In unserer Zeit hat das Reisen eine große Bedeutung. Man reist, um Verwandte oder Freunde zu besuchen, um Abstand vom Alltag zu gewinnen oder aus geschäftlichen Gründen. Musiker reisen, um ihre Kunst möglichst vielen Menschen auf der Welt näherzubringen. So waren z.B. Wolfgang Amadeus Mozart oder Felix Mendelssohn Bartholdy ständig auf Konzertreisen. Wie war das aber bei Beethoven? Zweimal hat er sich auf die lange Reise von Bonn nach Wien begeben, um beim zweiten Mal für immer dort zu bleiben. Warum war er ansonsten unterwegs und wohin? Wie reiste man damals überhaupt? Zu Fuß, mit dem Schiff oder per Postkutsche? 

In der neuen Ausstellung des Beethoven-Hauses können die Besucher Beethoven auf seinen Reisen begleiten. Dazu tragen zeitgenössische bildliche Darstellungen wie Stadt- und Gebäudeansichten, Stadtpläne, Landkarten oder Meilenzeiger bei, die Eindrücke vermitteln, wie sie Beethoven gehabt haben muss. 

Beethoven reiste relativ wenig. Das hatte vor allem mit seiner zunehmenden Schwerhörigkeit zu tun, die auch das Reisen maßgeblich erschwerte und einen Reisebegleiter nötig machte, den er in seinem Freundeskreis nicht immer fand. Deswegen verzichtete Beethoven gerade in seinen letzten 10 Lebensjahren auf Reisen etwa nach London, die künstlerisch und finanziell höchst lukrativ gewesen wären. Auch diese nicht ausgeführten Reisepläne (Polen, Italien, Frankreich, England) werden in der Ausstellung thematisiert.

Beethoven machte keine Wunderkind-Karriere wie Wolfgang Amadeus Mozart, der rund ein Drittel seines gesamten Lebens unterwegs war. Sein erstes öffentliches Konzert gab der siebenjährige Beethoven in Köln, als Zwölfjähriger fuhr er mit seiner Mutter privat nach Rotterdam und machte einen Abstecher nach Den Haag, wo er im Buitenhof (dem heutigen niederländischen Parlamentsgebäude) für Fürst Willem V. von Nassau-Oranien spielte und ein stattliches Honorar erhielt. 1787 reise er zum ersten Mal nach Wien, um Schüler Mozarts zu werden. Doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht. 

Mit dem Kurfürsten Maximilian Franz machte Beethoven 1791 seine einzige nachgewiesene Dienstreise nach Mergentheim, der Residenz des Deutschen Ordens, dessen Hochmeister der Kurfürst war. Um die Gäste, die zum Generalkapitel erschienen, und sich selbst gut zu unterhalten, hatte dieser einen Großteil seiner Bonner Hofmusiker mitgenommen. 

Ein Jahr später reiste Beethoven ein zweites Mal nach Wien, um nun Schüler von Joseph Haydn zu werden. Es war eine Reise ohne Wiederkehr. 1796 hatte er sich in Wien und in den Adelskreisen so weit etabliert, dass er eine große Konzertreise nach Prag, Dresden, Leipzig und Berlin unternehmen konnte. Die beiden Sonaten für Klavier und Violoncello op. 5 wurden eigens für diese Reise komponiert, und Beethoven hat sie vor König Friedrich Wilhelm II. uraufgeführt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er auf eine feste Anstellung am Preußischen Hof hoffte. Beethoven logierte damals übrigens im ersten Hotel am Platze. Die Reise war so erfolgreich, dass er wenige Monate nach seiner Rückkehr nach Wien wieder aufbrach und nach Preßburg und Budapest reiste. Vier Jahre später gab er dort neuerlich Konzerte, diesmal mit einem der berühmtesten Musiker seiner Zeit, dem Hornisten Punto. Einen Sommer verbrachte er zudem bei einem Mäzen in Schlesien. 

Am meisten weiß man über Beethovens Kurreisen nach Böhmen in den Jahren 1811 und 1812. Bei der zweiten traf er mehrfach mit Johann Wolfgang von Goethe zusammen. Danach war seine Reiselust versiegt. Ein halbes Jahr vor seinem Tod besuchte er seinen Bruder, der 80 km westlich von Wien lebte. Der Aufenthalt war höchst unerfreulich. Beethoven reiste trotz Kälte überstürzt im offenen Wagen ab, worauf er gesundheitlich schwer angeschlagen in Wien ankam. Von dieser Erkrankung sollte er sich nicht mehr erholen.

Die Sonderausstellung widmet sich diesem spannenden Thema mit einer Vielzahl von ausgewählten Exponaten. Zu sehen sind etwa der älteste erhaltene Beethoven-Brief sowie weitere Originalhandschriften, Erstausgaben, aber auch ein Posthorn, ein Reiseklavichord und ein Guckkasten (Leihgabe der Camera Obscura, Mülheim a.d. Ruhr). Guckkästen waren zu Beethovens Zeit eine Jahrmarktattraktion. Sie ermöglichten all jenen Menschen Einblicke in fremde Landschaften und Städte, die gar nicht oder zumindest nicht weit reisen konnten.

Ein Leitfaden liegt in der Ausstellung bereit und kann auch im Internet vorab heruntergeladen werden:
http://www.beethoven-haus-bonn.de/sixcms/media.php/75/Kurzf%C3%BChrer.8052.pdf