Martin Luther hatte 1543 dazu aufgerufen, die Synagogen der Juden zu verbrennen und sie aus dem Land zu treiben: "Drum immer weg mit ihnen!“. Luthers theologisch begründeter Judenhass und sein Aufruf zur Gewalt an Juden blieben über Jahrhunderte in der lutherischen Kirche und in den Gebieten der Reformation wirksam. Heute hat sich die Evangelische Kirche von diesem Teil von Luthers Lehre verabschiedet und betrachtet seine antijüdischen Schriften als "Dokumente der Schande“. Doch die Popularität von Bachs Musik verleiht dem unaufgeklärten Luthertum des Barock weiter eine Stimme und macht auch dessen antijüdische Botschaften weiter hörbar, wie die Rezeptionsgeschichte besonders von Bachs Passionen beweist. Dass deren Wiederentdeckung gerade der Bach-Liebe und Bachpflege eines bürgerlichen Judentums zu verdanken ist, dass Juden maßgeblich Anteil an der "Bach-Renaissance“ hatten, die bis heute fortwirkt, gehört zu den geschichtlichen Ironien, denen sich die Ausstellung "Luther, Bach – und die Juden“ seit dem 24.6. widmet.

In einem ersten Teil der Ausstellung geht es um Luthers Judenfeindlichkeit und dessen Nachwirken im Bach-zeitlichen Luthertum. Thematisiert wird Bachs Interesse an jüdischer Geschichte und dem (Anti-)Judaismus – belegt durch die Bücher in seiner "Theologischen Bibliothek“ – und die immer wiederkehrende Frage, ob Bachs Passionen judenfeindlich sind. Ein zweiter Teil widmet sich am Beispiel der Itzig- und der Mendelssohn-Familie sowie von Persönlichkeiten wie Joseph Joachim der Bach-Pflege im jüdischen Bürgertum des 19. Jahrhunderts und ihrer Bedeutung für die Bach-Renaissance. Die Ausstellung liefert zugleich einen Nachtrag zum Themenjahr 2013 der Reformations-Dekade "Reformation und Toleranz“. "Die Diskussion, ob die Evangelische Kirche von ihren Marketingfachleuten gut beraten war, die Person Luthers in den Vordergrund ihrer Reformationsfeierlichkeiten 2017 zu stellen, können wir nicht wiederholen – wohl aber rechtzeitig vor deren Beginn daran erinnern“, meint Bachhaus-Direktor Dr. Jörg Hansen, Kurator der Eisenacher Ausstellung.

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