Ein weißes Blatt Papier, eine gute Idee und Menschen, die mit jeder Menge bürgerschaftlichem Engagement ihren Ort mit einem Kultur-Angebot beleben wollen. Das sind die Zutaten für erfolgreiche Dritte Orte – Zentren für Kunst und Kultur im ländlichen Raum.
In einer aufgegebenen Dorfkneipe, in einem verlassenen Ladenlokal, in der alten Dorfschule, der ehemaligen Synagoge und im verwaisten Kloster ist mit den Dritten Orten neues kulturelles Leben jenseits unserer Metropolen entstanden. 53 dieser Dritten Orte gibt es inzwischen in Nordrhein-Westfalen: 25 Dritte Orte der ersten Generation sind seit fünf Jahren dabei und inzwischen fest etabliert. 28 weitere sind in diesem Jahr dazugekommen und entwickeln gerade ein tragfähiges Konzept, um das kulturelle Leben in ihrem Ort zu bereichern.
Für Samstag, 31. August, hatten alle 53 zum Tag der Dritten Orte eingeladen, um zu zeigen, was sie schon geleistet haben und wie sie sich in den kommenden Jahren weiter entwickeln wollen. In Rheda-Wiedenbrück (Junges Kloster Wiedenbrück), Sendenhorst-Albersloh (Rote Schule), Waltrop (Haus der Bildung, Begegnung und Kultur) und Dortmund (Haus Wenge) machte Kulturministerin Ina Brandes am Tag der Dritten Orte Station.
Ministerin Brandes: „Ganz unterschiedliche Menschen kommen hier zusammen, entwerfen buchstäblich auf einem weißen Blatt Papier erste Ideen für einen Dritten Ort, gestalten etwas miteinander und übernehmen Verantwortung. Das ist Kultur von Menschen vor Ort für Menschen vor Ort und ein hervorragendes Beispiel für gelebte Demokratie und Integration. Denn besonders für die vielen Menschen, die in den vergangenen Jahren aus anderen Ländern zu uns gekommen sind, ist es wichtig, dass sie das Angebot finden, mitzumachen und sich zu engagieren. Es hilft dabei, sich kennenzulernen, Netzwerke zu knüpfen und unsere Sprache zu lernen.“
Besonders eindrucksvoll zeigte sich der Gedanke der Integration am Samstag an der über 1000 Meter langen Tafel am Haus Wenge im Dorfkern von Dortmund-Lanstrop. Beim gemeinsamen Essen rückten die Menschen am Tag der Dritten Orte zusammen, kamen ins Gespräch, motivierten einander, das Adelshaus aus dem 13. Jahrhundert weiter mit Leben und interessanten kulturellen Veranstaltungen zu bereichern.
In den Dritten Orten sind Kleinkunstbühnen, Konzerthäuser, Lesesäle, Galerien, Anlaufstellen und Treffpunkte, Nachrichtenbörsen und Ideenschmieden entstanden. Voraussetzung für die Aufnahme in das Förderprogramm „Dritte Orte – Häuser für Kultur und Begegnung im ländlichen Raum“ waren ein leicht zugänglicher, möglichst barrierefreier Raum, eine moderne technische Ausstattung (etwa mit Internetzugang für alle Besucherinnen und Besucher) und ein gastronomisches Angebot, das niemanden zum Verzehr verpflichtet. Eine Fachjury hat aus über 100 Bewerbungen in der zweiten Förderrunde 28 Orte mit einer vielversprechenden Konzeptidee ausgewählt.
Kulturministerin Ina Brandes: „Kultur ist Lebensqualität. Unsere Dritten Orte sind eine große Bereicherung für das kulturelle Leben der Menschen im ländlichen Raum. Sie schaffen die Gelegenheiten für den persönlichen Austausch – spontan, unmittelbar, selbstverständlich und generationsübergreifend. Ich bin tief beeindruckt und sehr dankbar, mit wieviel Leidenschaft und Engagement so viele Menschen in ihrer Freizeit dazu beitragen, dass das Leben auf dem Lande noch lebenswerter ist.“
Im Jahr 2019 hat die Landesregierung das Dritte-Orte-Programm aufgelegt, 25 Dritte Orte zählen zur ersten Generation. In diesem Jahr kamen 28 neue Dritte Orte der zweiten Generation hinzu. Die Förderung, die in den Jahren 2024 bis 2028 insgesamt 22,5 Millionen Euro beträgt, hatte die Landesregierung im Rahmen des Koalitionsvertrags zugesichert, um das Angebot von Kunst und Kultur im ländlichen Raum zu beleben und attraktiver zu machen. Vereine, Initiativen, Ehrenamtliche, Kommunen und Gemeinden hatten sich beworben und gestalten nun die Orte. Mit klugen Ideen und großem bürgerschaftlichen Engagement zu Orten der Kunst, Kultur – einem einladenden Treffpunkt für alle.
Die Orte der zweiten Generation sind in diesem April in eine einjährige Konzeptentwicklungsphase gestartet, in der den Projektträgern jeweils bis zu 50.000 Euro zur Verfügung stehen. Ein ausgereiftes Konzept ist dann Voraussetzung für die Anschlussförderung in einer dreijährigen Umsetzungsphase mit bis zu 450.000 Euro pro Projekt. Die Orte der ersten Generation befinden sich derzeit in einer Verstetigungsphase: Im ersten Jahr erhalten die Projekte jeweils bis zu 50.000 Euro (2024), im zweiten bis zu 40.000 Euro (2025) und im dritten Jahr bis zu 30.000 Euro (2026).
Hintergrund
In den 1980er-Jahren hat der amerikanische Soziologen Ray Oldenburg den Begriff des Dritten Ortes geprägt. Er beschreibt damit öffentliche Orte für Begegnung und Austausch in Abgrenzung zum Ersten Ort, dem Zuhause, und dem Zweiten Ort, der Arbeit. Im Rahmen des neuen Förderprogramms zeichnet sich eine Kultureinrichtung als Dritter Ort durch die Erfüllung weiterer Merkmale aus – dazu gehören vor allem eine einladende Atmosphäre, verschiedene Nutzungen und die Möglichkeit, spontan und selbstverständlich Dritte Orte zu besuchen und sich dort auch aktiv einbringen zu können.
Mehr Informationen zum Förderprogramm „Dritte Orte – Häuser für Kultur und Begegnung im ländlichen Raum“ gibt es hier.