Knapp drei Jahre nach dem Erwerb der Originalhandschrift von Beethovens Diabelli-Variationen erhält das Beethoven-Haus überraschend eine Zugabe - eine parallel zu Beethovens Meisterwerk entstandene Sammlung von 50 Variationen verschiedener Wiener Künstler. Die seltene Ausgabe war von dem italienischen Beethoven-Sammler Luigi Bellofatto in einem Antiquariat erworben worden. Bellofatto überlässt sie nun der Bibliothek des Beethoven-Hauses als langfristige Leihgabe zum Dank für die Unterstützung, die er für seine eigenen privaten Beethovenstudien erhält.

Bei der Wiener Miniaturensammlung handelt es sich um ein historisches und bibliographisches Unikum von großem Seltenheitswert. Während von Beethovens Werk mindestens zwei Auflagen gedruckt wurden und zahlreiche Exemplare erhalten geblieben sind, erschien die Sammlung der „50 Veränderungen“ nur einmal. Europaweit sind daher nur noch sehr wenige Exemplare überliefert. Das dem Beethoven-Haus überlassene Exemplar bereichert die umfangreiche und vielfältige Spezialbibliothek um ein wesentliches Objekt und schließt eine schmerzliche Lücke in der Sammlung der Erst- und Frühdrucke.

Im Gegensatz zu Beethoven, der mit seinen 33 Variationen über Diabellis Walzer-Thema einen ganzen Kosmos an Ausdrucksmöglichkeiten komponierte, hielten sich 50 weitere in Wien wirkende Komponisten an die Aufforderung des Initiators und Verlegers Anton Diabelli und steuerten nur jeweils eine einzige Variation bei. Diabelli veröffentliche diese Sammlung als zweites Heft 1824, ein Jahr nach dem Erscheinen von Beethovens Werk. Eingefasst von dem gesetzten Thema und einer Coda Carl Czernys reihte er die „50 Veränderungen über einen Walzer für das Piano-Forte“ in alphabetischer Folge der Beiträger aneinander.

Aus dem „Heer der Komponisten“, wie Beethoven Diabellis patriotisches Gemeinschaftsunternehmen ironisch nannte, ragen heute nur noch die Namen Czerny, Hummel, Liszt, Mozart (Sohn), Schubert und Sechter heraus. Angesichts der anderen weitgehend vergessenen Virtuosen, Theoretiker, Pädagogen und so genannten „Dilettanten“ wird einmal mehr deutlich, dass Beethoven sich unbedingt von seinen Musikerkollegen abheben wollte. Zum Beweis seiner herausragenden Stellung komponierte er seine Diabelli-Variationen und schuf damit ein über die Zeiten hinweg wirkendes Meisterwerk.

Am 19. Juni wird die besondere Ausgabe von „Diabellis Künstlervereinigung“ nicht nur zu sehen sein, sie wird unter den Händen von Andreas Staier auch erklingen. Der renommierte Spezialist für historische Tasteninstrumente wird die Beethovenschen Diabelli-Variationen aus einem Hammerflügel spielen und hat daneben auch einige der Wiener Variationen ausgewählt. Zu hören ist außerdem eine Überleitung, die Staier nach Skizzen Beethovens improvisiert.

Die CD-Einspielung, die Andreas Staier im Kammermusiksaal aufgenommen hat, erscheint im Mai. Im Shop des Beethoven-Hauses ist sie bereits jetzt zu haben.