Mit breiter Zustimmung über die Regierungsfraktionen hinaus hat der Landtag gestern, 25. November 2021, das neue Kulturgesetzbuch für Nordrhein-Westfalen (KulturGB NW) beschlossen. Damit kann das KulturGB wie geplant zum 1. Januar 2022 in Kraft treten. Mit dem Kulturgesetzbuch sollen künftig sämtliche die Kultur betreffenden rechtlichen Regelungen und Gesetze in einem zentralen Gesetzeswerk gebündelt werden. Ziel ist, die Kulturlandschaft Nordrhein-Westfalens durch verbindliche Rahmensetzungen zu stärken und zugleich die Bedeutung der Kultur als zentrales politisches Handlungsfeld hervorzuheben.

So enthält das Kulturgesetzbuch zum Beispiel ausführliche gesetzliche Bestimmungen zu Musikschulen und Bibliotheken sowie Regelungen zu den Themen soziale Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern, Provenienzforschung und Nachhaltigkeit. Auch die Kulturförderung in ländlichen Räumen bildet einen besonderen Akzent. Mit der Einführung eines Kulturgesetzbuchs nimmt Nordrhein-Westfalen bundesweit eine Vorreiterrolle ein.

„Ich freue mich sehr, dass der Landtag nach ausführlicher inhaltlicher Beratung und Diskussion im Kulturausschuss das Kulturgesetzbuch beschlossen hat. Wir wollen mit dem KulturGB das kulturelle Fundament und die Strukturen für künstlerisches Arbeiten in Nordrhein-Westfalen weiter festigen. Die Pandemie hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig eine starke Kulturlandschaft für unsere Gesellschaft ist. Wir verbessern die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen für Künstlerinnen und Künstler durch Regelungen zu Honoraruntergrenzen und mehr Festanstellungen, machen die Kulturförderung transparenter und bauen bürokratische Hürden ab“, sagt Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen.

„Mit dem Kulturgesetzbuch schaffen wir neue Impulse und Chancen für die Kunst und Kultur in Nordrhein-Westfalen. Das Gesetz stärkt die kulturellen Akteure in den ländlichen Räumen. So sind beispielsweise die Dritten Orte dort verankert. Damit schaffen wir neue Chancen für ehrenamtliche Initiativen“, sagt Klaus Kaiser, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft.

Kernpunkte des Kulturgesetzbuches sind:

Soziale und wirtschaftliche Rahmenbedingungen von Künstlerinnen und Künstlern verbessern
Künstlerinnen und Künstler bilden das Rückgrat der vielfältigen Kulturlandschaft in Nordrhein-Westfalen. Mit dem Verweis auf die Einhaltung von Honoraruntergrenzen und Vorgaben für mehr Festanstellungen legt das Kulturgesetzbuch verlässliche Standards fest, um die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Künstlerinnen und Künstlern zu verbessern. Da es sich um ein Kernanliegen der Landesregierung handelt, finden sich die Regelungen zur Förderung von Künstlerinnen und Künstlern als Querschnittsthema in den unterschiedlichen Bereichen des Kulturgesetzbuches wieder.

Provenienzforschung
Um der großen Verantwortung gerecht zu werden, die Politik und Gesellschaft für den Umgang mit Kunstwerken tragen, die in der Zeit des Nationalsozialismus den rechtmäßigen Besitzern geraubt wurden, findet das Thema Provenienzforschung prominent Eingang ins Kulturgesetzbuch. Entsprechend einer wachsenden Sensibilität und Verantwortung in Bezug auf Kulturgut, das unrechtmäßig aus seinem ursprünglichen Kontext gerissen wurde, wird auch die Erforschung des kolonialen Erbes und von Entziehungen in der Zeit der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone und der DDR in den Blick genommen.

Sicherung des kulturellen Erbes Nordrhein-Westfalens
Das Kulturgesetzbuch beinhaltet die Verpflichtung zum Erhalt des Landes-Kunstbesitzes: Kunstschätze aus diesen Sammlungen dürfen nicht verkauft werden, um zum Beispiel Haushalte zu sanieren.

Gesetzliche Verankerung von Musikschulen und Bibliotheken
Das Kulturgesetzbuch setzt mit der erstmaligen gesetzlichen Verankerung von Musikschulen und Bibliotheken einen wichtigen Akzent und gibt damit ein klares Bekenntnis zu diesen wichtigen Orten kultureller Bildung ab. Im Bereich der Musikschulen werden klare Kriterien zur Qualitätssicherung als Voraussetzung für eine Förderfähigkeit durch das Land definiert. Ein Qualitätskriterium sind zum Beispiel fest angestellte und tariflich bezahlte Musikpädagogen und -pädagoginnen – zum einen, um diese sozial abzusichern und zum anderen, um an den Musikschulen ein solides und nachhaltiges Qualitätsniveau zu garantieren. Die gesetzliche Festlegung flankiert die Musikschuloffensive des Landes, in deren Rahmen den Kommunen ab 2022 rund sieben Millionen Euro mehr Landesmittel zur Verfügung stehen. Damit können kurzfristig 100 neue Stellen an Musikschulen geschaffen werden.

Ländliche Räume
Das Kulturgesetzbuch setzt einen deutlichen Impuls zur Kulturförderung in ländlichen Räumen. Das Kulturgesetzbuch ist ein Beitrag dazu, für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Sachen Kunst und Kultur zu sorgen. Dabei ist das kulturelle Leben in ländlichen und urbanen Räumen naturgemäß andersartig, aber gleichwertig. Die Förderung der Dritten Orte, besondere Orte für Kultur, Bildung und Begegnung gerade in ländlichen Räumen ist im Kulturgesetzbuch verankert. Besondere Beachtung erhält auch die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements.

Nachhaltigkeit
Auch das Thema Nachhaltigkeit in der Kultur wird erstmalig rechtlich positioniert und zwar in dreifacher Dimension: ökologisch, wirtschaftlich und sozial. Kultureinrichtungen sollen etwa im Bereich Bauen, bei Veranstaltungen oder im internationalen Austausch ihren ökologischen Fußabdruck beachten. Landesförderungen sollen nachhaltig ausgerichtet werden und können entsprechende Kosten berücksichtigen. Berücksichtigt werden soll in der Förderung auch die Nachhaltigkeit in Bezug auf die ökonomischen Rahmenbedingungen für Künstlerinnen und Künstler.

Bürokratieabbau und Transparenz
Das Kulturgesetzbuch bildet den Rahmen für eine Förderrichtlinie, die es erheblich erleichtert, Anträge auf Förderung zu stellen: Themen der Richtlinie sind u.a. ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn, die Anrechnung ehrenamtlichen Engagements, die anteilmäßige Berücksichtigung fest angestellten Personals, vereinfachte Verwendungsnachweise sowie Festbetragsförderung. Die Richtlinie, die bereits seit Mai 2021 in Kraft ist, soll alle zwei Jahre evaluiert werden, um den Bürokratieabbau auch nachhaltig zu betreiben. Das Kulturgesetzbuch schafft außerdem Rahmenbedingungen, die die Entwicklung der Kultur- und Förderpolitik im Sinne einer lebendigen Beteiligung aller Akteurinnen und Akteure vorsehen. Leitende Kriterien sind Transparenz und Verbindlichkeit.



 

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