Eine breite Allianz von Verbänden und Institutionen von Rechteinhabern verschiedener Branchen* kritisieren den Referentenentwurf zur Umsetzung der DSM-Richtlinie des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) scharf. Mit dem am 13. Oktober 2020 veröffentlichten Entwurf wird ein Rechtsrahmen geschaffen, der die Intention der DSM-Richtlinie teilweise konterkariert, die europäischen Vorgaben überschießend umsetzt und etablierte Rechtspositionen der Kreativbranche und Rechteinhaber – unabhängig von der individuellen Interessenlage – nicht berücksichtigt.

In diesem Jahr wurden große Teile der Kreativwirtschaft ungleich hart durch die Corona-Krise getroffen; auch in den nächsten Monaten und Jahren werden die Auswirkungen für viele Verwerter und Rechteinhaber deutlich spürbar sein. Umso wichtiger ist es für die deutsche Kreativbranche daher, dass der Gesetzgeber rechtliche Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Wertschöpfungskette – auch auf großen Plattformen – sicherstellt und damit das digitale Lizenzgeschäft stärkt.

Durch den Referentenentwurf werden dagegen marktmächtige global agierende Plattformen weiterhin auf dem Rücken der Rechteinhaber gestärkt und Entwicklungspotentiale der Kreativwirtschaft am Standort Deutschland auf lange Sicht erheblich geschwächt. Die vom BMJV geplanten Regelungen sind in ihrer Ausgestaltung von Ansprüchen und Lizenzverhältnissen praxisfern, untergraben reguläre etablierte und zukünftige Lizenzmärkte, öffnen Missbrauch Tür und Tor und entziehen akzeptierten Branchenlösungen beispielsweise im Urhebervertragsrecht die Grundlage.

Auch die künftig erlaubte Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke im Umfang von bis zu 20 Sekunden je eines Films, eines Laufbildes oder einer Tonspur, bis zu 1.000 Zeichen je eines Textes oder bis zu 250 Kilobyte für Fotos und Grafiken ist europarechtswidrig. Der Gesetzgeber verkennt hier überdies Marktrealitäten und aktuelle Entwicklungen, angesichts derer die Bedeutung kurzer Ausschnitte urheberrechtlich geschützter Werke nicht überschätzt werden kann. Vor dem Hintergrund eines sich zunehmend verändernden Medienkonsums mit immer kürzeren Aufmerksamkeitsspannen lassen sich in einem 20-sekündigen Video-Clip zum Beispiel sämtliche spielprägenden Szenen einer Fußballpartie, Schlüsselmomente von TV-Shows sowie von besonders illustrativen Nachrichten-Meldungen zusammenfassen. 20 Sekunden eines aktuellen Popsongs können einen wesentlichen Teil des Songs abbilden, 20 Sekunden eines Films die Pointe eines Films vorwegnehmen oder eine mühsam aufgebaute Spannung zerstören. Und die freie Nutzung von 1.000 Zeichen einer Textvorlage würde in der Praxis das Leistungsschutzrecht der Presseverleger entwerten. Bei Fotografien und Grafiken geht es sogar um die Nutzung der kompletten Werke und die Größenbegrenzung von 250 Kilobyte deckt praktisch alle Standardanwendungen erlaubnisfrei im Netz ab. Wirtschaftlich profitieren davon nicht zuletzt die Plattformen, die im Sog massenattraktiver Kurz-Clips und Lichtbilder lukrative Geschäftsmodelle entwickelt haben. Gerade im Bereich sozialer Medien bedürfen kurze Ausschnitte urheberrechtlich geschützter Werke und Fotografien daher des besonderen Schutzes.

*Zu den Unterzeichnern aus dem Kreis der Kultur- und Kreativwirtschaft zählen hier: der BVMI – Bundesverband Musikindustrie e.V., der BVPA – Bundesverband professioneller Bildanbieter e. V., die DFL – Deutsche Fußball Liga GmbH, die GVL – Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten, die MPA – Motion Picture Association, die Allianz Deutscher Produzenten e. V., die SPIO – Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e. V., der VAUNET – Verband Privater Medien e. V. , die VG Media – Gesellschaft zur Verwertung der Urheber- und Leistungsschutzrechte von Sendeunternehmen und Presseverlegern und der VUT – Verband unabhängiger Musikunternehmer*innen e. V.

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