Die Zentralkonferenz der Wettbewerbe "Jugend musiziert" sieht die qualitätsvolle Ausbildung des musikalischen Nachwuchses durch die veränderten strukturellen Rahmenbedingungen (G8, Ganztagsschule) stark und akut gefährdet. Anfang November trafen sich in Landshut rund 150 Vertreter der drei Wettbewerbsebenen von"Jugend musiziert" zu einer Konferenz. In deren Rahmen fand in zehn Themenkomplexen ein intensiver Erfahrungsaustausch statt, die Teilnehmer erörterten Konsequenzen für den musikalisch-pädagogischen Auftrag von "Jugend musiziert", beleuchteten Problembereiche, strebten Lösungen an und entwickelten Konzepte für die künftige inhaltliche Planung der Wettbewerbe. Am Ende der zweitägigen Konferenz verabschiedeten die Teilnehmer eine Resolution, die nun veröffentlicht wurde.

Die Resolution im Wortlaut:

"Jugend musiziert" fordert Freiräume für die musikalischen Talente
Der verdichtete Schulalltag bringt Nachwuchsmusiker in Bedrängnis

Seit 50 Jahren steht der Wettbewerb „Jugend musiziert“ für Qualität in der musikalischen Jugendbildung. In seinen drei Ebenen erreicht er jedes Jahr mehr als 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer und ist damit international einer der größten und erfolgreichsten Musikwettbewerbe. „Jugend musiziert“ ist eine einzigartige Institution in der kulturellen Bildungslandschaft. Mit seinen Regularien und Bewertungskriterien hat der Wettbewerb einen Rahmen geschaffen, der künstlerisch und pädagogisch Maßstäbe setzt und musikalische Leistungen bewertbar macht.

„Jugend musiziert“ motiviert Kinder und Jugendliche zu musikalischem Engagement, fördert einen hohen Anspruch an die eigene künstlerische Leistung und leistet einen bedeutenden Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen.

Die veränderten strukturellen Rahmenbedingungen im schulischen Bereich (G8, Ganztagsschule) stellen alle kulturellen Bildungseinrichtungen vor erhebliche Probleme. So beobachten die Organisatoren von „Jugend musiziert“ rückläufige Teilnehmerzahlen, da eine zeitintensive Beschäftigung mit der Musik neben dem sich immer weiter ausdehnenden Schulalltag kaum noch möglich ist.

Damit ist die qualitätsvolle Ausbildung unseres musikalischen Nachwuchses gefährdet.

Daher sind der Projektbeirat und die Landes- und die Regionalausschüsse des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ davon überzeugt, dass das anspruchsvolle Musizieren in der allgemeinbildenden Schule wieder einen höheren Stellenwert erhalten und in die schulischen Strukturen stärker eingebunden werden muss. Sie fordern, im Rahmen des regulären Stundenplans ebenso wie in der Ganztagsbetreuung Freiräume zu schaffen, die den individuellen Instrumental- und Vokalunterricht, das Üben und das Ensemblespiel während des Schultags ermöglichen.

Wir fordern weiterhin die Einbindung und Anerkennung von Wettbewerbsleistungen in den schulischen Kontext, beginnend mit dem Regionalwettbewerb. Im Einvernehmen mit den zuständigen Lehrkräften der allgemeinbildenden Schulen sollen Wege gefunden werden, Wettbewerbsleistungen in den Zeugnissen als besonderen Eintrag und/oder in der Musikzensur zu berücksichtigen. Darüber hinaus soll in allen Bundesländern die Möglichkeit geschaffen werden, individuellen Instrumental- und Vokalunterricht als Wahlpflichtfach anzuerkennen.



In einer gemeinsamen Presseerklärung unterstützen auch die Bundesvereinigung Deutscher Orchesterverbände, der Dachverband des instrumentalen Laienmusizierens, und der Projektbeirat "Deutscher Orchesterwettbewerb" im Deutschen Musikrat diese Resolution.

Aus der Pressemitteilung im Wortlaut:

Seit 1986 werden Orchesterwettbewerbe auf Landes- und Bundesebene durchgeführt und demonstrieren die Vielfalt und Qualität des Laienmusizierens regelmäßig und eindrucksvoll. So nahmen z.B. im Jahr 2012 ca. 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Deutschen Orchesterwettbewerb teil. Um diese einmalige Leistungsschau der nicht-professionellen Musikszene beneidet uns die ganze Welt.

Und dies ist nur die Spitze, die es ohne einen entsprechenden Unterbau nicht geben kann. Die ca. 4 Millionen Laienmusikerinnen und -musiker in Deutschland erfahren durch ihre Vereinszugehörigkeit und das gemeinsame Erlebnis des generationenübergreifenden Musizierens eine besondere Art der gemeinsinnstiftenden Sozialisation. Diese Erfahrungen tragen wesentlich zum Erwerb sozialer Kompetenzen bei und dienen so der Persönlichkeitsbildung.

Gerade bedingt durch die neuen schulischen Rahmenbedingungen beobachten wir allerdings zunehmend in unseren Musikvereinen eine Entwicklung, die den heranreifenden Kindern und Jugendlichen keinen Raum mehr lässt für eine außerschulische sinnvolle Freizeitgestaltung durch das Musizieren in der Gemeinschaft.

Wir sind daher in großer Sorge um den Erhalt und die Pflege unserer in Deutschland so traditionsreichen und die Gesellschaft prägende Laienmusikkultur.

Gezeichnet durch den BDO-Präsidenten Ernst Burgbacher und den Vorsitzenden des Projektbeirats "Deutscher Orchesterwettbewerb" im Deutschen Musikrat