Am heutigen Freitag übernahm bei einer Festveranstaltung im Bundesrat in Berlin Dr. Ludwig Spaenle die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz 2010. Der bayerische Staatsminister für Unterricht und Kultus folgt auf Henry Tesch, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern. „Ich danke dem Kollegen Henry Tesch ganz herzlich für seine Arbeit im vergangenen Jahr an der Spitze der Kultusministerkonferenz“, erklärte Spaenle. Er werde den eingeschlagenen Reformkurs zur Qualitätsentwicklung im Bildungsbereich nachhaltig unterstützen und 2010 konsequent weiterentwickeln.

Als Schwerpunkte seiner Präsidentschaft nannte Spaenle die Stärkung der Bedeutung der Bildungspolitik, sonderpädagogische Förderung gemäß der UN-Konvention zu den Behindertenrechten, Weiterentwicklung der Bildungsstandards und der Studiengänge Bachelor und Master. „Ich möchte die Bedeutung der Bildungspolitik für unsere Gesellschaft noch stärker ins Bewusstsein rufen und auch deutlich machen, dass sich die Länder in Wahrnehmung ihrer abschließenden Gestaltungskompetenz der gesamtstaatlichen Verantwortung für die Bildungspolitik bewusst sind“, so der Präsident. Entscheidend sei dabei, dass Bund und Länder in Bildungsfragen unter Wahrung der jeweiligen Verantwortung einen intensiven Dialog führen. Beim jüngsten Bildungsgipfel im Dezember 2009 haben sich Bund Länder auf ein Ziel, nämlich die Ausweitung der Ausgaben für Bildung auf 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis zum Jahr 2015 verständigt. „Ich bin zuversichtlich, dass die Finanzierung für die damit anvisierten Bildungsausgaben gesichert werden kann“, betont Spaenle.

Im Bereich der sonderpädagogischen Förderung will der Präsident die Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen im Schulbereich vorantreiben. Dies wird Thema einer Fachtagung sein, welche die Kultusministerkonferenz im Frühjahr 2010 durchführt. Zudem werden die „Empfehlungen zur sonderpädagogischen Förderung in den Schulen der Bundesrepublik Deutschland“ überarbeitet, um den neuen Entwicklungen Rechnung zu tragen. „Die Ziel der Konvention sind Chancengleichheit und gesellschaftliche Teilhabe von jungen Menschen mit Behinderung. Diese möchte ich im Bildungsbereich nachdrücklich fördern und unterstützen. Für mich dient die Konvention den individuellen Interessen der kinder und Jugendlichen. Es muss das Ziel sein, für jede Schülerin und jeden Schüler den richtigen Weg zu finden und dabei die Möglichkeit von gemeinsamem Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung vor allem an der Regelschule zu verbessen“,, erklärt der Präsident. „Wir sind hier gefordert.“

Die Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz für die einzelnen Abschlüsse müssen weiter entwickelt beziehungsweise fortgeschrieben, aber auch in ihrer konkreten Umsetzung überprüft werden. Zu diesem Zweck hat die Kultusministerkonferenz Ende 2009 eine gemeinsame Empfehlung zur „Nutzung der Bildungsstandards für die Unterrichtsentwicklung“ beschlossen. „Künftig werden nationale und internationale Qualitätsentwicklung im Bildungswesen noch enger verbunden werden können“, so Spaenle. Large Scale Assessment-Studien (LSA) werden in Zukunft im sogenannten „PISA-Verbund“ der Technischen Universität München in Verbindung mit der Ludwig-Maximilian-Universität München, dem Institut für Pädagogik der Naturwissenschaften in Kiel und dem Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt institutionalisiert. Hier wird künftig die Serviceleistung für das international vergleichende Bildungsmonitoring gesichert sowie Reputation, Präsenz und Einfluss der deutschen Bildungsforschung im Kontext internationaler LSA ausgebaut.

Als weiteren Schwerpunkt seiner Amtszeit nannte der Präsident die Weiterentwicklung der Studiengänge Bachelor und Master. Der Erfolg des Bologna-Prozesses setzt gute Studienbedingungen für die Studierenden voraus. Die jungen Leute müssten die Studiengänge auch bewältigen können. Probleme, die bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses aufgetreten sind, müssen zeitnah behoben werden. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Kultusministerkonferenz konkrete Beschlüsse gefasst, die es nun gilt, umzusetzen. Im Rahmen einer Fachtagung im Frühjahr 2010 wird sich die Kultusministerkonferenz gemeinsam mit der HRK, den Studierenden und anderen Beteiligten zusammensetzen, um gemeinsame Wege zur Umsetzung zu finden. „Wir Kultusminister nehmen die Sorgen der Studierenden sehr ernst und haben bei unserer jüngsten Sitzung in Bonn mit der Hochschulrektorenkonferenz eine Weiterentwicklung der Studiengänge vereinbart, die auch die Prüfungssituation für Studierende verbessert und ihnen mehr Freiräume sichert“, betont der Präsident.

Weiterhin will Spaenle aktuelle Themen und Perspektiven der europäischen Zusammenarbeit im Bereich der Bildungs-, Forschungs- und Kulturpolitik während seiner Präsidentschaft aufgreifen. „ Die Kultusministerkonferenz übernimmt gesamtstaatliche Verantwortung für die deutsche Bildungspolitik und begleitet die Entwicklung der EU-Bildungskooperation mit großem Interesse und Engagement“, unterstreicht Spaenle. Der im Jahr 2000 eingeleitete Lissabon-Prozess hat den Bereichen Bildung und Forschung eine Schlüsselrolle für Innovation, Wachstum und Beschäftigung zugewiesen. Besondere Anliegen der Kultusministerkonferenz für die weitere Zukunft des europäischen Einigungsprozesses sind konkrete Schritte innerhalb der neuen Bildungs- und Kulturprogramme, die dazu beitragen, europäisches Bewusstsein insbesondere bei der jungen Generation zu entwickeln und Begeisterung für Europa zu wecken. Dazu gehört insbesondere die Förderung der Mobilität zu Lernzwecken, die es jungen Menschen ermöglicht, neues Wissen und interkulturelle Kompetenzen zu erwerben, Sprachkenntnisse zu erweitern, ihre persönliche Entwicklung voranzubringen und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu steigern.
Die eigenstaatliche politische Verantwortung für die Bildung muss als übergeordnetes politisches Ziel gewahrt bleiben.

Präsident 2009 zieht Bilanz
Henry Tesch, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern zog eine insgesamt positive Bilanz des Präsidentschaftsjahres 2009. Schon im Sommer 2009 suchte die Kultusministerkonferenz unter der Präsidentschaft von Tesch den direkten Dialog mit den Schülern und Studierenden des Bündnisses „Bildungsstreik 2009“. Im Mittelpunkt standen dabei die Themen Bologna-Reform, Personalsituation an Schulen und Universitäten sowie die Finanzierung des Bildungswesens. Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Henry Tesch, bot im Namen der Ländergemeinschaft eine Fortsetzung der Gespräche an: „Mit den Schülern und Studierenden eint uns das Ziel, Verbesserungen für die Bildung zu erreichen. Es war ein konstruktiver Dialog, den wir fortsetzen wollen.“ Im Oktober und Dezember 2009 fasste die Kultusministerkonferenz daher konkrete Beschlüsse, um adäquat und schnell auf die vorgebrachten Kritikpunkte zu reagieren und die Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses gemeinsam mit den Hochschulen voranzutreiben.

Besonders erfreut zeigte sich der Minister über die auf seine Initiative hin in 2009 gefasste Stralsunder Erklärung „Einstellung und Ausbildung von Lehrern in den Ländern“, die aufgrund des prognostizierten bundesweiten Lehrkräftemangels in bestimmten Fächern eine gemeinsame Strategie der Kultusministerkonferenz bezogen auf Lehrerausbildung und Lehrerbesoldung bewirken soll. Zu diesem Zweck wird die Kultusministerkonferenz im Jahre 2010 eine neue Modellrechnung „Lehrereinstellungsbedarf und –angebot 2010-2020“ vorlegen, die dann Grundlage für weitere Maßnahmen der Länder wird. „Um den Lehrerbedarf künftig decken zu können, sind kurz- und langfristige Maßnahmen zur Bewältigung der Situation entsprechend der Spezifika der Länder, Regionen und der Fachlichkeiten dringend notwendig“, unterstreicht Tesch.

Mit dem 2009 gefassten gemeinsamen Beschluss „Den Übergang von der Tageseinrichtung für Kinder in die Grundschule sinnvoll und wirksam gestalten – Das Zusammenwirken von Elementarbereich und Primarstufe optimieren“ haben Kultusministerkonferenz und die Jugendministerkonferenz erneut auf die Bedeutung dieser für die Bildungsbiographie eines jeden Kindes so entscheidende Phase hingewiesen. „Das Eckpunktepapier bietet klare Orientierungshilfen für die Zusammenarbeit vor Ort. Bildung von Anfang an ist die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche schulische und berufliche Entwicklung“, erklärt der Minister. Eine bundesweite Fachtagung gemeinsam mit der Jugend- und Familienministerkonferenz im Jahre 2010 in Schwerin soll die vertiefte Zusammenarbeit beim Übergang von Kindertagesstätten in die Grundschulen weiter stärken.

Im Juni 2009 hat sich die Kultusministerkonferenz erneut mit der historischen Bedeutung des 9. November für die Bundesrepublik Deutschland beschäftigt und den 9. November als jährlichen Projekttag zur Stärkung der Demokratieerziehung ins Leben gerufen. Er richtet sich an Schülerinnen und Schüler ab der fünften Jahrgangsstufe. „Wir wollen die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts wach halten. Der 9. November als Jahrestag der Novemberrevolution 1918/1919, der Reichspogromnacht 1938 und des Mauerfalls 1989 eignet sich in hervorragender Weise dafür“, betont Tesch. Darüber hinaus hat sich der Minister 2009 bei einem Treffen mit dem israelischen Bildungsminister Gideon Sa`ar in Jerusalem über die Wiederbelebung der deutsch-israelischen Schulbuchgespräche verständigt und unter seiner Federführung hat die Kultusministerkonferenz 2009 die Erarbeitung eines Deutsch-polnischen Geschichtsbuches beschlossen.

Mit der Qualifizierungsinitiative für Deutschland „Aufstieg durch Bildung“ haben die Regierungschefs von Bund und Ländern am 22.10.2008 in Dresden die Weichen für ein umfassendes Programm zur Stärkung von Bildung und Ausbildung in Deutschland gestellt.

Erfreut zeigte sich Tesch auch über den ersten Zwischenbericht 2009 zur Umsetzung der Maßnahmen der Qualifizierungsinitiative. „Es ist deutlich geworden, dass bereits zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht und vereinbarte Initiativen angeschoben worden sind“, so der Minister. Der Zwischenbericht orientiert sich an der Struktur der Dresdner Vereinbarung und den dort genannten Leitsätzen und Handlungsfeldern. In Fortsetzung der Beratungen des vergangenen Jahres wird sich die Kultusministerkonferenz auch im Jahr 2010 mit der Umsetzung des sogenannten 10-Prozent-Ziels befassen, also dem Ziel, bis zum Jahr 2015 den Anteil der Aufwendungen für Bildung und Forschung gesamtstaatlich auf 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern.

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