Klare Profilbildung, mehr Qualität im Studium, eine gesellschaftliche Öffnung und die Reduktion der Studierendenzahlen auf Basis des Niveaus von 1998. Das sind die Eckpfeiler für die Weiterentwicklung der Musikhochschulen in Baden-Württemberg, wie sie sich am Ende der „Zukunftskonferenz Musikhochschulen“ darstellen. Der Veränderungsprozess soll nun in einer Art „Exzellenzinitiative für Musikhochschulen“ fortgeführt werden.
„Die „Zukunftskonferenz Musikhochschule“ war ein bundesweit einmaliger Fachdiskurs, bei dem wir alle viel gelernt haben“, sagte Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg am Montag auf der Abschlussveranstaltung in Stuttgart.
In den Monaten zuvor waren in fünf Konferenzen die fachlichen, künstlerischen und gesellschaftlichen Herausforderungen diskutiert worden, vor denen die Musikhochschulen stehen: Immer weniger feste Stellen in Chören und Orchestern; dennoch werden die Studierenden zu wenig auf die Freiberuflichkeit vorbereitet. Die Orientierung am künftigen Solisten steht im Studium zu sehr im Vordergrund. Dagegen müssen Ensemblearbeit, Didaktik und Methodik eine größere Rolle spielen. Neue gesellschaftlich wichtige Themen haben im Fächerspektrum nicht genügend Gewicht. Das quantitative Wachstum der letzten Jahrzehnte ohne entsprechendes finanzielles Fundament beeinträchtigt Studienqualität und Beschäftigtenstruktur. Die Sprachkompetenz von ausländischen Studierenden und die Verständigung über die Kulturkreise hinweg sind ein offenes Problem. Die überregionale Sichtbarkeit der - vergleichsweise kleinen - Musikhochschulen im Land muss verbessert werden. Es gibt zu wenig gesichertes Wissen über den Verbleib und die beruflichen Perspektiven der Absolventen. In all diesen und weiteren Fragen besteht Weiterentwicklungsbedarf, der gemeinsam mit den Musikhochschulen identifiziert wurde. „Nun haben wir uns verständigt, die Herausforderungen gemeinsam anzupacken. Das geht nicht ohne spürbare Veränderungen an allen Standorten.“ sagt Bauer.
„Perspektive 2020 für Musikhochschulen“ fördert Profilierung der Standorte und schafft landesweite Qualitätszentren
Mit den Musikhochschulen hat sich das Ministerium grundsätzlich darauf verständigt, dass hervorragende Qualität und ein vollständiges Angebot im Land Priorität haben. Man setzt auf den qualitativen Erhalt aller Standorte und auf ein vollständiges Fächerspektrum im Land. Dabei werden sich die Standorte aber in weitaus stärkerem Maß als bisher durch Arbeitsteilung, Schwerpunktbildung und Profilierung ihrer Stärken weiterentwickeln.
· Die Musikhochschullandschaft mit ihren fünf Standorten gewährleistet ein exzellentes Vollangebot im Land.
Konkret werden sogenannte Kernfächer - insbesondere Orchesterinstrumente, Klavier, Gesang - weiterhin angemessen an allen fünf Standorten angeboten. Neue gesellschaftlich relevante Fächer wie Elementare Musikpädagogik, Gitarre, Ensembleleitung für Amateurmusik und Weltmusik werden ausgebaut; andere Spezialfächer werden hingegen nur noch an einzelnen Standorten angeboten.
· Die Musikhochschullandschaft in Baden-Württemberg bleibt dezentral, aber sie wird arbeitsteiliger.
Die Studienplätze werden im Interesse von mehr Qualität wieder an die tatsächlich vorhandenen Personalkapazitäten angepasst; dadurch wird die Betreuungsrelation verbessert. Basis sind die 1998 festgelegten Obergrenzen, die um die zwischenzeitlich im Rahmen von „Hochschule 2012“ bewilligten Studienplätze ergänzt werden, soweit die Studiengänge positiv evaluiert wurden. Neue Studienangebote werden durch interne Umstrukturierungen ermöglicht. Die Aufnahmeverfahren werden weiterentwickelt, um die unterschiedlichen Fähigkeiten und Begabungen besser zu berücksichtigen.
· Die Musikhochschullandschaft in Baden-Württemberg wird qualitativ besser.
Um die überregionale Sichtbarkeit zu stärken, kommt ein innovatives Element hinzu: Es werden landesweite Qualitätszentren an jedem Standort ermöglicht. Diese können aus vorhandenen Ansätzen entstehen, wie im Bereich Tanz oder Alte Musik. Gewünscht sind auch neue Zentren, z.B. für Weltmusik oder Ensembleleitung/Amateurmusik. Bauer: „Diese Landeszentren müssen sich in einem wettbewerblichen Verfahren herausbilden. Das Ziel: Die besonderen Stärken der Standorte zu profilieren, so dass sie internationale Ausstrahlung entwickeln können. Man könnte auch sagen: Wir starten eine kleine Exzellenzinitiative für die Musikhochschulen in Baden-Württemberg.“
· Die Musikhochschullandschaft wird ausdifferenzierter und überregional sichtbarer.“
Land und Musikhochschulen finanzieren den Qualitätsprozess gemeinsam
Dank des neuen Hochschulfinanzierungsvertrags „Perspektive 2020“ stehen nun auch Mittel für den Weiterentwicklungsprozess zur Verfügung. Noch vor einem Jahr waren die geplanten Einsparungen auf Grundlage des alten Solidarpaktes II erfolgt. Nun sollen die Musikhochschulen im Zeitraum von 2015 - 2020 am finanziellen Aufwuchs in Höhe von 3 Prozent jährlich partizipieren. In den kommenden 6 Jahren stehen dafür in Summe 28 Millionen Euro zur Verfügung. Davon fließen 11,5 Millionen Euro direkt in die Grundfinanzierung zur Ausfinanzierung des stellenbewirtschafteten Personals. Die weiteren 16,5 Millionen Euro stehen zweckgebunden ausschließlich für den Veränderungsprozess zur Verfügung und sind an Zielvereinbarungen oder den Aufbau der Landeszentren geknüpft.
Zusätzlich zu den Landesmitteln werden auch die Musikhochschulen ihren Beitrag zum Weiterentwicklungsprozess leisten. Sie stellen eigene Ressourcen dafür bereit. Die von deren Seite zu erbringenden finanziellen Beiträge werden im wesentlichen durch Anpassungen der Personalstruktur erfolgen, sowohl bei den Professuren als auch im Mittelbau. Ziel ist in diesem Zusammenhang auch eine Erhöhung des Budgets für Lehrbeauftragte sowie Dauerbeschäftigungsverhältnisse.
Mit der „Perspektive 2020“ werden die Musikhochschulen gut aufgestellt für die Zukunft.
Absätze
Mehr zum Thema