Den Titel OPERNHAUS DES JAHRES teilen sich in diesem Jahr die Oper Frankfurt und das Nationaltheater Mannheim. Das ergab die Umfrage der Zeitschrift «Opernwelt» unter fünfzig unabhängigen Musikkritikern in Europa und den USA. Es werden damit zwei Häuser gewürdigt, die sich durch eine von ihren Intendanten Bernd Loebe und Klaus-Peter Kehr über Jahre hin konsequent gepflegte Ensemblekultur sowie eine Spielplangestaltung zwischen Tradition und Innovation auszeichnen, bei der die Entwicklung der hauseigenen Kräfte im Mittelpunkt steht.

Das Nationaltheater Mannheim zeichnet erneut auch für die URAUFFÜHRUNG DES JAHRES verantwortlich: In dem grotesken Bibliotheks-Alptraum «Esame di mezzanotte» thematisiert die italienische Komponistin Lucia Ronchetti auf humorvolle Weise die Gefahr einer kulturellen Amnesie. Weitere starke Stücke der Spielzeit 2014/15: Beat Furrers Künstleroper «la bianca notte», uraufgeführt in Hamburg, sowie Pascal Dusapins Kleist-Stück «Penthesilea» in Brüssel.

Die WIEDERENTDECKUNG DES JAHRES war in Stuttgart zu besichtigen, wo Jossi Wieler und Sergio Morabito unter dem Titel «Berenike, Königin von Armenien» ein Hauptwerk des Stuttgarter Hofkapellmeisters Niccolò Jommelli (1714-1774) auf die Bühne brachten. Die Oper Stuttgart kann überdies die AUFFÜHRUNG DES JAHRES für sich verbuchen: Andrea Breth inszenierte hier Wolfgang Rihms Kammeroper «Jakob Lenz» als existenzielles Panorama auf der großen Bühne.

Ihre Intensität verdankte diese Produktion maßgeblich dem Bariton Georg Nigl, der für die sehrende Interpretation der Titelpartie zum SÄNGER DES JAHRES gewählt wurde. SÄNGERIN DES JAHRES ist zum dritten Mal nach 2004 und 2010 die Sopranistin Marlis Petersen: An der Bayerischen Staatsoper in München überwältigte sie mit rückhaltloser Hingabe als Alban Bergs Lulu (Inszenierung: Dmitri Tcherniakov). Der Titel NACHWUCHSKÜNSTLERIN DES JAHRES geht an die baskische Sopranistin Elena Sancho Pereg, die in Düsseldorf als Zerbinetta in Strauss’ «Ariadne auf Naxos» für Furore sorgte – seit 2014 ist sie Ensemblemitglied der Deutschen Oper am Rhein.

DIRIGENT DES JAHRES ist zum vierten Mal Kirill Petrenko – diesmal für seine Dirigate als Chef des Bayerischen Staatsorchesters, das, knapp vor der Berliner Staatskapelle, unter seiner Leitung zum zweiten Mal in Folge ORCHESTER DES JAHRES wurde. CHOR DES JAHRES sind die Chorsolisten der Komischen Oper Berlin: Verstärkt durch das Vocalconsort Berlin bildeten sie das Epizentrum von Schönbergs «Moses und Aron» in einer Inszenierung des Hausherrn Barrie Kosky.

REGISSEUR DES JAHRES ist Hans Neuenfels, vor allem für seine erste Puccini-Arbeit – «Manon Lescaut» in München –, aber auch für Strauss’ «Ariadne auf Naxos» an der Berliner Staatsoper. Für die multiperspektivisch gesplitteten, von der Ästhetik der Graphic Novels inspirierten Guckkästen, in denen er bei den Salzburger Osterfestspielen Pietro Mascagnis «Cavalleria rusticana» und Ruggero Leoncavallos «Pagliacci» spielen ließ, wurde Philipp Stölzl zum BÜHNENBILDNER DES JAHRES gewählt. Den Titel KOSTÜMBILDNER DES JAHRES erhält Gianluca Falaschi für den überbordenden Zirkusbarock seiner Kreationen in Lydia Steiers Inszenierung von Pascal Dusapins «Perelà» am Staatstheater Mainz.

Als ÄRGERNIS DES JAHRES empfanden die Kritiker Fehlleistungen rund um die Bayreuther Festspiele – von der «Hügelverbot»-Debatte um Eva Wagner-Pasquier über undurchsichtige Besetzungsänderungen bis zu Missständen in den Bayreuther Archiven.

Mit dem Titel CD DES JAHRES wurde auch die zweite Produktion des Mozart/Da Ponte-Zyklus von Teodor Currentzis und seinem Orchester MusicAeterna gewürdigt: «Così fan tutte» (Sony Classical). Das BUCH DES JAHRES steuerten Christian Gerhaher und Vera Baur mit dem Gesprächsband «Halb Worte sind’s, halb Melodie» bei (Henschel/Bärenreiter).