Beethovens Persönlichkeit vermitteln.

Einen herausragenden Anteil an der heutigen Qualität und Quantität der Sammlung hatte der Zürcher Hans Conrad Bodmer. Er hatte sein Leben dem Sammeln von Beethoveniana gewidmet und vermachte seinen gesamten Bestand testamentarisch dem Beethoven-Haus. Damit verdoppelte sich die Sammlung des Beethoven-Hauses 1956 schlagartig.

Gründung des Forschungsinstituts Beethoven-Archiv

Anlässlich des 100. Todestags des Komponisten wurde 1927 das Beethoven-Archiv als wissenschaftliches Forschungs- und Dokumentationsinstitut gegründet und damit ein weiterer Schwerpunkt gesetzt. Nachdem alle verfügbaren Dokumente in mühevoller Grundlagenarbeit zusammengetragen worden waren (und weiterhin werden), konnten neue Editionsvorhaben wie die historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke, eine Skizzenausgabe und zahlreiche weitere Projekte in Angriff genommen werden, über die die Ausstellung informiert.

Bewegende Zeitdokumente

Den zweiten Weltkrieg überstand das Beethoven-Haus als eines von ganz wenigen Häusern in der Bonner Innenstadt nahezu unbeschadet. Die Brandbombe, die der damalige Hausmeister unter Lebensgefahr vom Dach entfernte, originale Filmszenen aus Wochenschau-Berichten sowie Fotos von der Rückholung der ausgelagerten Sammlung führen dem Besucher die damalige Bedrohung unmittelbar vor Augen.

Bessere Zeiten folgten: 1952 beging die junge Bundesrepublik unter Anwesenheit von Bundespräsident Theodor Heuss und Bundeskanzler Konrad Adenauer Beethovens 125. Todestag. Sechs Jahre später gab der damals bereits legendäre 81-jährige Cellist Pablo Casals gemeinsam mit Sándor Végh und Mieczysław Horszowski zwei Konzerte im Beethoven-Haus – nicht nur künstlerisch, sondern auch kulturpolitisch eine Sensation. Da er das Beethoven-Haus als exterritoriales Gelände betrachtete, war es ihm möglich, hier aufzutreten, obwohl er es ansonsten verweigerte, in Ländern zu konzertieren, die das Franco-Regime tolerierten.

Eine elektronische Animation der Ehrengästebücher des Beethoven-Hauses zeigt ausgewählte Einträge der Prominenz aus Politik und Kultur. Der im Oktober 1999 erfolgte Eintrag des kürzlich verstorbenen Dirigenten Claudio Abbado, der Ehrenmitglied des Beethoven-Hauses war, wird im Original präsentiert.

Alte Tradition im neuen Kammermusiksaal

Mit der Eröffnung des Kammermusiksaals zum 100-Jahr-Jubiläum des Vereins 1989 konnte das Beethoven-Haus an seine alte kammermusikalische Tradition, die Joseph Joachim 1890 begründet hatte, anknüpfen. Seit der Zerstörung der alten Beethovenhalle im Jahr 1944 gab es in Bonn keinen für Kammermusik geeigneten Saal mehr. Durch jahrzehntelanges intensives Betreiben des langjährigen Vorsitzenden des Vereins Beethoven-Haus, Hermann J. Abs, und mit seiner finanziellen Unterstützung gelang es schließlich, einen modernen, stimmungsvollen Neubau mit hervorragender Akustik zu errichten. Der Kammermusiksaal hat sich – mit einem eigenen regelmäßigen Konzertprogramm, aber auch mit zahlreichen Konzerten anderer Veranstalter – in den 25 Jahren seines Bestehens zu einem herausragenden Forum für Kammermusik entwickelt.

Das Beethoven-Haus wird digital

Im 21. Jahrhundert wird das reale Beethoven-Hauses um das "Digitale Beethoven-Haus" erweitert. Dank des World Wide Web ist das Beethoven-Haus nun weltweit für jedermann erreichbar, und die gesamte Sammlung mit 37 600 hochwertigen Farbscans, 1 600 Audiodateien (Musikbeispiele und Hörbriefe) und 7 600 Textdateien ist von jedem mobilen Gerät aus jederzeit abrufbar. Die veröffentlichte Datenmenge entspricht ca. 1 500 000 mp3-Dateien und wächst mit jeder Neuerwerbung weiter. Dies ist wiederum das Fundament, auf dem das jüngste Forschungsprojekt des Beethoven-Hauses aufbaut, das weit in die Zukunft reicht. In einem großangelegten Grundlagenforschungsprojekt zur digitalen Edition musikalischer Werke soll letztlich Beethovens Schaffensprozess systematisch nachverfolgt werden können.

Schließlich werden in der Ausstellung die in jüngster Vergangenheit gestarteten Aktivitäten des Beethoven-Hauses vorgestellt: von der gerade sehr erfolgreich abgeschlossenen ersten Beethoven-Woche, die mit ihrem vielseitigen Programm an die kammermusikalische Tradition des Vereins anknüpft und ab 2015 jährlich veranstaltet werden soll, über Studienkollegs zur Nachwuchsförderung von Musikwissenschaftlern bis hin zur Mentoring Initiative, die dem Nachwuchs im künstlerischen Bereich einen kulturhistorisch informierten Zugang zu Beethoven ermöglichen will.