Am kommenden Sonntag, den 26.03.2006 finden in drei Bundesländern Landestagswahlen statt. In Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz und in Sachsen-Anhalt stimmen die Bürgerinnen und Bürger auch über die künftige Kulturpolitik in ihrem Land ab.
Eine Analyse der Wahlprogramme der Parteien Bündnis 90/Die Grünen, CDU, Die Linkspartei bzw. WASG, FDP und SPD zeigt, dass Kultur bei fast allen Parteien einen wichtigen Stellenwert hat. Eine Ausnahme bildet die WASG. In den Programmen wird weder zur Landtagswahl in Baden-Württemberg noch zur Wahl in Rheinland-Pfalz ein Wort über Kultur verloren.
Bemerkenswert ist, dass Unterschiede nicht so sehr zwischen den Ländern auszumachen sind, als vielmehr zwischen den Parteien. Kulturpolitik scheint also auch ein ganz normales parteipolitisches Thema und nicht ausschließlich ein landesspezifisches Thema zu sein.
Was wollen die Parteien?
In den Wahlprogrammen von Bündnis 90/Die Grünen in allen drei Bundesländern wird die Kulturpolitik im Kapitel Bildungspolitik behandelt. Im Wahlprogramm in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wird die Förderung der freien Kulturszene sowie der Soziokultur besonders hervorgehoben. Ebenso wird der Stellenwert der kulturellen Bildung in besonderer Weise unterstrichen. Im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen in Baden-Württemberg wird ein chancengerechter Zugang zu öffentlich geförderten Kultureinrichtungen gefördert. Öffentlich-geförderte Kultureinrichtungen werden sowohl im Wahlprogramm in Baden-Württemberg als auch in Rheinland-Pfalz in der Pflicht gesehen, Angebote für Migranten zu entwickeln bzw. sich für die interkulturelle Bildung einzusetzen. In den Wahlprogrammen dieser zwei Bundesländer wird auch auf den Arbeitsmarkt Kultur hingewiesen und deutlich gemacht, dass es sich teilweise um einen prekären Arbeitsmarkt handelt, der einen besonderen Schutz bzw. Beratung der Künstler erforderlich macht. Besonders hervorgehoben werden in den Wahlprogrammen in allen drei Bundesländern die Musikschulen. Sie sollen gestärkt werden. Wichtig ist Bündnis 90/Die Grünen in den drei Bundesländern ferner mehr Transparenz bei der Förderung von Kunst und Kultur.
Die CDU verortet Kulturpolitik in Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz und in Sachsen-Anhalt in den Kapiteln, in denen es um das jeweils lebenswerte Land geht. Die CDU macht jeweils einen Spagat zwischen der Heimat- und Brauchtumspflege, deren Bedeutung in den Wahlprogrammen in allen drei Bundesländern unterstrichen wird, zur so genannten Hochkultur. Das ehrenamtliche Engagements wird als wesentlicher Bestandteil des kulturellen Lebens hervorgehoben. Es wird betont, dass Kunst und Kultur zur Lebensqualität des Landes beiträgt und ein Bekenntnis zur Förderung der Kultur abgelegt. Die kulturelle Bildung wird in den Wahlprogrammen in allen drei Bundesländern als essentiell erachtet. Im Wahlprogramm der CDU in Baden-Württemberg wird deutlich auf die Bedeutung des privaten Engagements für die Kultur abgehoben und deren Stärkung auf die Fahnen geschrieben. Stärker in Richtung Kulturtourismus will die CDU in Rheinland-Pfalz und in Sachsen-Anhalt die Kulturpolitik gestalten. Es wird jeweils auf die kulturhistorische Bedeutung von Stätten im Land verwiesen. Die sachsen-anhaltinische CDU beschreibt Sachsen-Anhalt als Musikland und will die hier gesetzten Förderakzente konsequent fortführen.
Den Kulturtourismus will ebenfalls Die Linkspartei in Sachsen-Anhalt stärken. Ebenso will sie sich für ein ausgewogenes Netz an kulturellen Einrichtungen einsetzen und diese zuverlässig fördern. Dabei wird besonders auf den demografischen Wandel Bezug genommen. Das flächendeckende Musikschulnetz soll ebenso gefördert wie die ehrenamtlich arbeitenden Vereine und Verbände, besondere Erwähnung finden die Künstlerverbände. Wichtig ist der Linkspartei ferner, dass in öffentlich-geförderten Kultureinrichtungen die Preispolitik ohne Zugangsbarrieren gestaltet sein muss.
Das private Engagement spielt in den Wahlprogrammen der FDP in Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt eine wichtige Rolle und zwar nicht in erster Linie im Sinne der Heimat- und Brauchtumspflege, sondern stärker mit Blick auf die finanzielle Unterstützung von Kunst und Kultur sowie einem klaren Bekenntnis zum privaten Engagement. Zugleich wird in den Wahlprogrammen in allen drei Bundesländern ein klares Bekenntnis zu öffentlichen Kulturförderung abgelegt. In Rheinland-Pfalz und in Sachsen-Anhalt will die FDP durch Kulturwirtschaftsberichte die ökonomische Leistung von Kultur dokumentieren und nach außen stellen. Der FDP in Baden-Württemberg ist die Verzahnung von Kultureinrichtungen mit der Ganztagsschule besonders wichtig.
Laut ihren Wahlprogrammen will die SPD in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sowohl die Spitze als auch die Breite im Kulturbereich fördern. Der kulturellen Bildung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Die SPD in Sachsen-Anhalt schreibt in ihrem Wahlprogramm, dass sie sich besonders um Bibliotheken und die Leseförderung kümmern will. Die SPD in Rheinland-Pfalz verweist auf die arbeitsmarktpolitischen Implikationen des Kulturbereiches und stellt das Projekt vertikult besonders heraus. Ebenso unterstreicht sie die Bedeutung des Dialogs mit den Kirchen. In Baden-Württemberg sichert die SPD in ihrem Wahlprogramm eine stringentere und verlässlichere Förderpolitik zu.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Bei den Landtagswahlen am kommenden Sonntag wird in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt auch über die zukünftige Kulturpolitik in diesen Ländern abgestimmt. Wir rufen alle Kulturschaffenden und das Kulturpublikum auf, bei den Wahlen gerade auch die Aussagen der Parteien zur Kulturpolitik zu beachten, damit man sich nachher nicht über zuviel Kulturlosigkeit ärgern muss."
Absätze
Quelle
http://www.kulturrat.de