Eine musikalische Ausbildung ist für Kinder der ideale Start in ein erfülltes Leben. Diese Erkenntnis ist das Fazit einer wissenschaftlichen Studie, die der international renommierte Hirnforscher Professor Dr. Ernst Pöppel mit dem Musikwissenschaftler Prof. Dr. Dr. Lorenz Welker und seinem Team soeben an der Ludwig-Maximilians-Universität München abgeschlossen hat. In der Untersuchung konnte erstmals nachgewiesen werden, dass das Erlernen eines Instruments und gemeinsames Musizieren beste Voraussetzungen schaffen, damit junge Leute zu geistig und emotional ausgereiften Menschen heranwachsen. Die Studie hat auch gezeigt, dass sich bei Musikschülern das Sozialverhalten deutlich besser entwickelt als bei nicht musizierenden Altersgenossen. Aus den Ergebnissen der Untersuchung lassen sich bislang kaum beachtete Transfer-Effekte ableiten, die nicht nur dem Schul- und Erziehungssystem neue Impulse geben werden, sondern darüber hinaus auch innovative Lösungen für viele gesellschaftliche Probleme anbieten.

Erfahrungen mit dem »Hofer Modell«

Initiator der Studie war das »Kulturunternehmen Hofer Symphoniker«, das in einem bundesweit einmaligen Modell seit nunmehr 30 Jahren sein professionelles Orchester mit den angeschlossenen Einrichtungen einer Musikschule, Kunstschule und Suzuki-Akademie verknüpft hat. Die Erfahrungen in diesem musikalischen Biotop, in dem über 1.000 Schüler und Erwachsene von ca. 100 Orchestermusikern und Pädagogen betreut werden, sind außerordentlich positiv. Die Früchte dieser Arbeit zeigen sich aber nicht nur in der erstklassigen musischen Ausbildung der einzelnen Teilnehmer, die selbst bei internationalen Wettbewerben Spitzenplätze belegen, sondern auch in ihren schulischen bzw. beruflichen Leistungen.

Mit überdurchschnittlich guten Berufserfolgen und auffallend vielen Bestnoten an den Gymnasien, Real- und Grundschulen unterscheiden sich die jungen Leute deutlich von gleichaltrigen Nichtmusikern. Die herausragenden Leistungen spiegeln sich zwar vor allem in den musischen Fächern wider, doch überraschenderweise auch im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht, bei den Sprachen – und sogar im Sport, wo es z.B. ein Gymnasiast, der im Jugend-Symphonieorchester Cello spielt, zum Bundesliga-Ringer gebracht hat.

Wo immer die im – inzwischen vielfach ausgezeichneten – »Hofer Modell« ausgebildeten Musikschüler in Erscheinung treten, überzeugen sie durch ihre hohe musikalische, schulische und berufliche Qualifikation. Doch fast noch verblüffender ist eine ganz andere Erfahrung: Die jungen Musiker und Sänger entwickeln ein auffallend positives Sozialverhalten - erkennbar an dem außergewöhnlich starken Engagement der Schüler für gemeinnützige Ideen. Die musische Erziehung hat offensichtlich zur Folge, dass auch die Fähigkeit für emotionale Erlebnisse, für den Aufbau von Beziehungen und für die Entwicklung von sozialen Werten wie Verantwortung und Solidarität erheblich gefördert wird.

Ein seit 2002 laufendes Experiment mit Perkussionsunterricht an der Hofer Sophien-Grundschule, einem sozialen Brennpunkt mit extrem hohem Anteil an Ausländerkindern und allein erziehenden Eltern, ist wegen der überaus positiven Ergebnisse inzwischen zum Vorzeige-Projekt geworden: Im gemeinsamen Rhythmus der Perkussion stieg das Konzentrationsvermögen der Schüler, das Aggressionspotenzial wurde abgebaut, und die Kinder erlernten soziale Kompetenzen wie Zuverlässigkeit, Fairness und die Fähigkeit zur Integration.

Die jahrelangen Erfahrungen mit dem »Hofer Modell« erschienen den Verantwortlichen wichtig genug, um ihre Beobachtungen und Vermutungen in einer wissenschaftlichen Untersuchung überprüfen zu lassen. Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie die Oberfrankenstiftung finanzierten die Studie, mit der Professor Dr. Pöppel beauftragt wurde.

Das Forscherteam um Dr. Pöppel setzte sich 18 Monate lang mit den Folgen der intensiven Musikausbildung auf die mentale, emotionale und soziale Kompetenz der Hofer Schüler auseinander. Dabei kamen psychologische Tests und standardisierte Messmethoden ebenso zum Einsatz wie – als bildgebendes Verfahren – die Kernspin-Tomografie, die – bei jeweils unterschiedlichen emotionalen Musik- und Sprachreizen – neue Einblicke in das Gehirn lieferte. Aufgrund der dabei erzielten Ergebnisse ist es zum ersten Mal möglich, wissenschaftlich fundierte Aussagen über die Wirkung einer intensiven Musikausbildung auf die Leistungs- und Persönlichkeitsmerkmale Heranwachsender (Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Intelligenz, Leistungsmotivation, soziale Integration usw.) zu machen. Das Münchener Forscherteam fasste die Erkenntnisse aus der Studie in folgenden sieben Thesen zusammen:

Sieben Thesen – und verblüffende Transfer-Effekte