Die Zeiten, in denen man in Bibliotheken nur Bücher ausleihen konnte, gehören längst der Vergangenheit an. Vielmehr sind sie heutzutage Serviceeinrichtungen, die Wissen bereitstellen und Techniken im Umgang mit diesem Wissen vermitteln.

Um diese Leistungen im Interesse ihrer Nutzerinnen und Nutzer auszuweiten, verän-dert das Land Rheinland-Pfalz die Organisation seines Bibliothekswesens. Zum 1. September dieses Jahres verschmelzen die Pfälzische Landesbibliothek (Speyer), die Rheinische Landesbibliothek (Koblenz), die Bibliotheca Bipontina (Zweibrücken), die Landesbüchereistelle Rheinland-Pfalz (Koblenz) und die Staatliche Büchereistelle Rheinhessen-Pfalz (Neustadt an der Weinstraße) zu einer einzigen Einrichtung: zum Landesbibliothekszentrum. „Fünf starke Partner schließen sich zusammen, um ge-meinsam noch stärker zu werden“, sagte Kultur-Staatssekretär Roland Härtel heute in Mainz. Bei einer Pressekonferenz stellte er der Öffentlichkeit die Grundzüge dieser neuen, bundesweit einmaligen Einrichtung vor.

Während die beiden Büchereifachstellen die Serviceinstitutionen des Landes für die rund 300 öffentlichen Stadt- und Gemeindebibliotheken seien, böten die drei Lan-desbibliotheken der Bevölkerung die Versorgung mit wissenschaftlicher Literatur au-ßerhalb der Hochschulen, erläuterte der Staatssekretär. Diese Trennung erscheine heute nicht mehr sinnvoll. „Die Zusammenführung der Einrichtungen schafft eine zu-kunftsfähige Struktur, die auf dem Weg zur entstehenden Wissensgesellschaft den Zugang zu den weltweiten Informationsangeboten erleichtert und ihnen unter Nut-zung der modernen Informationstechnologien die Dienstleistungen der einzelnen Ein-richtungen gebündelt anbietet“, sagte er.

Härtel verwies weiterhin darauf, dass die Landesregierung mit ihrer bundesweit bei-spiellosen Entscheidung für die Gründung des Landesbibliothekszentrums keine Ein-sparziele verfolge. „Wir wollen stattdessen auf dem Hintergrund der schwierigen Haushaltslage der öffentlichen Hand Synergieeffekte nutzen, um das Angebot unse-rer Bibliotheken und Büchereistellen qualitativ wie quantitativ zu verbessern“, erklärte Härtel. Deswegen solle der Etat des Landesbibliothekszentrums in der Summe auch etwa dem entsprechen, was die derzeit eigenständigen Einrichtungen an Haushalts-mitteln zur Verfügung haben - das sind zusammen rund zehn Millionen Euro pro Jahr.

Durch die Zusammenführung der Verwaltung und damit auch von Führungspositio-nen, die Einrichtung zentraler Fachreferate, die Nutzung einer gemeinsamen EDV und anderer Vorteile einer solchen Zusammenführung spare man Geld, das an ande-rer Stelle zu Gunsten der Nutzerinnen und Nutzer ausgegeben werden könne. „Wir können nach der Umstrukturierung deutlich mehr neue Bücher und andere Medien anschaffen. Wir werden vor allem auch unsere landesweiten Serviceleistungen spür-bar intensivieren. Ich denke da an Leseförderung, verstärkte Vermittlung von Me-dienkompetenz, Schulungen im Umgang mit elektronischen Medien, an eine Stär-kung der Zusammenarbeit mit den kommunalen, staatlichen und kirchlichen Trägern von Büchereien und anderes mehr“, sagte Härtel.

Das rasante Wachstum an weltweit vorhandenem Fachwissen, die Notwendigkeit lebenslangen Lernens, die Veränderungen des Medienverhaltens der Gesellschaft und die große Bedeutung der elektronischen Medien für den Wissenstransfer mach-ten es notwendig, die Service- und Vermittlerfunktion der Bibliotheken und Bücherei-en deutlich stärker wahrzunehmen. Die Bedeutung der Bibliotheken als Leuchttürme oder als Wissensnavigatoren, die durch die Flut der Informations- und Medienvielfalt lotsen, wachse, sagte der Staatssekretär. „Bibliotheken werden immer mehr zu Kompetenzzentren für Medien. Auf diese Veränderungen müssen wir reagieren“, meinte Härtel.

Dabei werde die Spartentrennung zwischen wissenschaftlichen und öffentlichen Bib-liotheken aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer immer unwichtiger. „Dem tragen wir durch die Zusammenfassung der Buch- und Zeitschriftenbestände der wissenschaft-lichen und öffentlichen Bibliotheken in einem internetbasierten Online-Nachweis und Bestellsystem Rechnung“, erläuterte der Kultur-Staatssekretär. Bürgerinnen und Bürger überall im Land hätten damit einen unmittelbaren Zugriff auf den Gesamtbe-stand, den sie dann direkt oder über ihre nächst gelegene Bücherei ausleihen könn-ten. In der für diese Online-Recherche zur Verfügung stehenden „Virtuellen Biblio-thek Rheinland-Pfalz“ seien derzeit bereits über vier Millionen Bände aus rund 110 Bibliotheken des Landes nachgewiesen.

Härtel sicherte zu, dass die Neustrukturierung keine Schließung der bestehenden Standorte bedeute und für die jetzigen, auf rund 125 Stellen beschäftigten Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter keine negativen Auswirkungen haben werde. „Entlassungen kann ich mittelfristig ebenso ausschließen wie Versetzungen gegen den Willen der Betroffenen“, so Härtel. Wo Synergieeffekte zu Aufgabenreduzierungen führten, wer-de der gewonnene Spielraum dazu genutzt, dass die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter andere Tätigkeiten ausführen könnten. Auf dieser Grundlage hätten der Hauptpersonalrat und die örtlichen Personalräte der Neuorganisation bereits zu-gestimmt. Einsparungen im Personalbereich, beispielsweise durch ein Nicht-Wiederbesetzen von Stellen, sollten Freiraum schaffen, um die Sachausgaben erhö-hen zu können.

Sitz der zentralen Verwaltung des Landesbibliothekszentrums werde Koblenz sein. „Eine Reihe von Sachgründen spricht dafür“, begründete Härtel die Entscheidung. So binde der derzeit umzusetzende EDV-Anschluss der Pfälzischen Landesbibliothek Speyer an das gängige Hochschulbibliothekszentrum Nordrhein-Westfalen, dem na-hezu alle wissenschaftlichen Bibliotheken von Rheinland-Pfalz angehörten, Perso-nalkapazität. Ein weiterer Grund: In Speyer würden im Laufe dieses Jahres sowohl der Verwaltungsleiter als auch seine Stellvertreterin ausscheiden. „Damit fehlt in Speyer in Kürze auch bei einer Wiederbesetzung jede interne Erfahrung mit der Ver-waltung sowohl der Speyerer Institution als auch mit den ja schon immer bestehen-den Kontakten mit den übrigen Dienststellen“, so Härtel.

Für Koblenz spreche, dass dort durch das Vorhandensein von zwei Dienststellen an einem Ort – nämlich der Landesbüchereistelle und der Landesbibliothek – eindeutig die größeren personellen Ressourcen im Verwaltungsbereich vorhanden seien.

Härtel teilte mit, dass die Leitung des künftigen Landesbibliothekszentrums jetzt schon kommissarisch vergeben werden müsse, da in beiden Landesbibliotheken die Leitungsstellen vakant seien. Bis zur endgültigen Besetzung der Leitungsfunktion werde daher Dr. Helmut Frühauf, derzeit stellvertretender Leiter der Rheinischen Landesbibliothek in Koblenz, diese Aufgabe wahrnehmen.

Staatssekretär Härtel äußerte abschließend die Überzeugung, dass sich das Lan-desbibliothekszentrum als leistungsstarkes Kompetenzzentrum für alle Fragen im Bereich Medienkompetenz, Medienbereitstellung und –vermittlung, Informationsre-cherche und –vermittlung unter Einsatz der modernen Technologien in Rheinland-Pfalz zum Nutzen der ganzen Bevölkerung etablieren werden.

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