Der Bärenreiter-Verlag hat mit der Veröffentlichung der Gesamtausgabe der Werke des tschechischen Komponisten Bohuslav Martinů (1890–1959) begonnen. Zwei Bände – das „The Epic of Gilgamesh“ und die 4. Symphonie – stehen am Beginn der Edition, die bei ihrem Abschluss etwa hundert Bände umfassen wird.

Bohuslav Martinů (1890–1959) war einer der fruchtbarsten und vielseitigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Sein breites, viele Gattungen umfassendes Schaffen enthält etwa dreißig Opern und Ballette, Lieder, Chorwerke, Kantaten, ein Oratorium, Symphonien, zahlreiche Orchesterwerke für große und kleinere Besetzung, mehr als dreißig Solokonzerte, an die hundert Kammermusikwerke in vielfältigen Besetzungen sowie eine Reihe von Werken für Soloinstrumente.

Aus dem Prag des frühen 20. Jahrhunderts, das noch unter einem starken Einfluss der österreichisch-deutschen Spätromantik stand, zog Martinů 1923 nach Paris und studierte Komposition bei Albert Roussel. Mit seinem symphonischen Rondo „Halftime“ (1924), schloss er sich dezidiert der neoklassizistischen Avantgarde seiner Zeit an; die Werke aus der zweiten Hälfte der 1920er Jahre stehen vermehrt unter dem Einfluss des Jazz. In den 1930er Jahren reicherte Martinů seine Kompositionen mit lyrischen Elementen, insbesondere aus tschechischen und mährischen Volksliedern, an und entwickelte seinen konzertanten Stil weiter, der in seinem Doppelkonzert für zwei Streichorchester, Klavier und Pauken (1938), kulminierte. Nachdem die deutschen Truppen in Frankreich einmarschiert waren, emigrierte Martinů nach Amerika, wo er sich erfolgreich in die Musikszene zu integrieren wusste. Das neue Umfeld ermöglichte es dem Komponisten, sich als Symphoniker voll zu entfalten. Die fünf zwischen 1942 und 1946 entstandenen Symphonien bestechen durch ihre ungezwungene melodische Einfallskraft, ihre rhythmische Frische und durchgeformten Konzeptionen. Gemeinsam mit den „Fantaisies Symphoniques“ (1953), fanden sie Eingang ins Repertoire ihrer Zeit sowohl in den USA als auch in Europa. In den 1950er Jahren gelang Martinů eine originelle Synthese der verschiedenen Stile seiner kompositorischen Entwicklung. Insbesondere nach seiner Rückkehr nach Europa im Jahr 1953 wurden seine Werke zunehmend vom Neo-Impressionismus geprägt. In dieser späten Schaffenszeit komponierte er eine große Anzahl orchestraler Werke, Kantaten und Opern.

Die „Bohuslav Martinů Complete Edition“ ist eine wissenschaftlich-kritische Ausgabe, die erstmals alle Kompositionen von Bohuslav Martinů, einem der Klassiker des 20. Jahrhunderts, publiziert. Dieses groß angelegte musikwissenschaftliche Projekt unter der Federführung des Bohuslav Martinů Institute wird Martinůs Werke in allen Fassungen und Bearbeitungen sowie neu entdeckte und bislang unveröffentlichte Kompositionen zugänglich machen.