In Lübeck rückt mit einer neuen Professur der Musikhochschule Lübeck (MHL) und der Uni zu Lübeck (UzL) die Musizierendengesundheit in den Fokus. Daniel Sebastian Scholz wird ab Wintersemester 2022 die neue Stelle besetzen, die beide Hochschulen gemeinsam für Forschung, Lehre und Beratung geschaffen haben. Mit einem Schwerpunkt auf der mentalen Gesundheit Musizierender ist sie bisher einzigartig in Deutschland.
Die MHL und die UzL möchten mit der neuen Professur für Musizierendengesundheit, die von der Possehl-Stiftung mit 600.000 Euro anschubfinanziert wird, dem steigenden Bedarf an Beratung und Behandlung für Musikschaffende gerecht werden. Bundesweit gibt es bisher rund zehn musiker-medizinische Einrichtungen, Lübeck ist jedoch bislang der einzige Standort mit einer Spezialisierung auf neurologische, psychologische und psychotherapeutische Themen.
Daniel Sebastian Scholz ist Neurowissenschaftler, Diplom Psychologe, Verhaltenstherapeut und Musiker. Der 38-Jährige konnte in Hannover am Institut für Musikphysiologie und Musiker-Medizin (IMMM) elf Jahre lang Erfahrungen zum Thema Musizierendengesundheit sammeln: „Der Bedarf an qualifizierter Beratung ist enorm und in den letzten Jahren auch stark angestiegen. Rund 50 Prozent der Musikerinnen und Musiker leidet beispielsweise zeitweise unter Lampenfieber. Immer mehr Hochschulen erkennen die Notwendigkeit hier vorzubeugen und zu unterstützen. Unser Schwerpunkt wird auf Prävention und der psychischen Gesundheit Musizierender liegen.“
Forschen wird Scholz in enger Verzahnung mit der Neurologie der UzL auf dem Unicampus im Center of Brain, Behavior and Metabolism (CBBM). Hier sind schon erste Forschungsprojekte zu den Themen mentale Belastung und zur neuronalen Plastizität Musikstudierender in Planung. Prof. Dr. Thomas Münte, Vizepräsident Medizin der Universität Lübeck: „Wir begrüßen die neue Professur außerordentlich. Sie wird nicht nur einen oft unterschätzten klinischen Bedarf abdecken, sondern auch zu einer weiteren Vernetzung der Lübecker Hochschulen beitragen. Die Forschungsthemen von Daniel Scholz sind unmittelbar anschlussfähig und es gibt schon sehr gute Kontakte in die hiesige Psychologie und Neurologie.“
Für die Studierenden der MHL und der UzL plant Scholz zunächst Vorlesungen zu den Grundlagen gesunden Musizierens, zu den Neurowissenschaften der Musik sowie ein Lampenfieber-Behandlungs-Seminar. Im neuen Büro der MHL im Lübecker Tesdorpfhaus wird er ab Oktober eine Beratungsstelle für Musikstudierende und Lübecker Musikprofis und Laien einrichten.
Viele Musizierende leiden unter gesundheitlichen Problemen wie schmerzhaften Verspannungen, eingeschränkter Bewegungsfähigkeit, Lampenfieber und Versagensängsten. Sie können gravierende Folgen für das Musizieren haben und im schlimmsten Fall das Ende der Karriere bedeuten. Ursachen sind Überbelastung, die durch zu viel Üben entsteht, psychischer Stress, Leistungsdruck oder die Handhabung des Instruments.
Daniel Sebastian Scholz wurde 1983 in Tübingen geboren. Er studierte Psychologie und Jazz-Komposition in Marburg und Osnabrück und promovierte am Zentrum für systemische Neurowissenschaften in Hannover. Seit 2011 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Musikphysiologie und Musiker-Medizin (IMMM), der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (HMTMH) und beschäftigte sich im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte mit der Auswirkung von Musik auf die psychische und physische Gesundheit. Zudem lehrte er an der HMTMH von 2015 bis 2019 als Dozent in den Bereichen Jazz-Komposition und Arrangement und pädagogische Psychologie. Seit Mai 2021 ist Scholz auch als approbierter klinisch psychologischer Psychotherapeut mit der Fachrichtung Verhaltenstherapie am IMMM tätig mit einem Schwerpunkt auf der psychischen Gesundheit Musikschaffender. Er spielt Gitarre und Klavier, unter anderem in der Psycho-Rap-Rock-Band „Ego Super“ und ist Mitbegründer und Betreiber des eigenen Plattenlabels „quadratisch rekords“.