Am 17.06.2010 haben die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam den von unabhängigen Experten erarbeiteten Bericht „Bildung in Deutschland 2010“ vorgestellt.
Der dritte Bildungsbericht untersucht in seinem Schwerpunktkapitel, welche Perspektiven sich für das Bildungswesen durch den demografischen Wandel ergeben. Die Ergebnisse des aktuellen Bildungsberichts belegen, dass die Zukunft unserer Gesellschaft wesentlich davon abhängt, ob es gelingt, die bereits eingeleiteten dynamischen Modernisierungsprozesse des Bildungssystems zu verstärken.
Der Präsident der Kultusministerkonferenz und bayerische Kultusminister Dr. Spaenle betonte dazu: „Auch in Zeiten der Finanzkrise gilt: Investitionen in Bildung und Forschung haben Priorität. Sie leisten einen zentralen Beitrag, um unser Bildungssystem zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland auf Dauer zu sichern. Dabei erbringen Länder und Kommunen den mit Abstand größten Beitrag an den Bildungsausgaben in Deutschland.“ Parlamentarischer Staatssekretär Braun: „Bildung muss weiter Priorität haben. Gerade auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gehört die Weiterentwicklung des Bildungssystems zu den zentralen Zukunftsaufgaben. Die Bundesregierung hält deshalb an dem Ziel fest, dass im Jahr 2015 für Bildung und Forschung zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausgegeben werden. Sie investiert deshalb in dieser Legislaturperiode 6 Mrd. Euro in Bildung.“
Neben den aktuellen Entwicklungen stellt der Bildungsbericht 2010 erstmals auch Perspektiven des Bildungswesens im demografischen Wandel vor, der für das Bildungswesen weitreichende Auswirkungen haben wird:
- Alternde Gesellschaft: Anwachsen des Anteils der Personen, die 65 Jahre oder älter sind, bis zum Jahr 2025 um 21%, Rückgang der Altersgruppe der unter 30-Jährigen bis 2025 von 25,5 auf 21,3 Mio. um 16,4%;
- Sinken der Gesamtzahl der Bildungsteilnehmer bis 2025 um insgesamt 15%. Rückgang der Schülerzahlen an allgemeinbildenden Schulen von 9 Mio. (2008) auf 7,3 Mio. (2025) um 18,9%; insbesondere in westdeutschen Flächenländern;
- Große regionale Unterschiede vor allem zwischen Ballungsräumen/Großstädten mit einer Zunahme und dem ländlichen Raum mit einer Abnahme von Bildungsteilnehmern.
Die aktuellen Entwicklungen bestätigen die in den vergangenen Berichten aufgezeigten Trends:
- Zunehmendes Betreuungsangebot von Kindern unter drei Jahren und neuer Personalhöchststand bei pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen;
- Verdoppelung der Schülerinnen und Schüler, die Ganztagsangebote nutzen - mittlerweile arbeitet fast jede zweite Schule des Primar- und Sekundarbereichs I im Ganztagsbetrieb;
- Steigendes Bildungsniveau: der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Hochschulzugangsberechtigung ist in den vergangenen Jahren weiter gestiegen; zugleich ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler ohne Hauptschulabschluss rückläufig; zunehmende Qualifikation zeigt sich vor allem bei Frauen;
- Höchststand bei der Zahl der Studienanfänger, sodass die Studienanfängerquote mit 43% (2009) deutlich über der Zielmarke von 40% liegt; ebenso ist die Zahl der Studienabsolventen weiter gestiegen;
- Anstieg der absoluten Bildungsausgaben von 147,8 Mrd. Euro (Anteil von 6,1% am BIP) im Jahr 2007 auf 155 Mrd. Euro (Anteil von 6,2% am BIP) im Jahr 2008;
- Verbesserung der Ausbildungsmarktsituation mit einem Rückgang des Übergangssystems.
Der demografische Wandel stellt neue Herausforderungen an Wirtschaft und Gesellschaft, zu deren Bewältigung das Bildungssystem einen wesentlichen Beitrag leisten muss:
- Die Bildungsteilnehmer müssen über den gesamten Lebenslauf qualifiziert werden. Insbesondere die Arbeitskräfteentwicklung macht einen Ausbau von Bildungsangeboten und Qualifizierungsmöglichkeiten auf allen Stufen erforderlich.
- Die Kluft in den Bildungsverläufen von Kindern und Jugendlichen, die bestehende Bildungsangebote erfolgreich nutzen, und jenen, bei denen sich schwierige soziale und kulturelle Rahmenbedingungen nachteilig auswirken, muss deutlich verringert werden.
- Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft Deutschlands wird mit davon abhängen, inwieweit auch für sozial Benachteiligte und Menschen mit Migrationshintergrund durch deren Bildungsbeteiligung eine erfolgreiche Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Leben ermöglicht wird.
- Auch unter den sich verändernden demografischen Bedingungen der kommenden Jahre muss eine regional ausgewogene Bildungsversorgung sichergestellt werden.
- In der „alternden Gesellschaft“ muss zum einen durch eine verstärkte berufsbezogene Weiterbildung das Qualifikationspotenzial der Bevölkerung gesichert und zum anderen durch nicht berufsbezogene Weiterbildungsangebote die gesellschaftliche Teilhabe der älteren Bevölkerung erhöht werden.
Parlamentarischer Staatssekretär Braun: „Der aktuelle Bildungsbericht zeigt, dass wir angesichts des demografischen Wandels die Potenziale aller Kinder und Jugendlichen entwickeln müssen. Der Bund wird deshalb 3 Mrd. Euro in die Schaffung von mehr Bildungsgerechtigkeit investieren. Konkret gehören dazu lokale Bildungsbündnisse und der Einsatz von Bildungslotsen für den Übergang von der Schule in die Ausbildung. Darüber hinaus schaffen wir mit 3 Mrd. Euro die Voraussetzungen für den Ausbau der Hochschulbildung.“
Der Präsident der Kultusministerkonferenz wies in diesem Zusammenhang auf die Chancen des föderalen Prinzips hin: „Der demografische Wandel wirkt sich in den einzelnen Ländern unterschiedlich aus - je nach regionalen und standortspezifischen Gegebenheiten. Unser föderales Bildungssystem ist bestens geeignet, diesen unterschiedlichen Herausforderungen im Bildungswesen passgenau zu begegnen. Es ermöglicht den Ländern, ihre gemeinsam im Rahmen der Kultusministerkonferenz entwickelten Leitlinien länderspezifisch auszugestalten. So haben die Länder bereits im März 2010 eine Förderstrategie für leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler verabschiedet. Zudem werden die Übergänge von der Schule in die Ausbildung mit Hilfe eines nachhaltigen Ausbildungspakts weiter verbessert. Und die Kultusministerkonferenz schafft darüber hinaus Möglichkeiten, Zusatzqualifikationen über die berufliche Ausbildung zu erlangen und beruflich Qualifizierten den Hochschulzugang zu ermöglichen. Zusätzlich wird der Hochschulpakt um den Qualitätspakt ‚Lehre’ ergänzt.“
Funktion und Grundlage des Bildungsberichts Der zum dritten Mal vorgelegte Bildungsbericht als aktuelle Bestandsaufnahme zur Entwicklung des gesamten deutschen Bildungswesens wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Kultusministerkonferenz von einer unabhängigen Wissenschaftlergruppe unter Leitung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) erstellt. Beteiligt sind das Deutsche Jugendinstitut (DJI), die Hochschul-Informations-System GmbH (HIS), das Soziologische Forschungsinstitut e.V. an der Universität Göttingen (SOFI), das Statistische Bundesamt und die Statistischen Ämter der Länder.
Der Bildungsbericht mit seiner auf Indikatoren gestützten Gesamtschau ist eine verlässliche Grundlage für Zieldiskussionen sowie für politische Entscheidungen und er sorgt für Transparenz im Bildungssystem. Mit dem heute vorgelegten dritten Bericht werden in Kontinuität zu den Bildungsberichten 2006 und 2008 sowohl Veränderungen im zeitlichen Verlauf verdeutlicht als auch aktuelle Entwicklungen im Bildungssystem aufgegriffen.
Den Bericht sowie weiterführende Materialien und Informationen finden Sie im Internet unter http://www.bildungsbericht.de.