Der Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für die 20. Wahlperiode des Deutschen Bundestags (2021 bis 2025) enthält nur wenige Aussagen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Urheberrechts. Dessen ungeachtet weist der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, darauf hin, dass das Urheberrecht weiterhin für Urheberinnen und Urheber, ausübende Künstler, die gesamte Kultur- und Kreativwirtschaft sowie die Kultureinrichtungen von zentraler Bedeutung ist. Hinzu kommt, dass in diesem Rechtsgebiet ständig neue Antworten auf die vielen Fragen gefunden werden müssen, die sich durch die fortschreitende Digitalisierung und die vielfältigen technischen Veränderungen ergeben.
 
Das Urheberrecht hat dabei eine zentrale, marktordnende Bedeutung. Die Kultur- und Kreativwirtschaft, die entscheidend durch die Urheber und Kulturverwerter geprägt wird, braucht ein starkes Urheberrecht, um wettbewerbsfähig zu sein. Urheber und Kulturverwerter müssen aus der Verwertung urheberrechtlich geschützter Leistungen einen ökonomischen Ertrag ziehen können. Die öffentliche Hand (Bund, Länder und Kommunen) müssen deshalb Kultur- und Bildungseinrichtungen finanziell so ausstatten, dass für die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken stets eine angemessene Vergütung gezahlt werden kann.
 
Der Deutsche Kulturrat bündelt mit der neuen Stellungnahme zu anstehenden urheberrechtlichen Fragen in dieser Legislaturperiode die gemeinsamen Positionen seiner Mitglieder. Zu seinen Mitgliedern gehören Verbände aus verschiedenen künstlerischen Sparten (Musik, Darstellende Kunst und Tanz, Literatur, Bildende Kunst, Baukultur und Denkmalpflege, Design, Film, Rundfunk und audiovisuelle Medien sowie Soziokultur und kulturelle Bildung). Das Mitgliederspektrum umfasst dabei sowohl Verbände der Urheber und ausübenden Künstler als auch Verwerterverbände sowie Zusammenschlüsse von Bildungs- und Kulturinstitutionen.

Angesprochene Themenbereiche (ausführliche Darstellung in der Stellungnahme):

1.    Wissenschaftsurheberrecht

Der Koalitionsvertrag unterstreicht, dass sich die Regierungsparteien für ein wissenschaftsfreundliches Urheberrecht einsetzen wollten. Offen bleibt, was genau darunter zu verstehen ist. Der Deutsche Kulturrat betont, dass ein rechtspolitischer Ansatz, der einseitig auf eine Schwächung des Urheberrechts im Wissenschaftsbereich setzen würde, nicht akzeptabel ist.

2.    Vergütungssituation bei Plattformnutzungen

Zu begrüßen ist, dass die Regierungsfraktionen die Vergütungssituation für kreative und journalistische Inhalte, gerade auch in digitalen Märkten verbessern wollen. Der Deutsche Kulturrat geht dabei davon aus, dass es hier sowohl um die Vergütungssituation der Kreativen als auch ihrer Erstverwerter geht.  Der Deutsche Kulturrat weist darauf hin, dass auch große Plattformen, soweit sie Rechte nutzen, diese angemessen vergüten müssen.

3.    Evaluierung der Urheberrechtsreform 2021

Nach dem Koalitionsvertrag soll die Urheberrechtsreform 2021 einer Evaluierung unterzogen werden. Der Deutsche Kulturrat begrüßt zwar im Grundsatz diesen Ansatz, hält ihn aber aktuell für verfrüht, weil wichtige neue Regelungen – gerade auch im Urheberrechts-Dienstanbieter-Gesetz (UrhDaG) –erst noch in der Praxis umgesetzt werden müssen.  Gleichwohl sollte rechtzeitig mit einem Evaluierungsfahrplan begonnen werden.

4.    E-Lending

Der Koalitionsvertrag spricht sich für faire Bedingungen beim E-Lending aus. Dagegen ist – natürlich – nichts einzuwenden. Offen ist allerdings, was unter „fairen Bedingungen“ zu verstehen ist. Hier werden auch innerhalb der Mitgliedschaft des Deutschen Kulturrates unterschiedliche Positionen vertreten. Einigkeit besteht im Deutschen Kulturrat aber insoweit, dass die Bibliotheken finanziell so ausgestattet werden müssen, dass für den „Verleih“ von E-Books angemessene Vergütungen an die Rechtsinhaber gezahlt werden können. Das ist bisher nicht hinreichend der Fall. Hier sind insbesondere die Länder und Kommunen gefordert, die Bibliotheken adäquat finanziell zu auszustatten.

5.    Analoge Spiele im Sammlungskatalog der DNB

Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass die Regierungsfraktionen die Bedeutung analoger Spiele als Kulturgut zu unterstreichen und den Rechtsanspruch der Spieleautoren auf Bibliothekstantieme gewährleisten wollen.

6.    Geräte- und Speichermedienvergütung

Die Vergütung von gesetzlich erlaubten Vervielfältigungen durch das System der Geräte- und Speichermedienvergütung sollte gestärkt und weiter ausgebaut werden. Das BMJ plant, eine großangelegte Studie zu den Vergütungssystemen für gesetzlich erlaubte Nutzungen durchzuführen; dazu gehört insbesondere die Geräte- und Speichermedienvergütung.

7.    Rechtsrahmen für nicht verfügbare Werke

Der Deutsche Kulturrat begrüßt es, dass das BMJ kürzlich einen Referentenentwurf für eine Verordnung zur Nutzung nicht verfügbarer Werke vorgelegt hat. Hierzu nimmt der Deutsche Kulturrat gesondert Stellung.

8.    Recht der Verwertungsgesellschaften

Der Koalitionsvertrag enthält keine Stellungnahme zum Recht der Verwertungsgesellschaften, obwohl den Verwertungsgesellschaften gerade durch die Urheberrechtsreform 2021 eine Vielzahl von neuen Aufgaben zugewiesen wurde.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: "Ohne adäquate Rahmenbedingungen wird der Kultur- und Kreativwirtschaft und den Künstlerinnen und Künstlern ein Anknüpfen an die ökonomische Situation vor der Pandemie nicht gelingen. Deshalb sind die wichtigsten ordnungspolitischen Stellschrauben für den Kulturbereich das Urheberrecht, als zentrales Marktordnungsrecht der Kultur- und Kreativwirtschaft, das Wettbewerbsrecht und auch das Steuerrecht. Wir haben deshalb die nach unserer Ansicht wichtigsten urheberrechtlichen Handlungserfordernissen für die 20. Wahlperiode des Deutschen Bundestags zusammengefasst."

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