Am (gestrigen) Dienstag hat Kulturstaatsminister Bernd Neumann im Schloss Genshagen bei Berlin den BKM-Preis für Kulturelle Bildung 2012 an drei beispielgebende Modellprojekte verliehen. Bei der Festveranstaltung betonte Bernd Neumann: „Die Bundesregierung hatte sich am Anfang der Legislaturperiode das Ziel gesetzt, den Zugang zu kulturellen Angeboten unabhängig von sozialer Lage und Herkunft zu erleichtern und die Aktivitäten im Bereich der kulturellen Bildung zu verstärken. Um das Engagement der vielen Initiativen zu würdigen, hat mein Haus den BKM-Preis Kulturelle Bildung ausgelobt, den wir in diesem Jahr zum vierten Mal vergeben. Dieser Preis ist ein voller Erfolg und eine nachhaltige Motivation. Mir war es deshalb auch wichtig, diesen Bereich weiter zu stärken und die Mittel meines Hauses für „kulturelle Vermittlung“ nochmals aufzustocken. Nach 1 Mio. Euro im Jahr 2010 und 1,2 Mio. Euro im Jahr 2011 stehen in diesem Jahr nunmehr 1,5 Mio. Euro zur Verfügung. Geld ist zwar nicht alles – aber ohne Geld ist alles nichts, das gilt auch für die kulturelle Bildung. Immer wieder habe ich in der Regierung für die Kulturelle Bildung geworben – mit Erfolg!
Rechnet man einmal zusammen, was die Kulturstiftung des Bundes und mein Haus für kulturelle Bildung ausgeben – von Kulturagenten bis Vision Kino – dann waren das 2011 mehr als 11 Millionen Euro zusammen. Hinzu kommen noch unsere großen Einrichtungen wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Klassikstiftung Weimar oder das Haus der Geschichte in Bonn. Sie haben eigene, zum Teil groß angelegte Vermittlungsprogramme. Wenn man dies alles zusammenrechnet, kommen wir insgesamt dann auf über 20 Millionen Euro.
Ich betrachte es als einen bedeutenden Schritt für die gute Sache, wenn nun das Familienministerium den Etat für den Kinder- und Jugendplan um eine Million aufgestockt hat. Auch das Bundesbildungsministerium wird ab 2013 erhebliche Mittel für die ‚Bündnisse für Bildung einsetzen, um außerschulische Angebote der kulturellen Bildung für benachteiligte Kinder und Jugendliche zu finanzieren und damit Chancen zu ermöglichen.“
Aus 122 Vorschlägen hat eine Fachjury drei Preisträger ausgewählt, die mit gleichwertigen Preisen à 20.000 Euro ausgezeichnet wurden:
„AMBULANZ – Kunstvermittlung auf dem Lande“ - Kunstraum Tosterglope e.V. (Niedersachsen)
Die Gemeinde Tosterglope besteht aus mehreren Dörfern mit insgesamt etwa 650 Einwohnern im Landkreis Lüneburg. Der Verein KUNSTRAUM TOSTERGLOPE e.V. wurde zur „Förderung und Pflege von Kunst und Kultur, insbesondere auch in Zusammenarbeit mit Jugendlichen“ gegründet. In seinem Projekt "Ambulanz - Kunstvermittlung auf dem Lande. Ein Vermittlungsnetz in die zeitliche und räumliche Fläche" arbeitet er mit Schülerinnen und Schülern, mit Eltern-Kind-Gruppen, Familienbildungsstätten etc. zusammen, um „autarke künstlerische Strukturen“ mit schulischen Strukturen zu verknüpfen, wobei feste Kooperationen entstehen. Seit 2008 sind über 60 Projekte durchgeführt worden.
„Auf Augenhöhe“ der Stiftung Kunsthalle Emden (Niedersachsen)
Acht Kinder im Alter von zwei bis fünf Jahren wurden zu Akteuren gemacht, in dem sie nach einer Projektvorbereitung eine Ausstellung für Kinder in der Kunsthalle gestalten durften. Die aus der Sicht von Erwachsenen durchaus erstaunliche Bildauswahl der Kinder hat sehr positive Besucherreaktionen hervorgerufen und wird die zukünftige Wahl der Workshopthemen beeinflussen. Alle Kosten (Materialeinsatz ca. 1000 Euro) wurden aus dem Ausstellungsetat des Museums bestritten; der relativ geringe finanzielle Aufwand vergrößert die Chance, dass andere Museen dieses Projekt kreativ nachahmen.
„Forschungstheaterprogramm“ - Fundus Theater Hamburg in Kooperation mit dem PROFUND Kindertheater e.V. (Hamburg)
Das Fundus Theater ist das bundesweit einzige szenische Labor, das sich der Forschung an der Schnittstelle zwischen Kindheit, darstellender Kunst und Wissenschaft widmet. Kinder, Künstler und Wissenschaftler inspirieren sich gegenseitig. Damit entsteht ein Forum für gleichberechtigtes Forschen mit künstlerischen Methoden, wobei der Schwerpunkt bei den Kindern auf Grundschulklassen aus sozial benachteiligten Stadtteilen gelegt wird. In dem Projekt „Die Kinderbank“ wurde gemeinsam mit Kindern aus Hamburger Schulen Geld hergestellt und dabei der Frage nachgegangen, was Geld zu echtem Geld macht und wie es verteilt wird. In diesem Zusammenhang sind auch öffentliche Vorstandssitzungen abgehalten worden, an denen u.a. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beteiligt waren.
Zu den zehn für den BKM-Preis 2012 nominierten Projekten gehörten außerdem:
„Feuergriffel“ -Stadtbibliothek Mannheim (Baden-Württemberg)
Ein deutschlandweit einzigartiges Stadtschreiberprojekt für Autorinnen und Autoren der Kinder- und Jugendliteratur.
„Hörpol“ - Hans Ferenz (Berlin)
Sparten-, generations- und bildungsschichtenübergreifendes Projekt über die Geschichte jüdischen Lebens in Berlin, in dem sich Jugendliche über MP3-Player oder Handys 27 Orte – angeregt durch Zeitzeugenaussagen, musikalische oder literarische Beiträge – selbständig erschließen können.
„Jung und neugierig – Beethoven für Azubis“- Internationale Beethovenfeste Bonn (Nordrhein-Westfalen)
Aktivierendes Vermittlungsprojekt, in dem unter Einbeziehung der regionalen Industrie-und Handelskammer Azubis in einem Percussion-Workshop auf einen Konzertbesuch für Auszubildende Bonner Unternehmen vorbereitet wurden.
„Kinder der Zeit – Zeugen wider Willen (?)“ - theater der jugend paderborn (Nordrhein-Westfalen)
Geschichtsprojekt, in dem Jugendliche und junge Erwachsene aus Deutschland, Polen und Tschechien mit Hilfe von Zeitzeugen ein Theaterstück über die Zeit von 1933 bis 1950 erarbeitet haben.
„Ran an die Quellen!“ des Instituts für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation, Stadt Wolfsburg (Niedersachsen)
Neue Wege der Vermittlungsarbeit für Schulklassen, bei dem mit unterschiedlichen künstlerischen Formaten die Quellen des Stadtarchivs erschlossen und regionale Geschichte erkundet werden kann.
„SchlimmCity“ des Kultur im Ringlokschuppen e.V. (Nordrhein-Westfalen)
Projekt, bei dem eine künstlerische Bestandsaufnahme zur Situation und Funktion der Innenstädte in Interaktion mit der Stadtgesellschaft, Künstlern und Alltagsexperten erfolgte.
„TamiDos“ des Hans Otto Theaters Potsdam (Brandenburg)
Ein über viele Jahre erprobtes Format, in dem mit der experimentellen Methode des „Shadow Interpreting“ vier Vorstellungen pro Jahr für stark hörgeschädigte Menschen durchgeführt werden, wobei durch die Kombination von Theaterspiel und Gebärdensprache eine eigene Kunstform entsteht.
Das Auswahlverfahren für den „BKM-Preis Kulturelle Bildung“ ist mehrstufig:
50 Vorschlagsberechtigte aus allen künstlerischen Sparten sondieren geeignete Projekte - darunter Stiftungen, Dachverbände und gemeinnützige Vereine. Anschließend schlagen diese jeweils bis zu drei Projekte für den BKM-Preis vor. Eine vom BKM benannte, unabhängige Fachjury bewertet dann diese Vorschläge, nominiert daraus zehn Projekte und empfiehlt die drei besten für die Auszeichnung mit dem „BKM-Preis Kulturelle Bildung“. Die endgültige Entscheidung über die Vergabe des Preises liegt beim Kulturstaatsminister.
Der BKM-Preis honoriert herausragende, bundesweit beispielhafte Projekte der kulturellen Vermittlung, die möglichst diejenigen ansprechen, die bislang keine oder geringe Verbindungen mit Kultureinrichtungen hatten. Der mit insgesamt 60.000 Euro dotierte Preis wird seit 2009 jährlich vergeben und soll die Bedeutung vorbildlicher Vermittlungsarbeit für alle Kulturinstitutionen unterstreichen.
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