In einem offenen Brief hat sich Prof. Wolfhagen Sobirey, Präsident des Landesmusikrats Hamburg, an den Hamburgischen Bildungssenator gewandt, um seiner Forderung nach einer Verankerung von Musik und Kunst als Pflichtfächer Nachdruck zu verleihen.
"Sehr geehrter Herr Senator Wersich,
grundsätzlich ist Ihr Engagement für den Musikunterricht zu begrüßen. Aber auch ich setze mich für die Gleichrangigkeit der Fächer Musik und Kunst ein.
Was ist der Hintergrund der aktuellen Debatte?
Die Bildungsbehörde plante bisher Kunstfeindliches. Der Musik- und Kunstunterricht der Klassen eins bis sechs soll halbiert, der Pflicht-Musik- und Kunstunterricht der Klassen 7 und 8 am Gymnasium soll abgeschafft werden - eine weitere Schwächung des Gymnasiums. Bereits die letzte Oberstufenreform hat bewirkt, dass immer weniger Oberstufenschüler das Fach Musik wählen können usw. Diese negativen Entwicklungen hat die Öffentlichkeit bisher gar nicht aufgenommen.
Statt wie bisher meist zwei Musik- und zwei Kunststunden pro Woche, soll es in den Grundschulen zukünftig zulässig sein, nur noch je eine Stunde pro Jahrgang und Woche anzubieten. Das wäre ein Dammbruch! Der Musik- und Kunstunterricht der Grundschulen ist die Basis unseres Kulturlebens. Es soll zwar einen „Gestaltungsraum“ mit 17 Stunden pro Schule geben, aus denen z.B. auch eine zweite Musik- oder Kunststunde genommen werden könnte, aber an diesem Stundenpool haben alle Fächer Interesse, und die Künste haben in den Lehrerkonferenzen vieler Schulen einen schweren Stand.
Die zukünftig wegfallenden Stunden sollen durch Angebote am Nachmittag ersetzt werden, so erneut eine Äußerung der GAL vom 25.1.2011. Was das bedeutet, wissen wir. Statt professioneller Pädagogen werden allzu häufig Personen eingesetzt, die pädagogisch nicht angemessen ausgebildet sind, unsichere Verträge bekommen und schlecht bezahlt sind. Seit langem kritisiert der Landesmusikrat diese Entfachlichung des Musikunterrichts.
Ein Wort zur Musik. Hamburg will eine Musikstadt werden, setzt eine halbe Milliarde Euro in Bewegung, um die Elbphilharmonie als zusätzliches, großes Musikzentrum, zu bauen, das ist selbstverständlich sehr zu begrüßen – und die Schulbehörde kürzt gleichzeitig den grundlegenden Musikunterricht der Schulen? Das passt nicht zusammen, da haben Sie recht.
Aber ganz ähnlich ist die Situation beim Kunstunterricht. Wir leben im „optischen Zeitalter“, die Menschen werden mit Bildern geradezu überschüttet – und sie sollen weniger Anregungen bekommen, damit kompetent und selbstbestimmt umgehen zu können?
Auch die künstlerischen Fächer gehören in den Kernunterricht der Schule. Weil die Kinder dann erst kreative, „ganze Persönlichkeiten“ werden und weil sie in solchen Schulen auch motivierter lernen.
Musik und Kunst müssen Pflichtfächer bleiben mit je zwei Schulstunden pro Woche. Die Stunden dafür können in den Grundschulen aus dem „Gestaltungsraum“ genommen werden.
Prof. Wolfhagen Sobirey, Präsident des Landesmusikrats"
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