Gestern wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und der Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie (Infektionsschutzgesetz) von den Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP in den Bundestag eingebracht.
Heute Nachmittag findet die öffentliche Anhörung zu dem Gesetzesvorhaben im Hauptausschuss des Deutschen Bundestages statt. Der Deutsche Kulturrat wird bei dieser Anhörung von seinem Geschäftsführer, Olaf Zimmermann, vertreten. Die Stellungnahme zur Anhörung des Deutschen Kulturrates lesen Sie hier.
Am Freitagvormittag findet die 2. und 3. Lesung und damit voraussichtlich die Verabschiedung des Gesetzentwurfes im Deutschen Bundestag statt.
Im o.g. Gesetzesentwurf sind deutliche Verschärfungen für den Kulturbereich geplant, die über die Beschlüsse der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 02.12.2021 hinausgehen und der Bedeutung der Kultur für die Gesellschaft nicht gerecht werden.
In §28a Absatz 8 des Entwurfes wird u.a. geregelt, welche Bereiche von Schutzmaßnahmen ausgeschlossen und wo Schließungen möglich sind.
- Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass der Einzel- und Großhandel von der Schließung ausgenommen wird. Das gilt beispielsweise für Buchhandlungen, für Galerien oder auch für Musikalienhandlungen.
- Der Deutsche Kulturrat bedauert, dass von "Freizeit- oder Kultureinrichtungen" in einem Begriffspaar die Rede ist. Noch im November 2020 wurde im Rahmen des „Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ in der Begründung formuliert, dass bei der „Untersagung und Beschränkung des Betriebs von Kultureinrichtungen oder von Kulturveranstaltungen“ die grundgesetzlich verbriefte Kunstfreiheit beachtet werden muss. Es wurde formuliert, dass sowohl mit Blick auf die künstlerische Tätigkeit selbst (Werkbereich) als auch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks (Wirkbereich) die Kunstfreiheit beachtet werden muss. Es hieß: "Bei Untersagungen oder Beschränkungen im Bereich der Kultur muss daher der Bedeutung der Kunstfreiheit ausreichend Rechnung getragen werden." Dieser besonderen Bedeutung der Kunstfreiheit wird im vorliegenden Gesetzesentwurf nicht Rechnung getragen.
- Der Deutsche Kulturrat fordert daher, dass Kultureinrichtungen und Freizeiteinrichtungen im o.g. Gesetzesentwurf getrennt geführt werden und damit der grundgesetzlich garantierte Schutz der Kunstfreiheit im Gesetz deutlich wird.
- Der Deutsche Kulturrat fordert ferner, dass bei möglichen Schließungen von Kultureinrichtungen oder der Untersagung von Kulturveranstaltungen der Bedeutung der Kunstfreiheit ausreichend Rechnung getragen wird und dass dies in der Gesetzesbegründung deutlich herausgearbeitet wird.
- Schließungen von Kultureinrichtungen bzw. die Untersagung von Kulturveranstaltungen dürfen nur die ultima ratio bei einem sehr hohen Infektionsgeschehen sein. In den Maßnahmen, die die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 02.12.2021 beschlossen haben, wurden neben der bundesweiten 2G-Regel für Kultureinrichtungen Kapazitätsgrenzen für große Kulturveranstaltungen beschlossen. Diese Kapazitätsgrenzen müssen vor einer Schließung Vorrang haben.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Der Kulturbereich unterstützt die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, aber wir sind nicht bereit zu akzeptieren, dass in dem Gesetzesentwurf der Kulturbereich noch nicht einmal als eigenständiger Bereich kenntlich gemacht wird, sondern gemeinsam mit dem Freizeitbereich als eine Einheit dargestellt wird und bei pandemiebedingten Schließungen auch gleich behandelt werden soll. Theater, Museen, Bibliotheken, Konzerthäuser sind aber viel mehr als reine Freizeitorte, es sind die Orte, an denen Kunst, die nach unserer Verfassung (GG Art. 5, Abs. 3) unter besonderem Schutz steht, präsentiert wird. Wir erwarten, dass im Gesetzestext dieser Umstand spezifisch gewürdigt wird, wie richtigerweise auch die besondere Aufgabe von Orten der Religionsausübung spezifisch berücksichtigt wird. Wir bitten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages den Kulturbereich nicht im Regen stehen zu lassen und Nachbesserungen des Gesetzesentwurf in diesem Sinne vorzunehmen."