„Russisch gestimmt“ – das waren beim diesjährigen Schleswig-Holstein Musik Festival rund 138.000 Besucher. Damit kamen 3000 Zuhörer mehr als im Rekordjahr 2007. Insgesamt waren von den 158.400 Plätzen – knapp 5000 mehr als 2007 – 87% belegt.

82 Konzerte waren ausverkauft – darunter Konzerte mit dem Alban Berg Quartett, Grigory Sokolov, Natalia Gutman, Dame Kiri Te Kanawa, Mischa Maisky, Viktoria Mullova, Vesselina Kasarova, Paul Lewis, The Manhattan Transfer, alle vier Auftritte des diesjährigen „Artist in Residence“ Martin Grubinger, die Abschiedsreihe zu Ehren des treuesten Festivalgastes Alfred Brendel sowie Abende mit dem Russischen Nationalorchester unter der Leitung von Mikhail Pletnev, dem Mariinsky Theatre Symphony Orchestra unter der Leitung von Valery Gergiev und dem New York Philharmonic unter der Leitung von Lorin Maazel. Ausverkauft waren auch Konzerte der Reihe „anbruch“ etwa mit den Komponistinnen Sofia Gubaidulina und Lera Auerbach. Und auch Konzerte der hierzulande unbekannten Gruppen des Schwerpunktlandes Russland wie Huun-Huur-Tu, Sirin Ensemble, Terem Quartet, Loyko oder Pakava It’ fanden vor ausverkauften Rängen statt.

Festival-Intendant Prof. Rolf Beck: „Ich bin sehr stolz auf das Ergebnis, konnten wir in diesem Jahr doch 3000 Menschen mehr für unser Schleswig-Holstein Musik Festival und damit für die klassische Musik begeistern. Ein großer Erfolg also für mein Team und mich. Dass wir in der Gesamtauslastung bei deutlich gestiegenem Kartenkontingent und einem Mehrangebot von neun Konzerten einen Prozentpunkt unter dem Rekordjahr 2007 liegen, macht mich also nicht nervös. Im Gegenteil. Die Neugier unseres Publikums auf Neue Musik – wir hatten zehn Uraufführungen –, ungewöhnliche Programme und hierzulande unbekannte Ensembles stimmen mich und mein Team sehr optimistisch. Ein spannendes Festival-Programm zeichnet sich ja gerade durch die geschickte Kombination aus großen und unbekannten Namen, populären und abseitigen Werken aus. Unser Bestreben ist es, Musik als vielgestaltigen Kosmos jenseits elitärer Grenzen erlebbar zu machen. Ich denke, das ist uns in diesem Jahr wieder gelungen.“

Mit 154 Konzerten, sechs „Musikfesten auf dem Lande” und drei Kindermusikfesten präsentierte das Schleswig-Holstein Musik Festival die Musiknation Russland in ihrer faszinierenden Vielschichtigkeit und Stars der Klassikszene in insgesamt 87 Spielstätten an 47 Orten in ganz Schleswig-Holstein, Hamburg sowie Teilen von Niedersachsen und Dänemark. 13 neue Spielstätten waren in diesem Jahr mit dabei, etwa der Lokschuppen der S-Bahn in Hamburg, Airbus Deutschland in Hamburg-Finkenwerder, der Marstall in Ahrensburg sowie der Lehmannkai und Huckepack-Wiek in Lübeck.

An der diesjährigen Orchesterakademie des SHMF nahmen 123 Musiker im Alter von 17 bis 27 Jahren aus 23 Nationen teil. Ausgewählt aus 1.206 Bewerbern bei Probespielen in 31 Städten auf drei Kontinenten, bildeten sie vom 11. Juli bis zum 31. August das Schleswig-Holstein Festival Orchester (SHFO). Das Programm des Festivalorchesters bestand vorwiegend aus Werken russischer Komponisten. Unter der Leitung von Christoph Eschenbach studierte das SHFO Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ und Mussorgskys „Lieder und Tänze des Todes“ ein, die es gemeinsam mit dem russischen Bassbariton Evgeny Nikitin aufführte. In der zweiten Orchesterphase unter Leitung von Heinrich Schiff erarbeitete sich das Festivalorchester Werke von Peter I. Tschaikowsky. Im Anschluss probte der russische Stardirigent Mikhail Pletnev mit dem SHFO und in Zusammenarbeit mit dem Schleswig-Holstein Festival Chor und dem Chamber Choir of the Moscow Conservatory „Die Glocken“ von Sergei Rachmaninoff. Gemeinsam mit Herbert Blomstedt studierte das SHFO schließlich die 8. Sinfonie von Anton Bruckner ein. Die Kammerorchesterphase fand in diesem Jahr unter der Leitung des Geigers Kolja Blacher statt. Insgesamt begeisterte das Festivalorchester in vier Orchesterprobenphasen, zwei Kammermusikphasen und einer Kammerorchesterphase in 21 Konzerten das Festivalpublikum.

Der besondere Dank geht an die Familie Klaus Murmann für die großzügige Unterstützung der Orchesterakademie.

Die Chorakademie 2008 führte mehr als 60 junge Sängerinnen und Sänger aus 15 Nationen im Alter von 19 bis 28 Jahren zum Schleswig-Holstein Festival Chor (SHFC) zusammen. In drei Arbeitsphasen vom 27. Juli bis zum 25. August erarbeitete sich das Ensemble anspruchsvolle Programme der Barockzeit und der Spätromantik. Den Auftakt bildete die Probenphase unter der Leitung von Festivalintendant Rolf Beck mit Händels „Alexander’s Feast“, die begleitet wurde von einem Meisterkurs des renommierten Tenors Christoph Prégardien. An seiner Seite bewährten sich ausgewählte Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Konzerten in Rendsburg und Lüneburg sowie bei einem Gastspiel beim Usedomer Musikfestival. In der zweiten Phase erarbeitete sich der SHFC Rachmaninoffs „Die Glocken“. Die jungen Sänger und Sängerinnen wurden von Cornelius Trantow zu einem Chor geformt, der mit dem eingeladenen Kammerchor des Moskauer Konservatoriums unter dem Dirigat von Mikhail Pletnev in Kiel und Hamburg das Publikum beeindruckte. Den Abschluss der diesjährigen Chorakademie bildete das traditionelle A-cappella-Programm, das unter der Leitung des bekannten britischen Chorleiters Robin Gritton mit dem „Großen Abend- und Morgenlob“ von Rachmaninoff eines der zentralen Werke der geistlichen russischen Chormusik einstudierte.

Das SHMF dankt der Possehl-Stiftung Lübeck und der Familie Klaus Murmann für die großzügige Unterstützung der Chorakademie.

An den diesjährigen neun Meisterkursen in der Musikhochschule Lübeck nahmen mehr als 80 Teilnehmer aus 24 Nationen teil. Auch in diesem Jahr waren die Meisterkurse wieder hochkarätig besetzt. Elisabeth Leonskaja arbeitete intensiv mit jungen Pianisten, und Natalia Gutman brachte den Nachwuchscellisten die russische Schule näher. Altmeister Saschko Gawriloff und die Niederländerin Isabelle van Keulen kümmerten sich um die Geigentalente. Der norwegische Bratscher Lars Anders Tomter und der amerikanische Cellist Ralph Kirshbaum rundeten die Streicherklassen ab. Erstmalig unterrichteten der Bass Kurt Moll und die bulgarische Sopranlegende Anna Tomowa-Sintow in der Hansestadt, auch der Liedbegleiter Wolfram Rieger gab zum ersten Mal sein großes Wissen an junge Liedduos an der Musikhochschule weiter.

Der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius sowie der Possehl-Stiftung gilt der besondere Dank für die erneute großzügige Unterstützung der Meisterkurse.

Im Rahmen des SHMF wurden insgesamt vier Preise vergeben, um junge Musiker und Komponisten auf ihrem Weg zu einer internationalen Karriere zu unterstützen. Der Paul Hindemith-Preis – mit € 20.000,- einer der höchst dotierten Komponistenpreise – ging an den ungarischen Komponisten Márton Illés. Den von der Sparkassen-Finanzgruppe gestifteten Leonard Bernstein Award in Höhe von € 10.000,- erhielt die Pianistin Anna Vinnitskaya aus Russland. Zum zweiten Mal wurde im Rahmen des SHMF der Förderpreis der Walter und Charlotte Hamel Stiftung für herausragende sängerische Leistungen verliehen. Dieser Preis in Höhe von € 10.000,- ging an die deutsche Sopranistin Christiane Karg. Im Rahmen eines Wettbewerbkonzerts beim „Musikfest auf dem Lande“ in Emkendorf erspielte sich der Hornist Claudius Müller den mit € 5.000,- dotierten Förderpreis der Sparkassen-Finanzgruppe.

Den gewichtigen Schlussakkord der sieben Festivalwochen lässt bei den beiden Abschlusskonzerten am 30. und 31. August das NDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Alan Gilbert und mit dem Bassisten René Pape in der Lübecker Musik- und Kongresshalle erklingen. Das 23. Schleswig-Holstein Musik Festival geht musikalisch mit Auszügen aus Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ und „Die Walküre“ sowie Mahlers Sinfonie Nr. 5 zu Ende. Das Konzert am Sonntag, 31. August wird ab 20.15 Uhr live vom ZDF auf 3sat und von NDR Kultur übertragen. Angeschlossen sind über die Internationalen Musikfestspiele SR2 KulturRadio, MDR Figaro, kulturradio vom RBB und WDR 3.

Die Beteiligung der Klangkörper des Medienpartners NDR trug auch in diesem Jahr wesentlich zum Erfolg des Festivals bei. Mit seiner umfassenden Berichterstattung hat der NDR die enthusiastische Festivalstimmung über den Konzertabend hinaus im ganzen Land verbreitet. Insgesamt 11 Konzerte wurden vom NDR Sinfonieorchester, der NDR Radiophilharmonie und der NDR Bigband mitgestaltet. Außerdem wurden 39 Konzerte von NDR Kultur aufgezeichnet und übertragen sowie das Eröffnungs- und Abschlusskonzert auf 3sat ausgestrahlt. Dadurch konnten zahlreiche Zuschauer und Hörer in der ganzen Bundesrepublik von Zuhause aus das SHMF miterleben. Während des Festivalsommers informierte das NDR Fernsehen besonders in „Schleswig-Holstein 18.00“ und im „Schleswig-Holstein Magazin“ über das SHMF. Zudem gab es eine regelmäßige Berichterstattung in den Rundfunkprogrammen von NDR Kultur, NDR Info sowie auf der NDR 1 Welle Nord.

Das Engagement der Wirtschaft ist weiterhin erfreulich stabil und verfügt über eine breite Basis in Schleswig-Holstein und Hamburg: Über 130 Unternehmen tragen einen wesentlichen Teil zur Finanzierung bei und schaffen damit eine wichtige Voraussetzung für eine erneut erfolgreiche Programmplanung. Stellvertretend für alle Sponsoren gebührt den langjährigen Hauptsponsoren Sparkassen-Finanzgruppe Schleswig-Holstein (Sparkassen, HSH Nordbank AG, LBS Bausparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg AG und Provinzial Versicherungen), Audi AG, NordwestLotto Schleswig-Holstein und E.ON Hanse AG sowie dem Medienpartner NDR für ihren maßgeblichen Anteil am Erfolg des SHMF ein besonderer Dank. Aufgrund des erfolgreichen Festivalverlaufs und der hohen Zufriedenheit der Sponsoren mit der Kooperation wird die Zusammenarbeit sowohl mit den Hauptsponsoren als auch mit vielen Konzertsponsoren und Mitgliedern der „Unternehmerinitiative Wirtschaft & Musik“ im kommenden Jahr fortgeführt werden können.

Ausblick auf das 24. Schleswig-Holstein Musik Festival 2009: Der 20. Jahrestag des Mauerfalls ist einer der zentralen politischen Anlässe für das Schleswig-Holstein Musik Festival, die Musiknation Deutschland in den Fokus zu rücken. Neben den Meisterwerken beleuchtet das Programm 2009 deutsche Musikgeschichte auch aus ungewöhnlichen Perspektiven wie zum Beispiel in der von dem amerikanischen Starregisseur Robert Wilson in Szene gesetzten Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach. Nach seinem riesigen Erfolg in diesem Jahr wird Multi-Perkussionist Martin Grubinger auch 2009 mit neuen interessanten Projekten beim Schleswig-Holstein Musik Festival zu Gast sein – auch Projekte für die Folgejahre sind bereits im Gespräch.

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