Der Vorsitzende des VUT (Verband Unabhängiger Tonträgerunternehmen, Musikverlage und Musikproduzenten e.V.) und Vorstand des deutschen Musikexportbüros GermanSound AG, Peter James, sieht die europäische Musikindustrie "vor einem völligen Paradigmenwechsel". "Die Majors ziehen sich partiell vom Markt zurück, die Indies können immer weniger mit ihnen kooperieren und neue, erprobte Geschäftsmodelle gibt es noch nicht", sagte er im Rahmen der forward2business-Zukunftsuniversität am 6. Juli 2004. Hier sprach er vor Leipziger Musik- und Medienstudenten über "Die Zeit der Independent Labels".

Dabei warnte er eindringlich vor der Gefahr, dass in dieser schwierigen Phase "Urformen des amerikanischen Imperialismus" in Europas Musikwirtschaft einziehen. Über starke Marken wie Apple und MTV habe man bereits versucht, amerikanische Lösungen auch in Europa durchzusetzen. Am Ende stehe das Prinzip des "total buyout", bei dem starke Marken versuchen, Urheber und Verleger sowie Künstler und Producer einmalig, gering und unabhängig von späteren Erfolgen zu vergüten.

Als einzige Hilfsmittel dies zu verhindern benannte Peter James kollektive Preisverhandlungen und Solidargemeinschaften auf Seiten der Kreativen und kleineren Unternehmen, die sich verstärkt zusammenschließen müssten. Als Beispiel verwies er auf die erfolgreichen Preisverhandlungen im Vergütungsstreit mit MTV, aber auch auf den aktuellen Versuch der Kürzung der Urheberlizenzen durch die IFPI.

"Jetzt handeln, ab 2005 ist nichts mehr drin!"
Ein anderes aktuelles Beispiel sei der Kampf um die Einführung eine Radioquote in Deutschland, bei dem es akuten Handlungsbedarf angesichts der derzeit laufenden GATS-Verhandlungen gebe. Spätestens nach deren Abschluss im kommenden Jahr sei "ein Minderheitenschutz" für "Musik von hier" in der hiesigen Radiolandschaft nicht mehr drin.

In diesem Zusammenhang verwies James auf das wenig ausgeprägte Problembewusstsein der Indies, was ihre Musik mit GATS und Weltpolitik zu tun habe. Einerseits hätten die kleinen Labels durch den partiellen Rückzug der Majors neue Freiräume, andererseits vergäben sie Möglichkeiten. James: "Es wäre zum Beispiel schon vor 2 Jahren richtig gewesen in einer Indie-Solidargemeinschaft ein digitales Warenlager der Independent Label aufzubauen."

Nur mit eigenen Strukturen sei es für die Indies möglich, dauerhaft die Krise zu meistern. "Irgendwann sind irgendwelche Majors wieder im Spiel. Wenn wir bis dahin unsere Position nicht ausbauen, haben wir Chancen vergeben", prognostizierte James. "Wenn außerdem etablierte Künstler mit Hilfe neuer Technologien eigene Unternehmen aufbauen und Markenartikler wie Apple, CocaCola und andere ihr Musikgeschäft selbst in die Hand nehmen, laufen die Indies andernfalls Gefahr, künftig "schlicht übersehen zu werden."