In den kommenden zwei Wochen wird das Autograph der h-Moll-Messe Johann Sebastian Bachs in der Restaurierungswerkstatt der Staatsbibliothek zu Berlin von Mitarbeitern des Bach-Archivs Leipzig und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Berlin mit Hilfe der sogenannten Röntgenfluoreszenzanalyse untersucht. Dabei soll herausgefunden werden, welche Teile des zudem durch Tintenfraß geschädigten Manuskripts von Johann Sebastian und welche von seinem Sohn Carl Philipp Emanuel geschrieben wurden.

Nach Bachs Tod hat sein zweitältester Sohn vor allem im Credo erheblich in das Autograph eingegriffen. Probeuntersuchungen im September letzten Jahres ergaben, dass die Zusammensetzung der Tinten bei J. S. Bach und C. P. E. Bach hinreichend unterschiedlich ist, um sie mit hoher Sicherheit getrennt zu identifizieren. Das komplizierte Verfahren, das erstmals an einer Bach-Handschrift angewendet wird, macht sich die Eigenschaft von Atomen zu Nutze, unter Energieeinwirkung – hier durch Röntgenstrahlen – selbst Röntgenstrahlen auszusenden. Dieser Vorgang wird als Röntgenfluoreszenz bezeichnet. Diese Röntgenstrahlen sind charakteristisch für das jeweilige Atom und ermöglichen so die Bestimmung der chemischen Zusammensetzung des untersuchten Materials.

Für die Wissenschaftler des Bach-Archivs ergeben sich durch diese Untersuchungsmethode neue Perspektiven für die Forschung. In Bezug auf die h-Moll-Messe erhofft man sich neue Erkenntnisse über den Zustand des Autographs bei Bachs Tod sowie über den Anteil des Sohnes an der heute überlieferten Werkgestalt. Mit ersten Ergebnissen wird im Frühjahr gerechnet. Anlass für die Untersuchungen ist die geplante Neuausgabe der h-Moll-Messe für den ersten Band der Revidierten Neuen Bach-Ausgabe, welcher 2009 erscheinen soll.