Weltkarte Exilkomponisten
Weltkarte Exilkomponisten  
Foto:  Kartographie Jochen Schiewe und Anna-Lena Kornfeld, HCU Hamburg

Die Verfolgung von Musikerinnen und Musikern durch das nationalsozialistische Regime und deren globale Konsequenzen stehen im Mittelpunkt des neuen Langzeitforschungsvorhabens »NS-Verfolgung und Musikgeschichte«. Ziel des Forschungsprojekts ist es, in den kommenden 18 Jahren die Musikgeschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts vor dem Hintergrund der NS-Verfolgung zu revidieren und zu vervollständigen.

Das Langzeitvorhaben der Akademie der Wissenschaften in Hamburg, das in Kooperation mit der Universität Hamburg und mit der Hochschule für Musik und Theater München (HMTM) durchgeführt wird, nimmt am 1. Januar 2025 seine Arbeit auf. Prof. Dr. Friedrich Geiger, Professor für Historische Musikwissenschaft am Musikwissenschaftlichen Institut der Hochschule für Musik und Theater München (HMTM) und Forschungsdekan der HMTM, wird die Gesamtleitung übernehmen. Bis zum Ende des 18-jährigen Förderzeitraums am 31. Dezember 2042 stehen Fördermittel in Höhe von 7,9 Millionen Euro zur Verfügung.

Prof. Dr. Friedrich Geiger, Projektleiter und Leiter der Arbeitsstelle an der HMTM: »Ich freue mich sehr, dass unser Vorhaben bald im Akademienprogramm seine Arbeit aufnehmen kann. Die Forschung zur NS-Verfolgung von Musikern und Musikerinnen wird damit auf eine ganz neue Grundlage gestellt – in intensiver Zusammenarbeit mit den internationalen Initiativen zum Thema. Die Kooperation von Universität und Musikhochschule in einem gemeinsamen Langzeitprojekt gewährleistet dabei einen produktiven Austausch zwischen Wissenschaft und künstlerischer Praxis. Für beide Bereiche ist genaueres Wissen über die Dimensionen der Zerstörung und ihre langfristigen globalen Konsequenzen nötiger denn je – gerade angesichts zunehmender Bedrohung durch autoritäre Regime.«

Für die HMTM ist dieses Projekt der Akademie der Wissenschaften in Hamburg in Kooperation mit der Universität Hamburg ein zentraler Baustein der Forschungsaktivitäten im Schwerpunkt »Musik und Diktatur«. In Verbindung mit den Forschungen am Ben-Haim-Forschungszentrum der HMTM entsteht in München damit ein Zentrum für Forschungen zu NS-verfolgten Musikerinnen und Musikern. Die wissenschaftliche und künstlerisch-praktische Auseinandersetzung mit diesem Thema gehört für die HMTM zu ihrem Verständnis einer kontinuierlichen und aktiv gelebten Erinnerungsarbeit.

Zum Projekt »NS-Verfolgung und Musikgeschichte«

Die Verfolgung von Musikerinnen und Musikern durch das NS-Regime hat massiv, dauerhaft und weltweit auf das immaterielle Kulturgut Musik eingewirkt. In Deutschland ebenso wie in den annektierten und besetzten Ländern kam es zu erheblichen Verlusten, im Exil aber auch zu produktiven Entwicklungen in allen Bereichen des Musiklebens. Im Zentrum des Projekts »NS-Verfolgung und Musikgeschichte. Revisionen aus biographischer und geographischer Perspektive« stehen drei Anliegen:

  • exemplarisch zu rekonstruieren, welchen Beitrag Verfolgte zum Musikleben der Zwischenkriegszeit geleistet haben;
  • die Zwangsmigration und das Wirken der vertriebenen Musikerinnen und Musiker an den wichtigsten Zielorten zu erschließen;
  • die Transferdynamik zwischen den Geflüchteten und den Musikkulturen der Exilländer mit ihren nachhaltigen Folgen bis in die Gegenwart zu analysieren.

Dabei konzentriert sich das Forschungsprojekt auf Musikerinnen und Musiker, die aus dem deutschsprachigen Raum stammen. Die personenbezogenen Erkenntnisse daraus werden in das Online-Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit (LexM) einfließen, das über die Website der Universität Hamburg bereits frei zugänglich ist. Das LexM ist das derzeit wichtigste Forschungsinstrument zum Thema. Es wird in das neue Forschungsprojekt integriert und wesentlich erweitert.

Weitere Informationen zum Projekt: https://www.awhamburg.de/forschung/langzeitvorhaben/ns-verfolgung-und-musikgeschichte.html

Erinnerungsarbeit an der HMTM

Die Hochschule für Musik und Theater München fördert und unterstützt erinnerungskulturelle Arbeit ausdrücklich und sieht diese als Teil ihres Bildungsauftrags. Durch Vernetzung und Kooperationen, durch Diskussionsveranstaltungen, Konferenzen und Konzerte, Performances und Produktionen macht die HMTM diese Erinnerungsarbeit sichtbar und schafft Verbindungen in die Gesellschaft.

Der Forschungsschwerpunkt »Musik und Diktatur«, vertreten durch Prof. Dr. Friedrich Geiger am Musikwissenschaftlichen Institut der HMTM, gibt zentrale Impulse für eine kritische Auseinandersetzung mit der geschichtlichen, gesellschaftlichen und politischen Dimension künstlerischer Tätigkeit. Das Ben-Haim-Forschungszentrum der HMTM unter Leitung von 
Dr. Tobias Reichard verbindet musikwissenschaftliche Forschung mit musikalischer Praxis im Zusammenhang mit jüdischer Musik, verfolgten Musiker*innen und dem Nationalsozialismus. Weitere Forschungsvorhaben in diesem Kontext sind an der HMTM geplant.

Weitere Informationen: https://hmtm.de/

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