Wolfgang Amadeus Mozart wird vermutlich im nächsten Jahr von vielen Musikfestivals anlässlich seines 250. Geburtstages gewürdigt, aber wohl nur wenige davon, zumindest in Deutschland, werden sich dem Andenken und Werk des großen Komponisten so umfassend und spartenreich widmen wie die Festspiele Europäische Wochen Passau. Sie stehen unter dem Motto „Hommage an Mozart“.

Ausschlaggebend für diese besondere Huldigung ist u. a. die Tatsache, dass der sechsjährige Mozart mit seinen Eltern und seiner Schwester Nannerl die Dreiflüssestadt auf dem Weg nach Wien mit einem fünftägigen Besuch beehrte. Zweck der Visite im Fürstbischof Joseph Maria Graf von Thun-Hohenstein die musikalische Aufwartung September 1762 war es, dem damaligen zu machen. Mit eine Rolle spielte bei der Programmgestaltung durch den Intendanten Pankraz Freiherr von Freyberg auch folgende Besonderheit: Nahezu alle späten Mozart-Opern (außer „Così fan tutte“) wurden schon kurz nach ihrer jeweiligen Uraufführung am seinerzeit neuen Fürstbischöflichen Opernhaus in Passau (heute Stadttheater) unter dem aufgeklärten Fürstbischof Joseph Franz Anton Graf von Auersperg aufgeführt.

Aus Liebe zu Mozart, aber wohl auch wegen des historischen Bezuges Passaus zu dem Komponisten und wegen des hohen Ansehens der dort angesiedelten Festspiele hat sich die weltweit gefeierte Star-Sopranistin Kammersängerin Edita Gruberova bereiterklärt, die Schirmherrschaft für die Europäischen Wochen zu übernehmen. Den Festvortrag wird kein Geringerer als der Musikkritiker und -historiker Professor Dr. Joachim Kaiser halten.

Das von Festspielintendant Dr. Pankraz Freiherr von Freyberg zum Themenkreis „Mozart“ präsentierte Programm, an dem sowohl internationale als auch regionale Künstler beteiligt sind, beinhaltet 60 Veranstaltungen aus den Bereichen Oper, Chor-, Solo-, Symphonie- und Kammerkonzert, Theater, Pantomime, Lesung, Film, Ausstellung, Podiumsdiskussion und Vortrag, die grenzüberschreitend vorwiegend in den schönsten Kirchen, Klöstern, Schlössern und Museen in Ostbayern, Oberösterreich und Böhmen stattfinden.

Besonders hervorzuheben ist, dass das Programm der Europäischen Wochen 2006 nicht allein Namen so weithin bekannter Einzelkünstler wie Oleg Maisenberg, Arnulf Rainer, Gerhard Oppitz, Sabine Meyer, Maria Christina Kiehr, Milan Sládek, Ton Koopman und Enoch zu Guttenberg enthält, sondern auch einen ganz besonderen Akzent auf die Teilnahme hervorragender Nachwuchstalente setzt. So wird das Eröffnungskonzert von dem vortrefflichen Bayerischen Landesjugendorchester unter Leitung von Josef Wolfe gegeben. Die Kremerata Baltica, in der die Elite junger baltischer Instrumentalisten versammelt ist, tritt mit ihrem Namenspatron und Mentor Gidon Kremer im Abschlusskonzert auf. Einen eigenen Abend bestreiten die jungen Preisträger der Internationalen Rundfunkwettbewerbe „Concertino Praga“, „Vittorio Veneto“ und des „Europäischen Musikpreises für Lied“. Zu den Mitwirkenden der bei den Europäischen Wochen zur Tradition gewordenen sonntäglichen Klaviermatineen gehören auch die jungen Pianisten Martin Stadtfeld und Andrei Banciu. Als weitere Stars unter dem Nachwuchs seien genannt der Trompeter Gabor Boldoczki, der mit dem Prager Kammerorchester unter Leitung von Ljubka zu Guttenberg auftritt, sowie die Mitglieder des Jacques Thibaud Trios und des Quatuor Ebène (1. Preis ARD Wettbewerb 2004).

Mit Veranstaltungen wie dem Konzert der Wiener „Mozartband“, dem Picknickkonzert von „Saxofour“ oder dem Kammerkonzert mit Mitgliedern der Münchner Philharmoniker und den Puppet Players wird auch das Nachwuchspublikum der Festspiele in besonderer Weise angesprochen.

Von den im Programm vertretenen bedeutenden Klangkörpern seien u. a. genannt: Das Radio-Symphonieorchester Wien unter Leitung von Bertrand de Billy, das Brucknerorchester Linz unter Leitung von Dennis Russel Davies, die Brünner Philharmoniker unter Leitung von Petr Altrichter, das Münchner Rundfunkorchester, das unter Leitung von Andrew Parrott zusammen mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks auftritt, und das Orchester der Klangverwaltung, das zusammen mit dem Chorgemeinschaft Neubeuern unter Leitung von Enoch zu Guttenberg konzertiert. Gastspiele geben auch die Camerata Salzburg, die Polnische und die Russische Kammerphilharmonie, das Leipziger Kammerorchester, das Ensemble Nova Stravaganza und das Tokyo String Quartet.

Fortgesetzt wird die Festspielreihe „Traumtag in Böhmen“ mit dem Mandelring Quartett und dem Cuarteto Casals. Bei der inzwischen legendär gewordenen „Passauer Orgelnacht“, die im kommenden Jahr zum sechsten Mal von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang auf der größten Domorgel der Welt im Passauer Dom veranstaltet wird, wirken u. a. so weltberühmte Organisten wie Jean Guillou aus Frankreich, Luigi Tagliavini aus Italien und Michael Radulescu aus Österreich mit.

Mit fünf Uraufführungen von Auftragsproduktionen aus dem Musik- und Theaterbereich zeigen sich die Europäischen Wochen - wie schon in der Vergangenheit - offen für Neues.

Zusätzlich zu der Ehrung Mozarts, die im Mittelpunkt des nächstjährigen Programms steht, wird mit einigen ausgewählten Veranstaltungen auch des jeweils 150. Todestages von Heinrich Heine und Robert Schumann gedacht sowie des 100. Geburtstages von Dimitrij Schostakowitsch.

Die Sparten Theater und Lesung zum Thema „Mozart“ werden u. a. mit einer Aufführung des Schauspiels „Amadeus“ von Peter Shaffer - mit Markus Völlenklee als Antonio Salieri - abgedeckt sowie mit zwei Produktionen des Milan Sládek Pantomimentheaters Köln, hier der deutschen Erstaufführung von „Pantalon und Columbine“ nach W. A. Mozart und der „Hochzeit des Figaro“ mit zauberhaften Puppen. Der Münchner Schauspieler Gerd Lohmeyer wird unter dem Titel „Wild, krumm und lustig“ aus Mozarts Briefen zitieren und zusätzlich mit seiner niederbayerischen Kollegin Bettina Mittendorfer „Mo-Zärtliches“ aufführen. Unter der Überschrift „Köchel verzei(h) – Der heitere Mozart“ bringt die Passauer Künstlerin Barbara Dorsch eine von ihr mit den Mitgliedern des Passauer Studententheaters erarbeitete musikalisch-theatralische Collage auf die Bühne.

Ein besonderes „Schmankerl“ bieten die Europäischen Wochen ihren Besuchern mit den vier „Opernnächten im Film“: „Don Giovanni“ (aus dem Jahre 1954 mit den Wiener Philharmonikern unter Leitung von Wilhelm Furtwängler), „Così fan tutte“ (aus dem Jahre 1969 mit den Wiener Philharmonikern unter Leitung von Karl Böhm), „La Clemenza di Tito“ (aus dem Jahre 1980 mit den Wiener Philharmonikern unter Leitung von James Levine) und „Die Zauberflöte“ (aus dem Jahre 1983 mit den Orchester der Bayerischen Staatsoper unter Leitung von Wolfgang Sawallisch).

Auffallend im Programm ist gegenüber der Vergangenheit die besonders hohe Anzahl von Ausstellungen, von den Festspielen selbst oder ihren Kooperationspartnern veranstaltet. Reizvoll ist hier die Beleuchtung des Festspielthemas aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln, erkennbar schon an den Ausstellungstiteln wie „Über Mozart, Werke von Arnulf Rainer“; „Amadeus Wadlbeißer, Bilder und Keramiken von Hans Stangl“ aus Wien; „Moos-Art, Kunst (nicht nur) im Grünen“ mit Skulpturen von Makota Miura und Josef Baier aus Linz; „Mozart-Kugeln“, Skulpturen der oberbayerischen Künstler Ute Lechner und Hans Thurner; „Mozarteske“ mit Marionetten des Theaters Alfa aus Pilsen und „Hochkarätig, Neuer Schmuck“ von Sabine Klarner.

Das Passauer Museum Moderner Kunst – Stiftung Wörlen zeigt die Ausstellung „The Mozart Minute – Filmische Annäherung zum Thema Mozart“ mit Kurzfilmen internationaler, vorwiegend aber österreichischer Künstler.

Das Gesprächsforum „Passauer Tetralog“, das von der Akademie für politische Bildung in Tutzing unter Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Heinrich Oberreuther in Zusammenarbeit mit den Europäischen Wochen durchgeführt wird und 2006 zum neunten Mal stattfindet, hat zum Thema „Wenn Mozart heute zur Schule ginge“.

Für die Vortragsreihe, die von der Universität Passau in Zusammenarbeit mit den Festspielen durchgeführt wird, konnten so namhafte Referenten wie der Schriftsteller Peter Härtling und der Germanist Professor Dr. Dieter Borchmeyer gewonnen werden.

Dr. Pankraz Freiherr von Freyberg, der Intendant der Europäischen Wochen, weist alle Mozart-Freunde ganz besonders darauf hin, dass wohl keine Region in Europa sich mehr dafür anbietet, den 250. Geburtstag des großen Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart zu feiern, als die Dreiländerregion Bayern, Böhmen und Österreich, die Region, mit der das Leben und Wirken des Jubilars aufs engste verbunden ist, die Region der Festspiele Europäische Wochen.

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