Das Musikfest Stuttgart kann auf eine sehr erfolgreiche erste Festivalsaison unter seiner neuen programmatischen Ausrichtung zurückblicken: Mehr als 34.000 Menschen besuchten die über 60 Veranstaltungen des Festivals. Intendant Christian Lorenz ist glücklich über einen Besucherzuwachs von ca. 16% gegenüber dem Vorjahr. »Der Trend des Besucherrückgangs konnte somit auf eindrucksvolle Weise umgekehrt werden.«

Am Wochenende, dem 19. und 20. September 2009, endet das Musikfest Stuttgart mit einem Gesprächskonzert und der Aufführung von Felix Mendelssohn Bartholdys »Lobgesang« und Benjamin Brittens »Les Illuminations«. Helmuth Rilling leitet die Gächinger Kantorei Stuttgart und das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR. Es singen Mojca Erdmann, Juliane Banse, Anke Vondung, Christoph Prégardien. »Natürlich ist es traurig, auf die geplante neue Schöpfung von Wolfgang Rihm verzichten zu müssen. Aber diese beiden Werke von Britten und Mendelssohn sind ein fulminanter Abschluss unseres Musikfestes. Sie passen inhaltlich perfekt und unsere erstklassige Sängerbesetzung bleibt ein Glücksfall für dieses Wochenende!« schwärmt Helmuth Rilling.

Aus dem ehemaligen Europäischen Musikfest ist das Musikfest Stuttgart geworden. In diesem Jahr stand das Musikfest Stuttgart ganz im Zeichen des LICHTS – ein Thema, das viele Assoziationen erlaubt, aber auch poetische und experimentelle Deutungen zulässt. Alle Künstler, die im Rahmen des Musikfestes Stuttgart auftreten sind, haben sich dieses Thema zu eigen gemacht und Programme entwickelt, die in dieser Form nur in Stuttgart zu hören waren. Zwei Lichtinstallationen des Berliner Lichtdesigners Goetz Lemberg – an der Fassade des Kunstmuseums und am LBBW Hochhaus in der Heilbronner Strasse – haben das Festival-Thema im Stadtbild deutlich sichtbar gemacht.

Insgesamt konnte die Bachakademie bei sieben Musikfest-Konzerten »ausverkauft« vermelden. Besonders erfreulich war die gute Akzeptanz der experimentellen Konzertformate und der neuen Spielstätten. »Unser neues Konzept, Konzerte an außergewöhnlichen Veranstaltungsorten zu ungewöhnlichen Zeiten mit einem fein auf das Festivalthema abgestimmten Programm zu präsentieren, das durchaus auch sinnliche Komponenten birgt, ist sehr gut angenommen worden«, bestätigt Intendant Christian Lorenz. »Dass fast 300 Frühaufsteher das erste Sonnenaufgangskonzert in der Berger Kirche mit dem armenischen Chor besuchten, hat uns schier überwältigt«.

Das Sonnenaufgangskonzert mit dem Jazz-Saxofonisten Bernd Konrad auf dem Fernsehturm und das Konzert des David Orlowsky Trio in den Wagenhallen am Nordbahnhof war schon lange vor Beginn des Musikfestes ausverkauft. Die sechs Lunch-Konzerte, in denen Sir Roger Norrington und Robert Levin mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR Haydns Londoner Sinfonien interpretierten, erreichten beim Publikum »Kultstatus«.

Auch das Rosamunde Quartett im Fruchtkasten, die 12 Cellisten, die wegen der Sperrung des Stuttgarter Flughafens erst mit eineinhalbstündiger Verspätung ihr Konzert beginnen konnten, und das Fazil Say Trio spielten vor ausverkauften Sälen. Bis weit nach Mitternacht begeisterten Fazil Say, Patricia Kopatchinskaja und Burhan Öcal mit einem Improvisationsprogramm ihr Publikum in den Wagenhallen. Viele Besucher stimmten sich bei spätsommerlichen Temperaturen an den großen Feuerstellen vor den Wagenhallen auf den außergewöhnlichen Abend ein.

Zu den Höhepunkten des Musikfestes gehörten die drei Wochenenden, die jeweils Georg Friedrich Händel, Felix Mendelssohn Bartholdy und Joseph Haydn gewidmet waren, deren Jahrestage die Musikwelt 2009 feiert. Helmuth Rilling und das Festivalensemble Stuttgart eröffneten das Musikfest mit einer Aufführung von Händels »Messiah«. Einen Tag später stand der »Messiah« des schwedischen Komponisten Sven-David Sandström auf dem Programm, der im Auftrag der Bachakademie und des Oregon Bach-Festivals das Messiah-Libretto von Charles Jennens neu vertont hat. Die beiden Messiah-Konzerte waren gleichzeitig der Abschluss der Deutschland-Tournee des Festivalensembles Stuttgart, mit Aufführungen im Rahmen des Rheingau Musikfestivals, in Berlin und Homburg. Das von E.on großzügig unterstützte Ensemble ist in diesem Jahr zum letzten Mal in dieser Form aufgetreten.

Das mittlere Wochenende des Musikfestes war Felix Mendelssohn Bartholdy und seiner Kirchenmusik gewidmet. Im Mittelpunkt standen acht seiner Psalmvertonungen, denen Neukomposition gegenüber gestellt wurden –Auftragskompositionen der Bachakademie. Die Entscheidung für Komponisten der jüngeren Generation aus ganz Europa - Martin Smolka (Tschechien), Brice Pauset (Frankreich), Jaakko Mäntyjärvi (Finnland), Joseph Phibbs (England) und Victoria Borisova-Ollas (Russland) – zeigte ein weites Spektrum der musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten, die von meditativen Klangflächen über zwölftönige a-cappella Sätze bis zur Lösung und freien Handhabung der Psalmen-Textvorlage reichte.

Die Psalmen-Konzerte wurden sowohl von Stuttgarter Ensembles wie dem SWR Vokalensemble, Cantus Stuttgart und dem Stuttgarter Kammerorchester, als auch von Gästen wie dem RIAS Kammerchor, dem Rundfunk Sinfonieorchester Berlin, der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern und dem Akademische Kammerchor Uppsala interpretiert.

Die Verleihung des ersten Helmuth-Rilling-Preises an die venezolanische Dirigentin Maria Guinand war ein weiterer emotionaler Höhepunkt des Musikfestes. Gewürdigt werden mit dem mit 20.000 Euro dotierten Dirigenten-Preis herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Chorsymphonik. In seiner Laudatio ließ Helmuth Rilling seine Begegnungen mit der venezolanische Kollegin Revue passieren und würdigte das große soziale Engagement der Künstlerin. Maria Guinand wird einen Teil ihres Preisgeldes für soziale Projekte »Construir Cantando« und das Projekt »Music for Social Action« verwenden. »Ich bin interessiert an Menschenbildung, Toleranz und Selbstwertgefühl, das möchte ich den jungen Menschen weitergeben«, beschrieb die Dirigentin, die Chordirigieren als ihre Berufung bezeichnete, ihr Engagement in den Favelas.

Thema des Musikfestes Stuttgart 2010 ist die NACHT. Das Festival findet vom 28. August bis 19. September 2010 statt. Das detaillierte Programm wird im Frühjahr 2010 veröffentlicht.

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