Der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz kritisiert in seinem jüngsten Bericht die mangelnde Umsetzung der Orchesterstrukturreform von 2006 sowie die Auslastung und teilweise übertarifliche Bezahlung der Musikerinnen und Musikern in den drei Staatsorchestern des Landes.

Dieser Bewertung widerspricht der Landesmusikrat Rheinland-Pfalz.

"Wir erleben bei diesem Bericht wieder einmal das Phänomen, wenn Rechnungshöfe, Unternehmensberatungen oder Wirtschaftsprüfer Kulturbetriebe wie Orchester nach rein betriebswirtschaftlichen oder fiskalischen Kriterien untersuchen, dass das übliche Prüfungsinstrumentarium zu kurz greift. Die Strukturen eines Orchesters – auch wenn es formal als Landesbetrieb geführt wird – sind nicht mit denen von Behörden oder sonstigen Landeseinrichtungen vergleichbar. Deshalb ist auch der Faktor Vergütungen und Arbeitszeiterfüllung anders zu bewerten, als bei einem reinen Verwaltungsbetrieb“, so Peter Stieber, Präsident des Landesmusikrats Rheinland-Pfalz.

Ein Orchester ist ein künstlerischer Organismus, der dazu da ist, der Bevölkerung das musikalische Erbe der vergangenen Jahrhunderte und die Musik der Gegenwart nahe zu bringen und zu pflegen. Dabei kommt es historisch und gattungsspezifisch bedingt zwangsläufig zu gravierend unterschiedlichen Orchesterbesetzungen und dadurch auch partiell zu Über- und Unterbeschäftigungen der Musiker. Das lässt sich nicht immer nach rein ökonomischen oder betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgleichen. Die entstehenden Ungleichgewichte haben mit künstlerischen Anforderungen zu tun und entziehen sich deshalb weitgehend der formalen Kosten-Nutzen-Rechnung. Natürlich versuchen alle Orchester entsprechend der tariflichen und fiskalischen Vorgaben zu handeln.

Dass der Präsident eines Landesrechnungshofes sich mit den strukturell bedingten Unausgewogenheiten nicht zufrieden geben will, ist verständlich, darf aber nicht zu unzulässigen Schlussfolgerungen führen. Auch obliegt es nicht dem Landesrechnungshof die von der Politik zu klärende Frage: "Wieviel darf Kultur kosten?“, zu stellen. Rheinland-Pfalz hat hinsichtlich seiner Kulturausgaben im Vergleich der Bundesländer seit Jahren einen großen Nachholbedarf. Jüngst hat der Landesmusikrat in seinen musikpolitischen Forderungen auf die Notwendigkeit einer ausreichenden und zukunftsorientierten Finanzierung der Orchester in Rheinland-Pfalz hingewiesen. Die Klangkörper wirken als kulturelle Leuchttürme tief in die musikalische Vielfalt in ihren Regionen hinein.

Die Förderung von Kunst und Kultur ist eine staatliche Aufgabe, die nicht zur Disposition steht und nicht verhandelbar ist. Über die Frage was Kultur kostet und wieviel Kultur ökonomisch gesehen einbringt, geben mittlerweile zahlreiche Studien zur sogenannten Umwegrentabilität von Kunst und Kultur Auskunft. Die Umsätze und Steuererträge durch Kultureinrichtungen wie Orchester, Opernhäuser oder Museen hervorgerufen, sind ein anerkannter volkswirtschaftlich relevanter Faktor.

Insgesamt zeigt der Rechnungshofbericht aber auch, dass die 2006 in Kraft getretene Orchesterstrukturreform von Beginn an eine praxisferne Reform war, die primär zu Verkomplizierung und Gefährdung des Spielbetriebs der Orchester führte, aber kaum die gewünschten Synergieeffekte erbrachte.

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