Geste der künstlerischen, geografischen und gesellschaftlichen Umarmung: zum ersten Mal Trilogien im Programm, neue Spielstätten an neuen Spielorten, erstes Festivalzentrum seit Bestehen der Ruhrtriennale, viele Veranstaltungen bei freiem Eintritt, erweitertes Publikums- und Programmspektrum

"Freude“, "Schöner“, "Götterfunken“: Diese Leitbegriffe standen der Ruhrtriennale 2017 voran, die sich mit Utopien und Zukunftsvisionen befasste. Heute blickten in Bochum Johan Simons, Intendant der Ruhrtriennale 2015 – 2017, und Dr. Vera Battis-Reese, Geschäftsführerin der Kultur Ruhr GmbH, zurück auf die Saison 2017 sowie auf die Intendanz und zogen eine vorläufige Bilanz.

Johan Simons, Intendant der Ruhrtriennale 2015 – 2017: "Mit der Ruhrtriennale wollte ich von 2015 bis 2017 das Ruhrgebiet umschlingen, auf die Menschen zugehen, sie aktiv einladen, zu uns zu kommen. Das ist uns immer wieder gelungen – auch bei schwierigen Stoffen. Die Ruhrtriennale, wie ich sie sehe, soll nicht kalkuliert sein. Sie soll etwas riskieren. Sie soll flexibel bleiben und offen für aktuelle politische Themen. Ich bin glücklich und dankbar, dass ich die Geschicke dieses großartigen Festivals leiten durfte.“

Dr. Vera Battis-Reese, Geschäftsführerin der Kultur Ruhr GmbH: "Es waren drei Jahre großartiger Kunst, mit künstlerischen Entdeckungen, programmatischen Neuerungen und nicht zuletzt drei Jahre, die spannend und intensiv waren, nachdenklich stimmten, uns Freude und Inspiration schenkten. Für diese drei Jahre "Seid umschlungen“ möchte ich mich bei Johan Simons herzlich bedanken.“

Bis zum Abschluss der diesjährigen Festivalsaison am 30.9. finden noch Vorstellungen von "Kleine Seelen“, "Cosmopolis“ (beide bis 30.9.) und "Missa Solemnis“ (30.9.) statt. Die finalen Veranstaltungen im "Refektorium“ erfolgen am 30.9. mit einer Performance von Teentalitarismus ("The End of Everything“) und einer abschließenden Party. Die Installationen "The Good, the Bad and the Ugly“, "Europa“ und "Truck Tracks Ruhr – The Compilation“ können noch bis einschließlich 30.9. besucht werden. Die letzte Veranstaltung im Festivalprogramm findet in der Turbinenhalle der Jahrhunderthalle Bochum mit einem Konzert von "Arca“ am späten Abend des 30. September statt. Doch es gibt kein Finale ohne Zugabe: Nach offiziellem Festivalende erwarten das Publikum drei Sonderveranstaltungen. Am 1. Oktober erklingt ein zweites Mal die "Missa Solemnis“ im Musikforum Ruhr und die Ruhrtriennale lädt die Gäste von "JackPott“, der Theaterreise der RuhrBühnen, zu einem abendlichen Ausklang in die Jahrhunderthalle Bochum. Am Folgetag (02.10.) beschließt Johan Simons seine Intendanz mit einem kostenlosen Konzert des Saxofonquartetts "Bl!ndman“ im und am Refektorium auf dem Vorplatz der Jahrhunderthalle Bochum.

Johan Simons und Dr. Vera Battis-Reese dankten während der Abschlusspressekonferenz den KünstlerInnen und dem Team der Ruhrtriennale für eine erfolgreiche Spielzeit 2017 und eine erfolgreiche Intendanz 2015 – 2017. Ihr Dank gilt auch den zahlreichen Sponsoren, Förderern und Partnern, deren Engagement viele Programmbestandteile der Ruhrtriennale 2017 und der gesamten Intendanz ermöglicht hat.

"Seid umschlungen“: Dieses Leitmotiv im Sinne einer Geste der künstlerischen, geografischen und gesellschaftlichen Umarmung verbindet die drei Jahre der Intendanz von Johan Simons. Es wurde sowohl im Programm als auch in der Haltung des Festivals deutlich. Johan Simons legte einen starken Akzent auf eine künstlerische Verknüpfung der drei Jahre mit den ersten Schauspiel- und Tanz-Trilogien des Festivals. Raummusik-Konzerte ermöglichten dem Publikum, umschlungen von MusikerInnen und Klang, neuartige Hörerlebnisse. Durch die inhaltliche Verbindung von globalen und lokalen Themen sowie neue Formate wie Ritournelle, Guerillakonzerte, ein Festivalzentrum und Gratisprogramm verfolgte Simons das Ziel, weitere und auch jüngere Publikumsgruppen für die Ruhrtriennale zu begeistern. Das Programm setzte deutliche politische Schwerpunkte und erschloss in jeder Saison neue prägende Spielorte und Stadtteile im Ruhrgebiet.

Neben einem breiten Programmspektrum, das sowohl ein junges Pop-Musik – als auch das bestehende Festivalpublikum ansprach, wurde mit dem Refektorium ein Festivalzentrum auf dem Vorplatz der Jahrhunderthalle Bochum etabliert, das mit einem kostenlosen Programm aus Lesungen, Performances oder Partys über alle drei Jahre hinweg nicht nur treue Ruhrtriennale-BesucherInnen ansprach, sondern auch neugierige Festival-Neulinge erreichte. Stadtraumprojekte wie "Urban Prayers Ruhr“ (2016) wurden initiiert. Kostenlose Überraschungskonzerte (2015 und 2016) trugen die Kunst mitten in die Ruhrgebietsstädte. Auch bot die Ruhrtriennale ihrem Publikum die Möglichkeit, Teil der Kunst zu werden. So zum Beispiel als StatistIn in der Filminstallation "In the Land of Drought“ des Künstlers Julian Rosefeldt (2015), eines Films des niederländischen Künstlers Aernout Mik, der zentraler Bestandteil der Ruhrtriennale-Produktion "Die Fremden“ war (2016), oder der Tanz-Trilogie "Three Stages“ des US-Choreografen Richard Siegal (2017). Zahlreiche Formate wie "Johans High Noon“ oder auch die Partys, Filmabende oder Workshops im Refektorium luden Publikum wie Bevölkerung zu Begegnungen und Gesprächen mit Künstlerlnnen und FestivalmacherInnen der Ruhrtriennale ein. "Seid umschlungen“ war nicht nur eine programmatische Setzung, es war ein Versprechen, dem sich Intendant und Team der Ruhrtriennale verpflichtet hatten.

Auslastung und BesucherInnen: Für die Ruhrtriennale 2017 waren rund 37.500 Tickets verfügbar, ausgegeben wurden 34.000 Tickets. Zum Festivalende wird mit einer Auslastung von ca. 90 Prozent gerechnet. Die Installationen und Veranstaltungen bei freiem Eintritt verzeichneten zusätzlich insgesamt ca. 45.000 BesucherInnen. Die bestbesuchten Produktionen der Spielzeit 2017 waren "Pelléas et Mélisande“ mit rund 5.300 verkauften Tickets, "Cosmopolis“ mit über 3.000 Tickets und "Kein Licht. (2011/2012/2017)“ mit 2.400 Tickets. Im Schnitt waren sowohl die Auslastung als auch die Anzahl der BesucherInnen der Ruhrtriennale in allen drei Jahren auf höchstem Niveau.

Programm: 2017 fanden rund 135 Veranstaltungen bei 41 Produktionen, davon 28 Eigen- und Koproduktionen, statt. 23 Uraufführungen, Neuinszenierungen, Deutschlandpremieren und Installationen. 14 verschiedene Spielstätten in Bochum, Dinslaken, Dortmund, Duisburg, Essen, Gladbeck und Mülheim an der Ruhr. Mehr als 700 KünstlerInnen aus rund 30 Ländern. Insgesamt hat die Ruhrtriennale von 2015-2017 rund 485 Veranstaltungen bei 132 Produktionen, davon über 100 Eigen- und Koproduktionen auf die Bühnen der ehemaligen Industriehallen gebracht. Insgesamt mehr als 60 Uraufführungen, Neuinszenierungen, Deutschlandpremieren und Installationen umschlangen das Ruhrgebiet von 2015 bis 2017. In den drei Jahren trugen insgesamt ca. 2.500 KünstlerInnen und 800 StatistInnen zum Programm des Festivals bei.

Neue Spielorte: Auch 2017 erschloss die Ruhrtriennale einen neuen Spielort. Die Zentralwerkstatt der ehemaligen Zeche Lohberg in Dinslaken wurde zum Experimentierfeld der Choreografin Meg Stuart, die in "Projecting [Space[“ Wege neuer Kunstproduktion ergründete. Über die gesamte Intendanz hinweg war es Johan Simons ein Anliegen, neue Spielstätten für das Festival zu entdecken und auch an die Ränder des Ruhrgebiets vorzudringen. So startete er seine Intendanz mit dem Musiktheater "Accattone“ in der Kohlenmischhalle der Zeche Lohberg. 2016 setzte sich diese Entdeckungsreise fort, indem die Ruhrtriennale mit "Urban Prayers Ruhr“ in sechs unterschiedlichen Glaubensstätten gastierte und in der Kohlenmischhalle der ehemaligen Zeche Auguste Victoria in Marl die Uraufführung von "Die Fremden“ feierte. Über alle drei Jahre hinweg war das Kunstdorf "The Good, the Bad and the Ugly“ von Atelier Van Lieshout wichtiger Bestandteil des Festivals und mit ihm das Refektorium, das sich schon im ersten Jahr der Intendanz als Festivalzentrum mit eigenem, 2017 sogar gänzlich kostenfreiem Programm etablierte.

Installationen: Die Installationen der Ruhrtriennale 2017 – "The Good, the Bad and the Ugly“, "Europa“, "Truck Tracks Ruhr – The Compilation“ und "White Circle“ – stießen auf großes Interesse. Wie in den Vorjahren gehörte "The Good, the Bad and the Ugly“ auch 2017 mit rund 16.000 BesucherInnen zu einer der beliebtesten Installationen des Festivals. Zu einem wahren Publikumsmagneten entwickelte sich die Raum-, Klang- und Licht-Installation "White Circle“ von raster-noton in der Kraftzentrale des Landschaftspark Duisburg-Nord. Vom 02. bis zum 16. September ließen sich rund 22.000 BesucherInnen von Ton und Licht umschlingen. Die Installation "Truck Tracks Ruhr – The Compilation“ in der Mischanlage der Zeche Zollverein verzeichnete ca. 4.000 BesucherInnen. Über alle drei Jahre hinweg konnte die Ruhrtriennale mit ihren Installationen über 100.000 BesucherInnen mobilisieren.

Campustriennale: An der Campustriennale, bestehend aus College und Masterclass, nahmen 2017 rund 115 NachwuchskünstlerInnen aus zehn verschiedenen Ländern teil, darunter u. a. Belgien, Deutschland, Finnland, Lettland, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen und die Schweiz. Im College besuchten sie Produktionen der Ruhrtriennale, nahmen an KünstlerInnengesprächen teil oder besuchten Workshops. Zum dritten Mal in Folge ermöglichte die Masterclass drei Theaterkollektiven, eigene Aufführungen im Rahmen des Festivals mit professioneller Unterstützung der Ruhrtriennale und des Ringlokschuppen Ruhr fertigzustellen. In den drei Jahren der Intendanz bot die Ruhrtriennale innerhalb der Campustriennale rund 365 NachwuchskünstlerInnen die Chance, ihre künstlerischen Kenntnisse und Kompetenzen zu erweitern und dem Publikum zu präsentieren.

Teentalitarismus: Zum zweiten Mal in Folge entstand auf dem Vorplatz der Jahrhunderthalle Bochum ein Teenager-Machtgebiet, inmitten des Kunstdorfes "The Good, the Bad and the Ugly“. Die Gruppe "Mit Ohne Alles“, 40 Jugendliche aus allen Teilen des Ruhrgebiets mit Wurzeln in neun verschiedenen Ländern der Welt, entwickelte gemeinsam mit den "Young Mammals“ aus Toronto und den KünstlerInnen von Mammalian Diving Reflex ihren Anteil an der Ruhrtriennale 2017: einen Projektmarathon aus 10 Einzelprojekten (Performances, Nachtwanderungen oder KünstlerInnengespräche). Am 30.9. heißt es "Goodbye for now“, denn die Jugendlichen geben mit "The End of Everything“ ihre vorerst letzte Performance um 18 Uhr am Refektorium in Bochum – und verabschieden sich auf ihre eigene Art und Weise.

Fachpublikum: 2017 akkreditierten sich bei der Ruhrtriennale mehr als 240 Kulturschaffende, KünstlerInnen und TheatermacherInnen aus 14 Ländern, darunter Australien, Belgien, Frankreich, Großbritannien, dem Iran, Italien, Japan, den Niederlanden, Österreich, Polen, Russland, der Schweiz und den USA. Von 2015 – 2017 waren es insgesamt rund 730 nationale wie internationale Professionals.

Akkreditierte JournalistInnen: Rund 280 JournalistInnen haben sich zur Ruhrtriennale 2017 akkreditiert, u. a. aus Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Lettland, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen, Russland, der Schweiz, der Ukraine und den USA. Neben umfangreicher Berichterstattung in Print und Online erfolgte auch Radio- und TV-Berichterstattung (u. a. tagesthemen, ttt, Westart). In den drei Jahren der Intendanz kamen rund 930 JournalistInnen aus Deutschland und aller Welt, darunter Australien, Belgien, Bulgarien, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Lettland, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen, Russland, Schweden, der Schweiz, Spanien, Südkorea, der Ukraine oder den USA.

Projektförderer 2017:
innogy-Stiftung für Energie & Gesellschaft — The Good, the Bad and the Ugly
RAG-Stiftung, RAG Montan Immobilien — Projecting [Space[
Stiftung Mercator — Teentalitarismus / Mit Ohne Alles
Kunststiftung NRW — "Three Stages“; "Truck Tracks Ruhr“
NRW.BANK — The Broke ‘N’ Beat Collective
Fonds Podiumkunsten - Dutch Performing Arts
Flanders - State of the Art
Verein der Freunde und Förderer der Ruhrtriennale
Stiftung pro Bochum
Kemnader Kreis
Brost Stiftung