„Abenteuer Neue Musik“ heißt der Untertitel des Sommerkurses für zeitgenössische Kammermusik, den die Jeunesses Musicales Deutschland zum vierten Mal in bewährter Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Conservatoire Lyon durchführte. Bewährt ist auch der regelmäßige Wechsel des Austragungsortes, der diesmal im französischen Alpenstädtchen Chambéry lag. Ein Abenteuer ist „Jeunesse Moderne“ auch für die Veranstalter immer wieder – zum Glück nicht finanziell, haben sich doch die Förderer bis 2006 zu einem kontinuierlichen Engagement entschlossen: Die Allianz Kulturstiftung, die französische Musikverwertungsgesellschaft SACEM und das Deutsch-Französische Jugendwerk sind die hauptsächlichen Förderer. Dazu kommen eine Zuwendung des Europafonds der Verwertungsgesellschaften FESAM und Leistungen des Instituts für Kulturelle Innovationsforschung Hamburg (IKI). Ein Abenteuer ist die Tour d’Horizon durch das zeitgenössische Kammermusik-Repertoire, die das künstlerische Direktorium jeweils für den Kurs unternimmt: Martin Christoph Redel, Bundesvorsitzender der JMD, Henry Fourès, Direktor des Konservatoriums Lyon, und Reinhard Flender, Direktor des IKI an der Hamburger Musikhochschule – alle drei sind selbst Komponisten. Ein Abenteuer mehr ist die Entdeckung eines jeweils dritten, als Gast eingeladenen Landes, dessen Musikkultur neue Ausblicke erlauben soll – diesmal war es Portugal auf Einladung Frankreichs. Ein Abenteuer ist jedes Mal die Erteilung von Kompositionsaufträgen an junge Komponisten aus allen drei Ländern: Annette Schlünz (Deutschland), Daniel Hugo Sprintz (Frankreich) und Patrici Suceda Almeida (Protugal) studierten ihre Werke selbst mit den Teilnehmern der Akademie ein. Das Abenteuer wagen vor allem aber die jungen Musiker und Musikerinnen aus Deutschland, Frankreich, Portugal, Österreich und der Schweiz, die 10 Tage lang mit einem hochkarätigen Dozententeam die Klangwelten zeitgenössischer Musik erkunden und dabei erstaunliche Entdeckungen machen.
„Das Spiel zeitgenössischer Werke wird bei Wettbewerben wie „Jugend musiziert“ oder Aufnahmeprüfungen verlangt. Eine kritische und ausführliche Auseinandersetzung mit der sogenannten „modernen Musik“ findet im Unterrichtsalltag an Musikschulen und Musikhochschulen meiner Erfahrung nach jedoch nur unzureichend statt. Umso spannender gestaltete sich für mich die Zielsetzung von Jeunesse Moderne: eine Akademie für zeitgenössische Kammermusik, deren Grundlage Werke des 20. und 21. Jahrhunderts bilden, die von täglich stattfindenden Improvisationskursen, Instrumentenworkshops und Vorträgen ergänzt werden.
Gerade die Improvisationskurse stellten für mich anfangs eine Herausforderung dar. Sie konfrontierten mich, als eine an Noten, Tempoangaben und Dynamikvorschriften gewöhnte Musikerin, mit dem spontanen Erschaffen von Klängen und Geräuschen fernab von dem mir bekannten Spiel. Es durfte auf den Instrumenten gekratzt, geschlagen und verkehrt herum gespielt werden; dem Einfallsreichtum jedes Einzelnen waren keine Grenzen gesetzt. Schnell verwandelte sich meine anfängliche Unsicherheit in Erstaunen. Es wurde mir die Möglichkeit geboten, einen Raum zu nutzen, der mir sonst nahezu verschlossen bleibt; mit Klängen zu experimentieren, zusammen mit den Anderen etwas zu erschaffen, Musik ohne das Vorhandensein von Noten als Ausdruck von Emotionen, Situationen und Gemeinsamem zu erleben.
Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelte sich während der zehn Tage, die wir zusammen im August in Chambéry am Fuße der französischen Alpen verbrachten, bei bunten Abenden, spontanen Jazz-Sessions, gemeinsamen Ausflügen und den drei unsere Arbeit abschließenden Konzerten. Vor allem die täglich stattfindenden Kammermusikproben hatten internationalen Charakter, in Besetzung wie auch Sprache. Insgesamt waren wir 40 junge Teilnehmer, Schüler und Studenten, aus fünf verschiedenen Ländern: Frankreich, Deutschland, Österreich, der Schweiz und Portugal. Neben einem Organisationsteam, einem dreiköpfigen Direktorium und den drei Komponisten, die von Jeunesse Moderne einen Kompositionsauftrag erhalten hatten, wurde die Akademie von weiteren sieben Dozenten begleitet. Gerade durch diese im Umgang mit zeitgenössischer Musik erfahrenen, im Konzertleben stehenden oder als Komponisten tätigen Musiker konnte für mich eine intensive Auseinandersetzung mit dem Erfahren und Erarbeiten der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts sowie neuen, dem klassischen Musiker unbekannten Spieltechniken und fremden Klangwelten erreicht werden. Für mich persönlich hat Jeunesse Moderne eine Bereicherung dargestellt, weiteres Interesse am Interpretieren zeitgenössischer Werke und vor allem am Experimentieren geweckt. Und vielleicht sehen wir uns ja alle nächstes Jahr in Weikersheim wieder, bei Jeunesse Moderne 2005...“.
Miriam Schmitz
Eine brandneue CD von „Jeunesse Moderne“ liegt soeben vor. Sie beinhaltet mit einer Spieldauer von 66 Minuten Konzertmitschnitte der Uraufführungen der Auftragswerke der Jahre 2001-2003 (Tobias PM Schneid, Vincent Carinola, Moritz Eggert, Frédéric Pattar, Benjamin Schweitzer, Daniel d’Adamo und Aleksander Kosciow) und ein informatives Booklet. Sie ist für einen Unkostenbeitrag von 10 beim JMD Generalsekretariat in Weikersheim zu beziehen.
Absätze