Im Vorfeld der Gesetzesnovellierung der TA Lärm der Bundesregierung laut Koalitionsvertrag macht der Bundesverband der Musikspielstätten einen Vorschlag zur Neuregelung.

E-Gitarren, tanzbarer Beat, Gesang, Applaus und Gespräche von Personen vor dem Club: Geht es nach dem Gesetz, ist all das nicht zu unterscheiden von Presslufthämmern und Kettensägen. Denn in Deutschland fallen Schallemissionen aus Clubs in die Kategorie „Gewerbelärm“.

Grund dafür sind die Regelungen in der sog. „Technischen Anleitung Lärm“ (TA Lärm), die als Verwaltungsvorschrift kommunalen Behörden als Orientierung dient. Dort wird hauptsächlich der Umgang mit Gewerbe- und Industrielärm geregelt. Allerdings wird die TA Lärm der Realität des gesellschaftlichen Miteinanders heutzutage durch Kulturschall nicht mehr gerecht.

Es ist Zeit, der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen. Aus diesem Grund hat der Bundesverband der Musikspielstätten LiveMusikKommission e.V. einen Vorschlag für eine Kulturschallveordnung (V3) inklusive Begründung entwickelt.

Eine Kulturschallverordnung würde die besondere gesellschaftliche Rolle von Kulturbetrieben wie Musikclubs anerkennen und könnte künftig gesondert – unabhängig von Gewerbe- und Industrielärmregelungen – vom Verordnungsgeber gesteuert werden.

Damit einhergehen würden wesentliche Erleichterungen für Musikclubs und eine überfällige, gesellschaftliche Aufwertung von Clubkultur im Ganzen erwirkt:

  1. Anerkennung der positiven Rolle von Schallemissionen aus Clubs und allen Kulturstädten auf die Empfänger:innen und die Anerkennung ihrer gesellschaftlichen Relevanz.
  2. Schutz der Kulturorte vor Nachverdichtungen und herannahender Wohnbebauung.
  3. Stärkung der Interessen der Betreiber:innen bei planungs- und genehmigungsrechtlichen Fragestellungen im Vorfeld und ab Start der Planungen.
Absätze

Gesetzes-Novellierungen stehen an: LiveKomm zeigt auf, was sich ändern muss

Der juristisch fundierte Vorschlag der Neuregelung sieht u. a. vor, dass „Lärm“/ Geräusche von Menschen außerhalb des Clubgeländes künftig nicht mehr dem jeweiligen Club zuzuordnen sind. Dies wäre eine massive Verbesserung für die Clubbetreiber, da sie dort ‚draussen‘ rechtlich gar keine Handhabe besitzen. Ferner soll künftig ein etwaig vorhandener Innenschutz der Anwohner (Außendämmung, bestimmte Fensterkonstruktionen) bei der Beurteilung Berücksichtigung finden.

Eine Novellierung der TA Lärm steht für die kommenden Monate auf der politischen Tagesordnung. Vor dem finalen Beschluss durch das Kabinett und den Bundestag erfolgt eine Länderabstimmung im Bundesrat sowie eine Anhörung der Verbände.

Die neue Kulturschallverordnung soll die Diskussion für die geplante Novelle anregen und legt eine erste inhaltliche Grundlage für die Debatte im Bund und in den Ländern.

Im Zuge der Kampagne #clubsAREculture wendet sich eine Allianz rund um die LiveKomm und die Bundesstiftung LiveKultur nicht nur an die Politik, sondern auch an die breite Öffentlichkeit. Im Rahmen zahlreicher Veranstaltungen finden deutschlandweit Panels und Vorträge statt, die eingehender informieren – so etwa am 05. Oktober im Zuge der Nightlife Conference NØK in Mannheim oder der Stadt Nacht Acht Nachtleben Konferenz in Berlin am 16.–18. November.

„Kulturschall ist ein unentbehrlicher Teil unseres Zusammenlebens.“
Autor
Anna Blaich, Bundesstiftung LiveKultur

Anna Blaich, Bundesstiftung LiveKultur: „Die Einordnung von Schallemissionen der Livekultur in eine Kulturschallverordnung stellt die besondere Bedeutung von Clubs und Musikspielstätten für unsere Gesellschaft heraus. Kulturschall ist ein unentbehrlicher Teil unseres Zusammenlebens. Eine entsprechende Verordnung unterstreicht die Anerkennung der Livekultur als wertige, schützenswerte und förderungswürdige Kultur.“

Marc Wohlrabe, AK Kulturraumschutz, LiveKomm Vorstand: „Gesetze und Regeln müssen auch mal im 21. Jahrhundert ankommen, sonst verschwindet die Akzeptanz für das System. Clubkultur und Kulturschall haben nichts zu suchen in den bisher so lange bestehenden Verwaltungs-Einordnungen mit Sex-Kinos und Spielhallen in der BauNVO und als Gewerbelärm in der TA Lärm.“

Änderung der Baunutzungsverordnung: Musikclubs müssen als Kulturorte anerkannt werden

Neben der TA Lärm werden auch geltende Bebauungsvorschriften (verfasst in der BauNVO) derzeit legislativ auf Bundesebene überprüft. Die Allianz um #clubsAREculture fordert diesbezüglich, die Anerkennung von Musikclubs als Kulturorte nun endlich auch gesetzgeberisch zu berücksichtigen. Eine erste mehrheitlich positive Abstimmung im Bundestag im Mai 2021 verlief in der Umsetzung im Sande.

Des Weiteren hat die LiveKomm die geplante Anpassung der TA Lärm und der BauNVO zum Anlass genommen, ein überarbeitetes Forderungspapier zur kulturellen Stadtentwicklung zu verfassen, in dem 15 Handlungsfelder skizziert wurden und damit die entscheidende Grundlage für die Diskussion um den Stand und die Zukunft der Club- und Livekultur in Deutschland abbildet.