Der Kurt-Hübner-Preis der Bremer Theaterfreunde geht in diesem Jahr an die Sängerin Marysol Schalit. Zum zweiten Mal wird auch ein Nachwuchspreis vergeben, den erhält die 25-jährige Shirin Eissa. Die Preisverleihung findet am Samstag, dem 2. Juli im Kleinen Haus statt. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei, es gibt Zählkarten an der Theaterkasse.
Kurt-Hübner-Preis 2022
In der Jurybegründung zum Kurt-Hübner-Preis heißt es:
„Seit der Spielzeit 2010/11 gehört die Sopranistin Marysol Schalit zum Musiktheaterensemble am Theater Bremen. Sie begeisterte unter anderen als Gilda („Rigoletto“), Musetta („La Boheme“) und Jenny Hill („Mahagonny“). In starker Erinnerung blieben ihre Verkörperungen der Titelpartien in Hartmanns „Simplicius Simplicissimus“ und Bergs „Lulu“. Eine weitere Titelpartie Marysol Schalits folgte mit Janáčeks „Das schlaue Füchslein“ in der aktuellen Spielzeit. Tatjana Gürbacas kluge Regie und ein – allen voran: Marysol Schalit – spielfreudiges Ensemble schufen einen großen kleinen Opernabend.
Neben dieser Partie prägte Marysol Schalit als Pamina in Mozarts „Zauberflöte“ und Nannetta in Verdis „Falstaff“ zwei weitere spannende Opernproduktionen. Die Ansetzung dreier großer Partien in drei Neuinszenierungen in direkter Folge war der Pandemie geschuldet. Marysol Schalit begriff diese Herausforderung als Chance, die sie wunderbar zu meistern wusste. Vergessen werden sollten dabei nicht die Wiederaufnahmen „Liebestrank“ und „Imagine“. Wenn man so will: fünf Hauptrollen in einer Spielzeit!
Im Haus und beim Bremer Publikum gilt Marysol Schalit nicht nur stimmlich, sondern auch darstellerisch als ausgesprochen stark – Ausflüge in experimentellere Produktionen der Schauspielsparte wie „Faust hoch Zehn“ eingeschlossen.
Marysol Schalit wird das Theater Bremen mit dem Ende der Spielzeit als festes Ensemblemitglied verlassen. Für die Jury ist die Verleihung aber kein Abschiedsgeschenk, sondern die verdiente Würdigung einer beeindruckenden Leistung in der zu Ende gehenden Spielzeit – und eine herzliche Einladung, auch in Zukunft wieder am Theater Bremen vorbeizuschauen. Ein erster Gastauftritt ist für die kommende Spielzeit bereits geplant.“
Marysol Schalit über die Auszeichnung: „Ich war so gerührt, als Michael Börgerding mir diese wunderschöne Nachricht überbrachte. Für mich ist es ein riesengroßes und besonderes Geschenk, diese wundervolle Wertschätzung und Ehrung in meinem letzten Ensemblejahr durch den Kurt-Hübner-Preis zu erhalten! Mir wurde gesagt, es sei kein Abschiedsgeschenk, sondern vielmehr eine herzliche Einladung, auch in Zukunft vorbei zukommen! Und so freue ich mich schon jetzt, als Gast in der nächsten Saison wieder in Bremen singen zu dürfen!“
Mit dem Kurt-Hübner-Preis zeichnen die Bremer Theaterfreunde e.V. seit 1996 jährlich eine besonders herausragende künstlerische Leistung am Theater Bremen aus. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wurde zuletzt an die Schauspielerin Nadine Geyersbach und den Schauspieler Alexander Swoboda (2016), an die Jungen Akteure (2017), an den Chor des Theater Bremen unter Leitung von Alice Meregaglia (2018), an den Schauspieler Simon Zigah (2019) und zuletzt an Hausregisseurin Alize Zandwijk (2020) verliehen. Benannt ist der Preis nach Kurt Hübner, der von 1962 bis 1973 Generalintendant am Theater Bremen war.
Nachwuchspreis
Der Nachwuchspreis der Bremer Theaterfreunde wurde 2020 zum ersten Mal vergeben, er ist ebenfalls mit 5000 Euro dotiert. Mit dem Preis sollen junge Theaterkünstler:innen ausgezeichnet werden, die aufgrund ihrer Leistung und Persönlichkeit als besonders förderungswürdig erscheinen. Er wird gemeinsam mit dem bereits 1996 ins Leben gerufenen Kurt-Hübner-Preis vergeben. Der erste Preisträger war Killian Farrell, in diesem Jahr ist es Shirin Eissa.
In der Jurybegründung zum Nachwuchspreis heißt es:
„Der gebürtigen Hannoveranerin Shirin Eissa gelang es in ihrem zweiten Jahr am Theater Bremen, ihre darstellerische Wandlungsfähigkeit auf mehreren Ebenen mit frappierendem Nachdruck unter Beweis zu stellen. Die 25-jährige überzeugte die Jury in dem Vier-Personen-Stück „Eileen“ ebenso wie im großen Ensemble als Ronja Räubertochter oder als sich ihrer sehr bewussten Performerin in Felix Rothenhäuslers Installation „Picknick“. Sie behauptete sich als anrührende Erna in „Kasimir und Karoline“ gegen die Bühnendominanz der dreifach besetzten Titelfiguren und verlieh der an ihrer Liebe zweifelnden Wahida in der Wiederaufnahme von „Vögel“ eindrucksvolle Präsenz.
Zu ihren stärksten Momenten im Großen Haus gehörten die fulminanten Auftritte als Ronja Räubertochter, die sie mit derart praller Energie und strotzender Lebensfreude ausstattete, dass nicht nur die Kinder im Publikum mitgerissen applaudierten. Die Auszeichnung mit dem Nachwuchspreis ist nach Auffassung der Jury die schlüssige Folge angesichts der herausragenden Leistung einer so vielseitigen wie vielversprechenden Schauspielerin in der zu Ende gehenden Spielzeit 2021/22.“
Shirin Eissa zum Erhalt des Nachwuchspreises: „Ich freue mich sehr und danke von Herzen! Ich begreife diesen Preis als Förderung meiner künstlerischen Persönlichkeit und möchte ihn nutzen, um diese in verschiedene Richtungen auszubauen. Ein ganz besonderes Danke geht an meine tollen Kolleg:innen, mit denen ich meine ersten Arbeitserfahrungen machen durfte und von denen ich nach wie vor viel lerne: Ich arbeite und spiele so gern mit euch.“
Die diesjährige Jury setzte sich wie folgt zusammen: Prof. Michael Börgerding (Intendant Theater Bremen), Ursula van den Busch (Theaterfreunde), Lore Kleinert (Theaterfreunde), Daniel de Olano (Theaterfreunde), Eva Quante-Brandt (Theaterfreunde), Jens Fischer (Journalist), Christine Gorny (Radio Bremen), Jan-Paul Koopmann (Journalist) und Peter Schulz (Journalist).
Mehr zu den Preisträgerinnen
Marysol Schalit, geboren in Basel, ist seit der Spielzeit 2010/11 Ensemblemitglied am Theater Bremen und war dort u. a. als Susanna in „Le nozze di Figaro“, Gilda in „Rigoletto“, Gretel in „Hänsel und Gretel“, in der Titelpartie von Hartmanns „Simplicius Simplicissimus“, Anne Trulove in „The Rake’s Progress“, in der Titelpartie von Händels „Alcina“ und zudem als Lulu in Bergs „Lulu“ zu erleben. Sie gastierte zudem als Musica/Ninfa/Speranza in Monteverdis „Orfeo“ am Teatro Arriaga in Bilbao, als Pamina und als Angelica aus Händels „Orlando“ am Theater Osnabrück und als Gretel an der Opéra de Nancy. Neben dem spartenübergreifenden John Lennon-Liederabend „Imagine“ war sie in dieser Spielzeit u. a. in der Titelpartie von Janáceks „Das schlaue Füchslein“, als Pamina in „Die Zauberflöte“, Adina in „L’elisir d’amore“ und Nannetta in „Falstaff“ zu erleben. Für die Partien Gretel, Simplicius und Gilda wurde sie in der Spielzeit 2016/17 mit dem Bremer Publikumspreis „Silberner Roland“ ausgezeichnet. Marysol Schalit ist Preisträgerin verschiedener Wettbewerbe u.a. des internationalen Simandy Jozsef in Ungarn, des Migros-Kulturprozent Studienpreises, des Anneliese Rothenberger und des Internationalen Gesangswettbewerbs der Oper Schloss Hallwyl. Regelmäßig führen Marysol Schalit Konzerte in die Schweiz, nach ganz Europa und 2019 gab sie auch ihr Debüt in China.
Shirin Eissa, 1997 in Hannover geboren, absolvierte von 2016 bis 2020 ihre Schauspielausbildung an der Otto Falckenberg Schule in München. Dort wurde sie 2018 mit dem Eva Frank Stipendium und dem Stipendium des Deutschen Bühnenvereins ausgezeichnet. Während ihres Studiums arbeitete sie u. a. mit Florentina Holzinger („Etude for an Emergency“, Münchner Kammerspiele), Caroline Kapp („Messy History Lessons“, Pathos München), Sapir Heller („European Homecare“, Prinzregententheater München) und Crescentia Dunßer („Wie hoch ist Augenhöhe?“, Münchner Kammerspiele). Vor ihrer Ausbildung besuchte sie als Jugendliche viele Jahre die Musicalschule StagePerform in Hannover und gründete 2015 gemeinsam mit Freunden das freie Jugendtheaterkollektiv Oscar Weildas Ensemble, mit dem sie eigene Stückentwicklungen realisierte, die sie bei Festivals und im Schauspielhaus Hannover zum Abschluss brachte. Seit der Spielzeit 2020/21 ist Shirin Eissa festes Ensemblemitglied am Theater Bremen. Sie startete mit Felix Rothenhäuslers „Trüffel Trüffel Trüffel“ und Armin Petras „düsterer spatz am meer / hybrid (america)“, in dieser Spielzeit stand sie bereits bei Alize Zandwijks Inszenierung „Kasimir und Karoline“ sowie in „Ronja Räubertochter“ und „Eileen“ auf der Bühne. Shirin Eissa ist Teil des Ensemble-Netzwerks.